@ Omphale:
Nichts gegen dich persönlich, ich schätze dich sehr. Aber ich habe mit deinem Beitrag hier die größten Probleme:
Ich habs nicht so mit diesen Listen.
Ich habe Tabus entstehen, bestehen, und sich in Staub auflösen sehen. Sogar Tabus können - können! - einer Entwicklung unterliegen.
Vor den Listen kommt - für zumindest mich - das Gespräch. Da ist die Frage nach gesundheitlichen Einschränkungen, das sind "hard limits", an denen ist kein Rütteln.
Dann gibt es Dinge, die Sub zum Tabu erklärt - da frage ich gerne, warum. Ich will eine Erklärung dazu haben.
Immerhin ist es oft nur die Beschreibung einer Praktik, nicht aber, was Sub dabei empfindet.
Im Falle von Melody147 wäre es z.B. so, dass sie mir sagen könnte, mich erinnert das an meinen Vater, und ich habe mich so und so gefühlt und ich fürchte, das gibt dann einen total unerotischen Absturz. Das wäre etwas, das würde ich anfangs nicht antasten - Tabu bedeutet, nicht berühren.
Aber wenn mir ein Kerl sowas anvertrauen würde, und es würde richtig gut laufen und er hätte langsam gewachsenes Vertrauen in mich und ich gewachsenes Zutrauen in ihn - dann würde ich es, wenn ich den Eindruck hätte, das passt jetzt, vielleicht versuchen. Nicht gleich das volle Programm, aber ich würde ihn vielleicht küssen, so als ganz besondere Belohnung, und ihm dabei sanft mit zwei Fingern einen "Backenstreich" geben. Das geht? Vielleicht auch mit drei Fingern, mit vier? Vielleicht ein wenig fester?
Wenn ich merke, nein, da gehts nicht weiter, höre ich auf, danke aufrichtig für das Vertrauen und packe es in die "geht jetzt nicht" - Kiste. Aber vielleicht nächstes Jahr?
Oder wenn einer den Rohrstock nicht will, dann würde ich ihn damit streicheln.
Oder wenn jemand keine Spuren will (hatte ich schonmal und konnte er begründen), dann entlasse ich ihn mit flüchtigen Ropemarks. Oder beschrifte ihn abwaschbar.
Was ich meine: Ich will wissen, WARUM etwas ein Tabu ist. Dann meide ich, was Ähnliches auslöst. Oder wir gehen, gemeinsame Neugier vorausgesetzt, gemeinsam auf Entdeckungsreise, ob es vielleicht auf eine Weise geht, die dann kein Tabu mehr ist.
Auf eine reine Tabuliste verlasse ich mich nicht. Sie kann NIE vollständig sein, so viel wie es gibt. Mir ist das Wesen des Tabus wichtig, der Grund, das, was es auslöst.
Eine Grenze hingegen ist für mich so etwas wie "kenne ich nicht, mag ich nicht, kann ich mir nicht vorstellen, werde ich zwar nicht dran zerbrechen, aber will ich nicht." Grenzen sind für mich auch nicht nur reine Praktiken, sondern die Frage, warum ist dort die Grenze? Ist dort die Angst oder der Schmerz zu stark, kostet es Überwindung, für die erst eine Beziehung wachsen muss, oder findet man es total eklig und unerotisch - dann wäre es an mir, es entsprechend erotisch zu "verpacken".
Liebe TE,
wenn du nicht weisst, wohin damit, dann schreibe eine Tabu-Liste für "will ich - zumindest jetzt - wirklich nicht" und die Begründung dahinter.
Und eine "kann ich mir nicht vorstellen und will ich nicht, würde ich aber verkraften"-Liste.
Und sag dazu, dass beides im Wandel ist.
Vielleicht auch eine "mag ich, find ich geil, würde ich gerne ausprobieren" - Liste.
Und dann hangel dich am Anfang dort entlang, gib dem Aktiven Rückmeldung und schaue gelegentlich mal drauf, was sich alles ändert.
Nichts ist so stetig wie der Wandel.
Für mich verwechselst du nämlich genau Grenzen und Tabu bzw. machst keinen Unterschied dazwischen. Das ist okay, wenn es nur deine Nomenklatur betrifft. Kann aber sehr problematisch werden, wenn jemand dir etwas als absolutes Tabu mit tickender giftmüllverseuchter Zeitbombe vermitteln will, und für dich ist es etwas Relatives, an dem man ruhig mal probieren kann. Katastrophe fast vorprogrammiert, will mir scheinen.
Ich weiß schon, dass du zuerst alles Mögliche in Erfahrung bringen willst - warum ist es ein Tabu etc. Trotzdem, für mich ist deine Praxis sehr problematisch. Was du da beschreibst, das fällt für mich alles unter Grenzen - das Klapsen auf die Wange beim Kuss, wenn jemand Ohrfeigen als Tabu hat usw.
Für mich nimmst du ein Tabu da nicht ernst und das ist eine äußerste Respektlosigkeit dem sub gegenüber!
Für mich kennzeichnet es ein Tabu eben, dass daran nicht gerührt und probiert werden DARF, per definitionem nicht. Wenn es einen Wandel gibt, und den kann es natürlich geben, dann geht er von sub aus und NUR von sub.
Alles womit Dom spielen und probieren kann sind die Grenzen. Diese wurden eh schon näher beschrieben in einigen Postings z.B. hier von Avaana:
Ein anderes Beispiel: ich mag den Rohrstock partout nicht. Die Art von Schmerz ist nicht meins, meine kognitiven Verknüpfungen zum Rohrstock sind auch noch eher Richtung "Lehrer mit Rohrstock in der Hand zum Schlag bereit vor einem Schüler stehend" geprägt. ABER er ist nicht auf meiner Tabuliste. Denn ich bin mir hierbei nicht sicher, ob sich der Bezug zum Rohrstock nicht irgendwann ändern wird.
Ich bevorzuge es mit meinem Partner darüber zu reden und ihm zu erklären wie ich dazu stehe. Ich möchte meinem Partner das Vertrauen entgegen bringen, dass er diese harte Grenze respektiert und den Rohrstock nicht ohne vorher mit mir darüber zu reden und meinem Okay ins Spiel integriert.
Ich rede hier von "hart", weil ich es momentan nicht als Teil meines bdsm ansehe. Und von "Grenze" weil ich die Möglichkeit aber in Betracht ziehe, dass sich das irgendwann mal ändern könnte.
Zusätzlich habe ich weiche Grenzen. Diese sind für mich Zb Dinge für die ich mich noch nicht bereit fühle, die ich mir noch nicht zutraue, die mich aber reizen und locken. Da kann mein Partner, sofern er denn ein gutes Gespür für mich hat, freihand Grenzerweiterung betreiben. Denn manchmal brauche ich nur einen kleinen Schubs um den Sprung ins kalte Wasser zu vagen.
Zusammengefasst noch mal:
mit Grenzen kann Top spielen. Mit Tabus nicht, niemals.
Natürlich kann man es für sich persönlich anderes definieren, aber es wird dann schon schwierig sich mit anderen zu verständigen. Und wenn ich mir diesen Fred hier durchlese, sieht es die ganz große Mehrheit eigentlich wie ich.