Tabus sind so lange Tabus, bis sie nicht aufgehoben wurden. Und zwar von der Seite, die das Tabu gesetzt hat.
Das ist meine Definition dazu.
Genau genommen ist dies auch die offizielle Definition eines Tabus. Tabus gelten nie für alle Zeit, sondern nur für die momentane Lebenswelt. Sie fallen dann, wenn jene, die die Tabus gesetzt haben, sie fallen lassen.
Es kann auch mal umgekehrt laufen, dass Grenzen zu Tabus mutieren. In der Gesellschaft zeigt sich das sehr gut für sprachliche Tabus, die entstehen: Erst wurde "Nigger" zum Tabu, dann "Neger". Ob "Schwarzer" bereits zu einem mutiert ist, darüber streiten sich die Geister, viele hätten tatsächlich gerne nur die Herkunft stattdessen ("Schwarzafrikaner", etc.) mit integriert.
Noch ist es aber kein sprachliches Tabu.
Das Beispiel mit dem Rosenkohl ist ein schönes Beispiel. Es war ein Tabu, weil ihr immer schlecht davon wurde. Ist ein schönes Beispiel! Es war kein Tabu weil "mag ich nicht", sondern wegen "vertrage ich nicht". Andere sexuelle Tabus existieren nicht, weil "nö, find ich nicht so gut", sondern vielmehr weil "nein, es ekelt mich, ich stürze ab, wenn dies geschieht" oder, noch eher, "es triggert mich, ich drehe durch, wenn dieses Tabu angekratzt wird".
All dies kann im Lauf des Lebens sich aber ja auch verändern. Geschmäcker verschieben sich, alte Traumata werden und sind irgendwann vielleicht so gut aufgearbeitet, dass das, was ursprünglich triggerte, kein Trigger mehr ist und dadurch ungefährlich wird.
Tabus sollen schützen. Die Gesellschaft davor, Dinge zu tun, die zu schwerwiegende Folgen nach sich zieht. Im sexuellen Kontext sind Abstürze jene Folgen. Sind diese nicht mehr zu befürchten, dann kann ein Tabu auch mal fallen. Nur: Es kann lediglich Sub entscheiden, ob dieses Tabu fällt.
Oder eben auch, ob eines hinzukommt! Wenn Schläge mit dem Rohrstock, erstmals ausgeführt, zu Abstürzen führen, weil Vergessenes aus der Vergangenheit hierdurch hochkommt, dann ist die ehemalige Grenze "Rohrstock" in nullkommanix ein neues Tabu.
Hat sich diese Person aber diesen ehemals schlafenden Hunden gestellt, eine Therapie aufgrund dieser gemacht und sich stabilisiert, dann kann wiederum dieses Tabu wieder fallen.
Wichtig bei allem ist und bleibt aber, dass Tabus
nur Sub verschieben darf. Weil
nur Sub über genug Informationen verfügt, warum ein Tabu jetzt dann doch mal fallen könne. Und: Hebt Sub hier den Vorhang, dann ist es auch in der Verantwortung Subs. Geht es dann schief, kann Sub nicht mehr Dom dafür verantwortlich machen. Denn in dem Moment, in dem Sub das Tabu aufhebt, ist es kein Tabu mehr.
Anders als fesselnd bin ich aber ebenfalls der Ansicht, dass es bis zu diesem Zeitpunkt sehr wohl eines war. Und, falls Sub merkt, dass es immer noch nicht geht, auch danach wieder eines bleibt.