Es begab sich zu einer Zeit, da ich noch in der Ausbildung war und einen Außeneinsatz in einer Rehaklinik absolvierte. Wir Azubinen wurden direkt dort in der Klinik untergebracht sowie verköstigt, sehr fein. Da steh ich also an Tag 1 frisch motiviert vor der noch frischer geeichten Patientenwaage, rede mir ein, dass ich erstens schon auf dem Klo war und zweitens noch nichts gegessen und getrunken habe an diesem jungfräulichen Morgen. Steige ergo wohlgemuts auf die Waage...
... und falle vor Schock rückwärts wieder runter. Unmöglich, was das freche Ding anzeigt! Kann ja gar nicht stimmen!
... stimmte leider doch.
Dies war der Moment, in dem ich beschloss, dass ich etwas tun muss. Abnehmen! Aber wie?
Nun, ich befand mich in einer prädestinierten Lage. Nicht nur mein Gewicht stand im Fokus, auch das vieler Patienten. Zu diesem Zwecke unterstanden sämtliche Gerichte und Mahlzeiten der Kantine einer ausführlichen Nährwertangabe. Meine Strategie bestand aus drei Schritten:
1. Ich suchte mir stets das Gericht mit der niedrigeren Gesamtkalorienzahl aus. Das war aber nur der Initialschuss und Anstoß des Ganzen, um mich zu motivieren.
2. Ich verringerte die Portionsgrößen. Nach nur wenigen Wochen hatte sich mein Magen derart an die kleineren Mengen gewöhnt, dass er bei großen Portionen kategorisch streikte. Selbst wenn ich nun mehr essen wollte - es geht einfach nimmer.
3. Ich reduzierte die Menge aufgenommener Kohlehydrat-Kalorien zugunsten von Eiweißen und Fetten. Also her mit Käse, Wurst und Milchprodukten! Zu jeder Mahlzeit ein Glas Wasser extra, das den Magen füllt und die Nieren erfreut.
Nebenher versuchte ich, mehr Gemüse zu essen. Obst fiel komplett aus dem Rahmen: Zum einen sind es meist versteckte Zuckerbomben, zum anderen ärgere ich mich immer noch mit einer Fruktoseintoleranz herum. Also Gemüse. Und warum nicht auch mal Gemüse als Komplettmahlzeit? Überhaupt, Sättigungsbeilagen ließ ich komplett weg. Keine Kartoffeln, Klöße, Kroketten, Reis und Nudeln mehr. Wenn es sowas sein musste, dann als Hauptmahlzeit und nur und ausschließlich.
Und noch etwas gewöhnte ich mir an. Schon unsere Großeltern kannten das Sprichwort: "Iss morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König, und abends wie ein Bauer." In meinem Job ist das natürlich nicht eins zu eins umsetzbar, im Dreischichtbetrieb gibt es keine Tageszeiten. Jedoch gestaltete ich mir mein "Frühstück" von da an recht üppig. Gerne auch mit Kohlehydraten. Guten Kohlehydraten! Nicht diese pappigen Weißbrottoasts und Luftbrötchen. Ich hielt mich an Vollkorn (auch wenn das meinen längst geheilt geglaubten Reizdarm wieder reaktivierte. Aber nur für kurze Zeit.) Mittags dann eine moderat gestaltete Mahlzeit; und abends nur noch eine Kleinigkeit wie einen Naturjoghurt und ein Glas Wasser.
Ein paar Sitzungen in den Diabetikerschulungen machten mir schnell den Zusammenhang zwischen Essen, Appetit, Hunger und physiologischen Reaktionen klar. Glykämischer Index und so weiter, auf einmal alles plausibel.
Ich habe mir also, summa summarum, aus vielen Diätformen nützliche Aspekte geliehen und sie zu meiner für mich stimmigen und passenden Diät zusammengestutzt. Was nutzt mir das beste Konzept, wenn ich es für meinen Alltag nicht anwenden kann? Dieses aber war wunderbar umzusetzen, und nach einem reichlichen Jahr waren wohl an die 13kg gepurzelt, ich trug 2-3 Konfektionsgrößen kleiner, frühere Kollegen sprechen mich verhalten, aber wohlwollend auf meine Veränderung an, und am allerwichtigsten, ich fühle mich damit
sauwohl. So und nicht anders möchte ich sein. Mein Abnehmkonzept wurde zu einem Beibehaltens-Konzept. Ich ziehe das Ding seitdem durch, manchmal mehr, manchmal weniger streng. Die Waage bleibt konstant.
PS: Ich habe keinen Sport getrieben. Dies strafte all diejenigen Lügen, die mir weismachen woll(t)en, dauerhaftes Abnehmen gehe niemals über reine Ernährungsumstellung, sondern NUR und IMMER über die Kombi mit Sport. Meine körperliche Betätigung auf Arbeit reicht mir vollkommen aus, um den Status Quo an Fitness zu halten. Überhaupt, wer eine Diätanleitung mit NUR und IMMER spickt, nimmt sich von vornherein die Glaubwürdigkeit. Es gibt kein Ausschließlichkeitsrezept! Jeder findet individuell den für sich allein passenden Weg.