Auf der Suche nach der Menschheit - Ding Dong
Die Ohrfeige
„Dieser Mann ist gefährlich.“ Prinz Oh Has Stimme überschlug sich. Er wiederholte diesen Satz drei Mal, bevor er sich wieder auf seinen Thron setzte. Für die Staatsmacht war das Erheben von seinem Thron ein Zeichen, dass Oh Ha von ihnen eine schnelle Lösung des Problems erwartete, welches er in deutliche Worte fasste: “Wir brauchen einen Clown, keinen Volkshelden. Ein Kasper soll die Wahlen gewinnen, so war es bisher und so soll es auch dieses Mal sein. Ich verlange einen Plan, wie der Bedrohung auf angemessene Weise begegnet werden kann. Sie haben 24 Stunden Zeit. Stellen Sie mich zufrieden!“ Prinz Oh Ha verließ den Konferenzraum mit schnellen Schritten und schlug die Tür hinter sich zu. Ein Raunen ging durch die Versammlung, und es dauerte mehrere Minuten, bis einer der Anwesenden zu sprechen begann. Pitt Klopps, der Oberbürgermeister von Mittelfingen, hatte die Versammlung bei Prinz Oh Ha eingereicht, die Genehmigung erhalten und die Leitung übernommen. Er klopfte mit einem Schuhlöffel auf den Tisch, obwohl es still war und sprach: „Ich war zugegen, als Massen von Mittelfingern den Platz des bimmlischen Friedens für sich vereinnahmt hatten, um Freybert Obertyp von Glok zu feiern. Ich muss nicht betonen, welche Gefahren unser aller Vorbild Prinz Oh Ha gemeint hat. Der Mensch Glok ist der erste Mensch in der Geschichte Ding Dongs überhaupt, der sich zur Wahl stellt. Er ist noch dazu der erste Kandidat, der trotz seiner offensichtlichen Intelligenz die Sympathie des Volkes genießt. Es steht außer Frage, dass die Amtsübernahme des Einwanderers Glok Veränderungen unserer Heimat bewirken würde. Jeder Vertreter aller unserer staatstragenden Organisationen wäre persönlich betroffen von den Auswirkungen einer solch dramatischen Umwälzung unserer Gesellschaftsstruktur. Da ich der Staatsmacht nicht angehöre, steht es mir nicht zu, Forderungen zu stellen, doch der Patriot in mir lässt mir keine Wahl. Freybert Obertyp von Glok darf die Kapitänsmütze nicht erhalten. Das muss verhindert werden, mit allen notwendigen Mitteln.“
Oberbürgermeister Klopps setzte einen staatstragenden Gesichtsausdruck auf und machte mit den Händen eine Geste, um Beifall zu beenden, doch niemand klatschte. Die Vertreter der Staatsmacht saßen still in ihren Sesseln.
Mumu
Miniaturisierte Unverkabelte Mobile Unterhaltungseinheit
Daumenkino
Minimonitor. Der Daumennagel wird mit einem LED-Speziallack überzogen, der von der im Nagelbett implantierten Elektronik bewegte Bilder darstellt.
Die meisten drückten mit Fingern auf ihren Mumus herum oder schauten Daumenkino. Der Minister für Korrektur von Wahlergebnissen spuckte in ein Tuch, mit dem er die Flecken entfernte, die Prinz Oh Ha bei seiner Rede auf seine Uniform gespuckt hatte. Der Leiter der Arbeitsgruppe Arbeiten in der Gruppe gähnte laut, rieb sich die Schlafmatzen aus den Augen und sagte müde: „Ich könnte jetzt ein Käffchen vertragen. Geht zufällig jemand zum Automaten?“ „Ich brauch ne Zitterette“, murmelte der Minister für Gesundheitsverkündung, und der Beauftragte für Vorsorgliche Ernährung fragte: „Was gibts denn heute zu Mittag?“
Die Tür wurde geöffnet und KaNüLe schwebte in den Raum. Als sich das Kundeninterface mit dem Auswahlbildschirm für Getränke und Mahlzeiten öffnete, stürmten die Vertreter der Staatsmacht auf ihn zu. KaNüLe sagte mit einer Roboterstimme:
„Bilden Sie eine Schlange. Jeder kommt dran. Auswahl mit Finger defekt. Bitte Spracherfassung nutzen!“
Die zufriedenen Kunden trugen ihre Frühstückstabletts an ihre Plätze und verputzten ihre Mahlzeiten. Aus dem Gewirr aus Schmatzen und Schnattern hob sich eine Stimme ab. „Ein Gegenkandidat muss her. Suchen wir einen Volltrottel und lassen wir ihn zum neuen Helden werden!“ Die Menge jubelte und Oberbürgermeister Klopps notierte den Erfolg der Konferenz in das noch unbeschriebene Protokoll. KaNüLe war zufrieden. Er hatte nun eine große Auswahl an Vorlagen für 3D-Modelle.
Nach der Vorstellung auf dem Platz des bimmlischen Friedens brauchte Freybert Obertyp von Glock dringend den Rat seiner Vertrauten. Er hatte nicht ernsthaft vor, sich zum neuen Käpten Ähem wählen zu lassen. Wäre das Amt mit der Macht ausgestattet, Veränderungen zu bewirken, und wäre die Amtszeit nicht auf einen Monat beschränkt, hätte er Gefallen daran finden können. Als ehemaliger Weltenmacher verfügte er über einen großen Erfahrungsschatz in der Gestaltung von Planeten. Doch es widerstrebte ihm, für ein korruptes Regime den Hofnarr zu geben. „Verdammte Dunstmurmel“ schimpfte er über den Fehler mit der Schlackelbramme. Der Planet, den er erschaffen hatte, war ihm in seiner Werkstatt noch recht gelungen erschienen. Von nahem betrachtet und vor allem als unbedeutender Einwanderer in Menschengestalt war ihm Ding Dong so fremd, dass er sich nicht damit abfinden konnte. Er lud Unhold und Anemone Ming in sein Loft ein. Sie erschienen in Begleitung von KaNüLe, den Glok zunächst für den mobilen Partyservice hielt. „Das wäre nicht nötig gewesen. Ich habe alles da, was ein menschlicher Organismus zum Feiern braucht. Aber ich muss Euch enttäuschen. Mir ist nicht nach Feiern zumute“, sagte er, als seine Gäste eingetreten. waren. „Es gibt auch nichts zu feiern“, bestätigte Anemone. „Unhold ist nur knapp dem Zuchthaus entkommen und nur mit Hilfe von KaNüLe hat er das geschafft. Wenn Du nicht diesen Hackelberry Schorsch ins Spiel gebracht hättest, weil Du aus lauter Selbstmitleid ein Ventil gebraucht hattest, wenn wir uns nicht zu dieser blödsinnigen Bäckereigeschichte hätten überreden lassen, wäre das alles nicht passiert. Übrigens, was ist mit Hackelberry Schorsch überhaupt geschehen?“
„Der Brief, den Du an ihn gerichtet hattest, löste bei Gotya einen Alarm aus. Die Staatsmacht hatte ihn am Fahrradständer vorgefunden und durchsucht. Sie fanden zwar keine Bombe bei ihm, sperrten ihn aber vorsichtshalber ein. Dem Verhör der Harten Hand hatte er nicht lange stand gehalten. Er gab nicht nur alles zu, was man ihm vorgeworfen hatte, er schmückte das sogar noch aus. Ich bin gefilmt worden, als ich ihn in den Kofferraum der AFZ gesteckt hatte und sollte ihn identifizieren. Er ist wohl übergeschnappt, redet nur noch unverständliches Zeug“, berichtete Glok. „Das ist ja nichts Neues“, sagte Unhold. KaNüLe schaltete sich in das Gespräch ein: „Die Staatsmacht suchte schon länger nach einen passenden Menschen, den sie als überführten Feind des Volkes präsentieren könnte. Das geht aus dem Video der Konferenz hervor, das abgefangen und bei Giggle veröffentlicht wurde. Es war nur kurz zu sehen, dann hat die Staatsmacht es löschen lassen. Glücklicherweise habe ich noch eine Kopie in meiner Zwischenablage gefunden, das ich wiederherstellen konnte. Hackelberry Schorsch kam ihnen gerade recht. Er ist unsympathisch, spricht eine grauenhafte Sprache und er ist ein Mensch. Das ist ein wichtiges Detail, wenn man weiß, dass die Einwanderungsbehörde die Zahl der Neuankömmlinge begrenzen will. Hierzu gibt es Geheimdienstunterlagen, die beweisen, dass...“ „So genau wollen wir das überhaupt nicht wissen. Hackelberry Schorsch ist aus dem Spiel, aber Glok hat ein Spiel vor sich. Wie kommt er aus der Sache wieder raus?“ fragte Unhold KaNüLe, der schon eine Antwort parat hatte: „Ein Gegenkandidat. Glok muss die Wahl verlieren. Das bedeutet, wir müssen einen Gegner aufbauen, der entweder Gloks Sympathiewerte übertreffen kann, oder der so dämlich ist, dass möglichst viele Bimmler sich an seiner Blödheit ergötzen können. Ich habe schon mal begonnen, nach einem Kandidaten zu suchen.“ KaNüLe spielte auf seinem Display das Video ab, das die Staatsmacht beim Frühstück zeigt und kommentierte es mit: „Einer besser, als der Andere“
KaNüLe zeigte die Mitgliederliste der Staatsmacht, von denen er verwendbare Videobilder und Stimmenproben sammeln konnte.
Klub der sportlichen Verlierer
Ist dem Ministerium für Recht und Ordnung unterstellt. Arbeitet eng mit den Bullen zusammen. Laut Selbstverständnis hat der Klub die Aufgabe, Einwände gegen für ungerechtfertigt gehaltene Verurteilungen abzuwenden. Dazu erscheinen bei der Familie des Verurteilten während der Dauer eines Prozesses zeitweise begnadigte Mörder und Totschläger, um darzulegen, dass alles auch noch schlimmer kommen könnte.
Sie entschieden sich für Fatimo Bottkus, Erster Vorsitzender des Klubs der sportlichen Verlierer. KaNüLe gab eine stichwortartige Übersicht über dessen Biografie, erstellte zur Probe ein 3D-Modell und machte eine Stimmenimitation. Am 3D-Modell von Fatimo Bottkus war nichts auszusetzen und die Stimmenimitation machte KaNüLe keine Mühe. Der schwierigste Teil des Plans war, laut KaNüLe, Bottkus zum glaubhaften Aufsteiger im Videoportal Glubschauge zu machen. Es sei ein Kinderspiel, einem Beitrag innerhalb kurzer Zeit Zigtausende von Besuchen zu verschaffen, doch es müsse auch einen glaubhaften Inhalt geben,
„Können wir ihn nicht bei irgendwas erwischen lassen? Worüber lachen denn die Bimmler?“ fragte Anemone. Freybert Obertyp von Glok bat: „Wir sollten uns die beliebtesten Beiträge ansehen. Ich schlage vor, das machen wir heute Abend. Ich habe vorher noch etwas zu tun, was ich nicht verschieben kann. Butze Merlin möchte ein Vorgespräch mit mir.“
„Guten Abend. Ich begrüße Sie recht herzlich an der Eingangstür ihres Lofts. Mein Name ist Butze Merlin und das ist meine reizende Assistentin Rowenta.“ Freybert Obertyp von Glok stand einige Sekunden zu lange mit offenem Mund vor Butze Merlin. „Öhm, ja. Entschuldigen Sie bitte. Ich habe, war gerade, öhm, ja. Guten Abend, kommen Sie doch herein.“ Merlin betrat mit langsamen Schritten Gloks Luxuswohnung. „Möchten Sie etwas trinken?“ fragte Glok.
Merlin: „Für die Einen ist es das Lebenselixier, für die Anderen das edle Nass. Wasser, so heißt das beliebteste Getränk aller Zeiten.“
Glok: „Still oder sprudelnd? Mit Eis oder ohne?“
Merlin: „Es kann sehr kalt werden. Rowenta hat ausführlichere Informationen für Sie.“
Rowenta: „Sprudelnd, mit zerstoßenem Eis und dem Saft einer halben Scheibe Zitronette, bitte“
Glok: „Hm, das tut mir leid, die Zitronetten sind heute nicht geliefert worden.“
Merlin: „Was ist die Alternative? Haben wir überhaupt noch eine Wahl? Ich schreite hinüber zum Fenster und sehe ein Tief von Westen hereinkommen. Zurück zur Getränkewahl.“
Glok: „Wie wäre es mit einer Lemminarde?“
Merlin: „Eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung, die den kommenden Gesprächen nur gut tun kann. Rowenta bitte.“
Rowenta nahm die Dose Lemminarde mit einem Knicks entgegen und reichte sie Butze Merlin. Dann begann sie, alle Sofakissen umzudrehen.
„Nehmen Sie doch Platz! Sie sind wegen der Wahlen hier?“ erkundigte sich Glok.
Merlin: „Wahlen, Quiz, Unterhaltung. Wie man es auch nennen mag, die Zeit drängt. Was für dieses Ereignis geplant ist, sehen Sie jetzt. Ein Bericht von Butze Merlin..“
„Mittelfingen.
Der Volksheld Freybert Obertyp von Glok kandidiert für die Wahl des Käpten Ähem. Auf einer Versammlung vor dem Gotya-Tower erklärte er vor seinen begeisterten Anhängern, Mensch und Bimmler gehörten zusammen. Man würde den Überbringern von Angst und Schrecken nicht auf den Leim gehen. Für Terroristen, so Glok wörtlich, sei auf Ding Dong, außer in Kofferräumen, kein Platz. Für die Wahl, die in 10 Tagen stattfindet, rechnen Beobachter mit einem klaren Sieg. Gloks Popularität basiert auf der Überwältigung von Hackelberry Schorsch, der einen Anschlag auf den Mehlverwerter Brotfront geplant hatte. Eine Reportage über Freybert Obertyp von Glok zeigt die Glotze im Anschluss.“
Merlin hob seine Augenbrauen und lächelte überlegen. „So ungefähr. Gut, nicht?“ Glok zeigte ihm einen erhobenen Daumen. „OK, weiter geht’s. Wir überspringen die unwichtigen Teile und gehen sofort zu den Fragen über. Die Lösungen müssen Sie natürlich nicht selbst herausbekommen. Das wäre ja gegen die Regeln. Ich erinnere Sie daran, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits gewählt sein werden. Sie müssen nur noch ihren Unterhaltungswert untermauern. Es ist nicht ratsam, die Fragen ohne die üblichen Manipulationen zu beantworten. Es ist jedoch üblich, den Kandidaten im Vorgespräch eine Übersicht zu geben.“
Glok hatte diese Regel bisher ignoriert. Es war nun an der Zeit, eine Strategie zu entwickeln, wie er die Wahl verlieren könnte und doch erhobenen Hauptes aus der Sache herauskäme. Da er nicht über den Ausgang des zweiten Wahlgangs informiert werden würde, bestand die Möglichkeit, am Ende doch noch zu Käpten Ähem gekürt zu werden. Er musste sich darauf verlassen, dass die Mings und KaNüLe den Gegenkandidaten zum Publikumsliebling machen würden. Sie hatten Glok geraten, sich nicht um Fatimo Bottkus zu kümmern. Je weniger er wüsste, um so glaubwürdiger sei er. Merlin gab Rowenta ein Zeichen.
Rowenta zeigte Glok eine Rolle, die aussah, wie transparentes Klebeband und steckte diese in eine Öffnung an Gloks Riesenglotze. Die Öffnung war ihm bisher nicht aufgefallen. Auf dem Bildschirm erschien ein Auswahlmenü. Butze Merlin stellte sich an die rechte Seite des Bildschirmes und berührte den obersten Balken auf der Oberfläche der Glotze mit drei Fingern und schob so lange an den Balkengrafiken herum, bis der Fragenkatalog erschien.
„Die erste Runde kann entscheidend sein. Wenn Sie hier nicht richtig antworten, haben Sie keine Punkte, die sie setzen können.
Halten Sie Ausschau nach Schildern, die hochgehalten werden und hören sie gut hin, wenn die Assistentinnen mit ihnen sprechen. Leider könne wir Ihnen keine Datenträger mit den Lösungen überlassen.
Glok versuchte, sich die Lösungen zu merken. Für die meisten würde er keine Hilfe brauchen. Außerdem würden die Wahlfälscher schon darauf achten, dass der bereits Gewählte nicht untergeht. Als Butze Merlin seine Ausführungen beendet hatte, verließ er mit seiner reizenden Assistentin eilig Gloks Loft. Zum Abschied sagte er:
„Das wars für heute. Sie sehen uns wieder beim nächsten Mal. Auf Wiedersehen und kommen Sie gut durch die Nacht.“
Freybert Obertyp von Glok fuhr anschließend zu den Mings. Unhold, Anemone und KaNüLe spielten mit ihren lebensgroßen Puppen. Glok erkannte Prinz Oh Ha sofort, die anderen Figuren hatte er noch nie gesehen. Anemone hatte eine Lachkrampf und KaNüLe wieherte wie ein Pferd. Unhold stand zwischen einem halben Dutzend 3D-Modellen und bewegte diese Marionetten mittels Fäden. Prinz Oh Has Figur trug keine Kleider, so dass Glok zunächst glaubte, sie würden ein berühmtes Märchen eines dänischen Schriftstellers nachstellen. Als er genauer hinsah, erkannte er, dass eine der Figuren, die vor Prinz Oh Ha kniete, dessen Penis im Mund hatte. „Das wollt ich doch nicht bei Glubschauge hochladen, oder? Fällt Euch nichts besseres ein?“ Glok ließ sich auf einem Sessel inmitten der 3D-Modelle nieder und betrachtete die Szenerie. Er konnte sich nicht gegen die Komik der kindischen Spiele seiner Freunde wehren und vergab ihnen laut lachend.
Als sich alle wieder beruhigt hatten, zeigte KaNüLe Glok das Video, welches sie bei Glubschauge hochzuladen die Absicht hatten, wenn Glok einverstanden wäre.
Der Film zeigte kurze, aneinandergereihte Ausschnitte von einem Jahrmarktsbesuch Fatimo Bottkus und Prinz Oh Has. Oh Ha hatte die Rolle des Miesepeters und Bottkus spielte das große Kind. Gegen Ende des dreiminütigen Videos sticht Prinz Oh Ha mit einem seiner spitzen Fingernägel in den Luftballon eines Eis lutschenden Mädchens, der daraufhin zerplatzt. Bottkus gibt Prinz Oh Ha eine schallende Ohrfeige, Oh Ha beginnt zu weinen und das Kind freut sich. Bottkus nimmt das Kind an der Hand, die Beiden gehen aus dem Bild, und lassen Prinz Oh Ha flennend zurück. „Wie findest Du es?“ fragte Unhold und Glok sagte: „Das könnte funktionieren“.
Das Video wurde über Nacht zum am häufigsten angesehenen während des ersten Veröffentlichungstages, dafür hatte KaNüLe gesorgt. Die Kommentare hatte er angeschubst, indem er unter verschiedenen Namen begeisterte Reaktionen vortäuschte. Anemone und Unhold taten das Gleiche. Besonders gelobt wurde die vorgebliche Zivilcourage von Fatimo Bottkus. Prinz Oh Ha dagegen wurde mit Hohn und Spott überzogen. Anemone schien damit bewiesen zu sein, dass in den Bimmlern trotz ihrer zum Teil unverständlichen Wesenszüge den Menschen mehr glichen, als sie jemals gedacht hatte.
In Kommentaren wurde dazu aufgerufen, endlich mit dem autokratischen System Schluss zu machen.
Nicht wenige waren zwar amüsiert über die Entlarvung Oh Has als Tyrannen, beklagten aber die Machart des Videos, welches den Eindruck des Planeten auf andere Welten als im besten Falle skurril, auf jeden Fall aber als nicht ernst zu nehmen festigte.
Die Forderung nach demokratischen Verhältnissen fand eine große Anhängerschar.
Es gab auch Stimmen, die daran erinnerten, was Bottkus vor der Ohrfeige getan hatte. Als Chef der sportlichen Verlierer sei Bottkus für die Einschüchterung unbescholtener Bimmler verantwortlich gewesen.
Einige warnten vor überhasteten Umwälzungen. Wenn das Amt des Präsidenten tatsächlich ein ernst zu nehmender politischer Faktor werden würde, wäre dann nicht mit Fatimo Bottkus ein vollkommen Ungeeigneter in einer Position, die ihn mit Macht ausstattete, von der er als Würstchen in der Staatsmacht bisher ferngehalten wurde?
Man könne keinen Idioten zum Clown wählen und aus dem Clown einen Staatsmann machen.
Unhold plagte ein schlechtes Gewissen. Wenn es Veränderungen geben sollte, seien sie das Ergebnis eines Streiches und nicht einer Bewegung, die vom Volk ausging, war seine Meinung.
Glok, der zuerst begeistert war von den Reaktionen vieler Bimmler, stimmte Unhold zu und ergänzte, dass wieder einmal die Veränderung einer Gesellschaft nicht durch ihren eigenen Antrieb ausgelöst werde, sondern durch Manipulation. Und auch dieses Mal sei Glok dabei, etwas zu versauen, nicht mehr von oben, wie noch vor kurzer Zeit, sondern von unten.
Von Prinz Oh Ha und Fatimo Bottkus gab es auch am zweiten Tag nach der Ohrfeige, für den sich die Bezeichnung Schellentag zu etablieren schien, keine öffentliche Reaktion. In der Glotze gab es Aufrufe an Fatimo Bottkus. Er solle sich dringend melden. Ihm wurde sogar öffentlich eine Leibwache versprochen, wenn er sich zur Wahl des Käpten Ähem aufstellen ließe.
Prinz Oh Ha war in guter Stimmung.
„Gut gemacht, einerseits. Hätte ich Euch gar nicht zugetraut. Der Mensch Glok ist ja wohl weg vom Fenster.
Andererseits, Bottkus, kann ich eine solche Respektlosigkeit nicht auf mir sitzen lassen. Sie haben Glück, dass Ihnen die Herzen gerade zufliegen, sonst hätte Ihres bereits aufgehört, zu schlagen.
Ich werde sie angemessen bestrafen müssen. Aber das hat Zeit bis nach der Wahl.“
Von Freybert Obertyp von Glok sprach niemand mehr. Am dritten Tag nach dem Schellentag brachte der Briefkasten Gloks die Ausladung aus der Wahlsendung. Glok überflog den Brief nur kurz. Er war erleichtert, nichts mehr mit dem Spektakel zu tun zu haben und schwor sich, nie mehr in die Entwicklung des Planeten einzugreifen, in welcher Form auch immer. Glok zog sich in sein Loft zurück, antwortete nicht mehr auf Nachrichten und ging nicht mehr ans Telefon. Anemone und Unhold schrieb er einen kurzen Brief, in dem er die Gründe für seinen Rückzug erläuterte. Wenn er begnadigt werden würde, und seine Arbeit als Weltenmacher wieder aufnehmen dürfte, würde er das ablehnen. Freybert Obertyp von Glok empfand ein Gefühl, welches so tief in sein Gemüt eindrang, wie keine andere menschliche Regung je zuvor. Glok erkrankte an einer Depression, die ihn nicht mehr losließ.
Anemone und Unhold nahmen sich vor, die Großstadt zu verlassen und ihr Leben in ähnlicher Weise auf dem Land zu gestalten, wie sie es auf der Erde taten, als Glok alias Ersie S. den Neustart initiierte.