Die Themeneröffnung sagt auch mir nicht viel,
dafür hat mich der Diskussionsverlauf zu einigen Gedanken angeregt und daher kommt jetzt mal ein schneller Ritt durch die einzelnen Aspekte, die mich angesprochen haben:
1) Vater-Sohn-Aspekt:
Dass ich meinen Vater auf dem Gebiet des Strebens nach beruflichem Erfolg und gesellschaftlicher Anerkennung nicht würde überflügeln können, war mir eigentlich schon immer klar. Vor allem dann, wenn man auch noch Interesse fürs gleiche Fach mitbringt, ist es kaum möglich, "mehr" als Professor zu werden... da hatte ich dementsprechend auch nie den Ehrgeiz. Ich wollte einfach nur irgendwie die zwo Examen überstehen und ein ordentliches Studentenleben haben. Als Lerntier so wie er hätte ich niemals enden wollen. Damit musste er halt leben.
Und ich mit seiner schon in der Grundschule geäußerten Haltung, dass ein "befriedigend" für unsere Familie keine Note sei (in "Schrift" hatte ich damals "versagt"). Ich habe da nie ernsthaft unter der Vorstellung gelitten, in seinen Augen nicht genug zu tun. Sondern war immer der Meinung, dass er spinnt. Im Gegensatz zu ihm wäre ich niemals in einen anderen Straßenbahnwagon wie meine Freundin eingestiegen, damit mich diese vor der Schule nicht beim Wiederholen der Vokabeln ablenken kann...
Da verstehe ich ehrlich nicht, warum andere soooo viel Wert auf die Anerkennung des Vaters legen. Wenn der abgehobene Vorstellungen hegt, who cares?
Dass ich andere Fertigkeiten und Potentiale habe als er, war mir schon immer bewusst und daher fand ich es befremdlich, dass er dies offenbar erst richtig bemerkt hat, nachdem ich mit Erfolg eine Tischlerlehre absolviert hatte und mir bei der ganzen (teilweise sehr harten) Arbeit im Büro- und Ladenbau kein Zacken aus der Krone gefallen ist. Während er in seiner kaufmännischen Ausbildung vor dem Studium wohl unter den Sticheleien der "dümmeren" Ausbilder gelitten hat. Ich bin halt vom Gemüt her wesentlich robuster und kriege nicht den Amok, wenn ich ständig nur als "Träger" herbeigerufen werde...
Er hat eben eingesehen, dass er mich falsch eingeschätzt hatte und ich sehr wohl "durchbeißen" kann. Mir war das aber schon immer klar, insofern war es für mich kein großes Problem, wenn er offenbar hier und da falschen Einschätzungen aufgesessen ist.
Bei meinen Söhnen werde ich versuchen, dass sie vor allem auch dies lernen: Hintern zusammenkneifen, durchhalten, nicht unterkriegen lassen. Dann ist eigentlich egal, welchen Weg sie gehen - sie werden ihn auf jeden Fall erfolgreich beschreiten. Ob als Kunstmaler, Handwerker, Sportler, Verkäufer, Forscher oder Bauer. Sie müssen erkennen, was sie vom Leben erwarten und wo sie ihre Chancen sehen. Und das dann durchziehen.
2) Öffnen - Reflektieren
Zum einen bin ich relativ sicher, dass Männer im Großen und Ganzen erheblich weniger Nabelschau betreiben und seltener ihr Verhältnis zu ihrer Umwelt überprüfen als Frauen. Da kann es bisweilen echt kontraproduktiv sein, Äußerungen herauskitzeln zu wollen über Dinge, an die grad keiner denkt.
Aber ich möchte der Aussage, man mache sich angreifbar, wenn man sich anderen gegenüber öffnet, vehement widersprechen. In dem Moment, wo ich zu meinen Fehlern oder Unzulänglichkeiten stehe, kann mir keiner ans Bein pinkeln. Ich kann jeden Angriff, bei dem man mir mit meinen Fehlern kommt, ins Leere laufen lassen, wenn ich sage, dass ich das doch weiß und auch nie bestritten habe. Wer will mir was, wenn ich die Welt anlache und keiner nach Leichen im Keller suchen kann, weil die Leichen im Vorgarten liegen?
Derjenige, der etwas gegen mich verwenden will, mit dem ich offen umgehe (Beispiel "ich hab Depressionen und das ist gut so"
) kann mir doch überhaupt nicht am Zeug flicken.
Im Gegenteil: den allermeisten Leuten ist es unheimlich, wenn man nicht angreifbar ist, weil sie nämlich sehr wohl etwas zu verbergen haben. Und der kleine Rest der Leute fühlt sich sehr wohl, weil sie merken, wie schön es ist, völlig offen miteinander umzugehen. Die öffnen sich sehr schnell, wenn klar ist, dass ja wohl jeder seine Macken hat und dies kein Grund für Schamgefühle sein muss. Das sind dann diejenigen, mit denen es sich lohnt, Umgang zu pflegen oder Freundschaften zu bauen.