Der Begriff "pervers" ist wenig hilfreich
Der Versuch normgerechtes und normwidriges Verhalten zu charakterisieren führt meiner Meinung nach nirgendwo hin, weil die Normvorstellungen zum einen über die Zeit variieren und zum anderen das Durchsetzen von Normvorstellungen Leiden schaffen kann (z.B. die Verfolgung von LGBTs).
Selbst im medizinischen Bereich werden Begriffe wie Paraphilie herangezogen und dann wortreich erklärt, dass die so bezeichneten Vorlieben schon ok sind, solange man da nur hin und wieder dran denkt. Wobei eher im unklaren gelassen wird, wie oft hin und wieder denn sein darf.
Es gibt mit Sicherheit pathologisches Verhalten, das ich vor allem dadurch charakterisieren würde, dass es entweder beim Handelnden selbst oder in seiner Umgebung Leid verursacht. Hier ist es adäquat über Mechanismen nachzudenken, wie dieses Leid gelindert werden kann. Dummerweise ist es wahrscheinlich schon schwierig genug, festzuhalten, was als Leid durch geht und was als gewöhnliches Lebensrisiko bewertet werden muss, auch wenn's ggf. echt weh tut. Mit Sexualität hat das in erster Linie gar nichts zu tun, es ist aber leider durchaus so, dass durch Sexualverhalten ziemlich viel Leid geschaffen wird.
Was zwei oder mehrere Personen miteinander machen, wenn sie in einer ausgewogenen Partnerschaft leben, in der keiner der Partner in irgendeiner Form ausgenutzt wird, im gegenseitigen Einvernehmen miteinander machen, sollte Privatsache sein, ist in Ordnung und geht niemanden etwas an. Niemand würde in einer solchen Beziehung auf die Idee kommen, einem anderen echten Schaden zuzufügen. Dummerweise sind in diesem Sinne ausgewogene Partnerschaften nicht all zu sehr verbreitet, sodass viele Paar wahrscheinlich erstmal eine Therapie hinter sich bringen müssten, bevor sie wieder einvernehmlichen Sex haben könnten, was nun auch wieder nicht sonderlich hilfreich ist.
Nur eins ist sicher: Begriffe, wie "Perversion" oder "pervers" machen die Situation nicht besser.