MK2: Es ist auch nichts, was man sich für den Abend vornimmt oder kann - es ergibt sich - und das ist dann das tolle daran.
Das muss so nicht sein. Zu slow sex gehört für mich auch eine absichtslose Vereinigung beider Partner, wobei absichtslos hier gleichzusetzen wäre mit "ohne das Ziel des "Kommens"". Das kann man auch verabreden, und dabei eine unglaubliche Nähe und Intimität empfinden. Ich finde es wichtig, genau diese liebevolle körperliche Nähe und Intimität in einer Partnerschaft bewusst zu pflegen. Die Beziehung hat dann auch ein Fundament, das sich auch in Zeiten bewährt, wo einer oder beide viel um die Ohren haben oder anderweitig schwierige Zeiten erleben, und wo viele Menschen als Folge davon entweder den Sex als Druckabbauventil benutzen und "drauflospoppen als gäbe es kein morgen", oder das Gegenteil davon, d.h. sich auch sexuell eher zurückziehen ("Schatz ich hab Kopfweh", bzw. "ich muss morgen früh raus", oder "mir ist jetzt wirklich nicht danach" etc.). Wenn gerade dann jedoch auch die körperliche Nähe zueinander gewahrt bleibt und dennoch gelebt wird, und nicht als "Leistungsdruck", der, sei es direkt oder indirekt, als solcher empfunden wird, dem man sich gerade nicht gewachsen fühlt, ist viel gewonnen. Und das wird nur dann der Fall sein, wenn man Sex eben nicht als eine Art Leistungssport betreibt, der nur dann als "gut" empfunden wird, wenn von einem Orgasmus-Gipfel zum nächsten gehetzt wird und wenn das nicht mehr auf natürlichem Weg klappt, werden eben zusätzlich Hilfsmittel, sogenannte "Spielzeuge" eingesetzt, die in meinen Augen immer abstrusere Formen annehmen.
Slow sex bewahrt die Würde und Autonomie beider Partner unter Gewährung höchstmöglicher Innigkeit. Aber das muss man erst mal intellektuell "verdauen", weil die meisten von uns mit einer anderen Art der sexuellen Praxis erwachsen geworden sind, und es dann bewusst "üben" und "aushalten" und mit dem Partner gemeinsam erleben, denn es ist wirklich erst einmal vollkommen ungewohnt und "anders". Aber die Mühe lohnt sich auf jeden Fall. Und oft ist es tatsächlich so, dass sich nach einer Phase, wo man nur ruhig "ineinandergestöpselt" beieinander lag, sich da was rührt, die Körper sich aneinander freuen, ein schlaff eingeführter Penis plötzlich steif oder steifer wird, kleinste Bewegungen erfolgen, die dann ihrerseits wieder neue Empfindungen auslösen. Wenn diesen nachgegangen werden kann ohne den Druck, zum Höhepunkt kommen zu "müssen", sondern mit dem Ziel, einander zu spüren, und körperlich ins "Gespräch" zu kommen, kann daraus dann durchaus ein Liebesspiel erfolgen, das zum Orgasmus führt, der genussvoll ist - es muss aber nicht, und dennoch haben beide ein erfülltes Gefühl und fühlen sich genährt.