Es geht hier ja so schnell weiter, dass man es sich gar nicht "leisten" kann, mal für ein paar Stunden weg zu sein...
Ich gehe auf Dich, lieber Antaghar, zuerst ein, weil ich es schade fände, wenn etwas missverstanden im Raum stehen bliebe. Wie heißt die Überschrift dieses Threads? Irgendwas mit Männer und nicht zu hören. Ich erweitere mal um "lesen" (
)...
Und nun schlage ich den Bogen zu Euren von mir zitierten Sätzen:
Mir wurde klar, dass ich auch WÄHREND des Gesprächs meine Gedanken sortiere, aussortieren (
was Du vvlt. als Müllschlucker empfindest). Das Gespräch ist wie eine Wand an/mit der ich meine Gedanken sortieren, sondieren, formen kann.
Brauche ich nicht immer, aber gelegentlich ist es für mich notwendig. So notwendig wie für ihn, in seine Höhle zu verschwinden. Mag sein, dass das so wirkt, als wenn Frau schwafelt, nicht zum wesentlichen kommt, verworrene Gedanken laut werden läßt. Bei mir ist es nichts anderes als ein "lautes" Sortieren.
Mittlerweilen weiß mein Mann, wie er damit umgehen muss. Er sieht es dann als ein Prozeß an, in dem er mir den Raum gibt, den ich
in dem Moment brauche.
... war, was ich schrieb.
In der Kommunikationswissenschaft gilt genau das als der größte, schlimmste, ja verheerendste Fehler beim Zuhören.
Da stimme ich Dir zu, vor allem, wenn es die permanent verwendete "Gesprächsform" darstellt. Nur, ich sortiere mich während des Gespräches. Dies heißt nicht, dass ich vorher völlig wirre oder verworrene Gedanken habe
WÄHREND des GESPRÄCHES kann es vorkommen, dass ich unerwarteterweise immer wieder neue Aspekte sehe, entdecke, Erkenntnisse habe, neue Fragen, etc., die ich vorher nicht hatte. Diese verbalisiere ich dann auch, stelle sie dann zur Diskussion und gehe damit nicht erst einmal in Klausur, wie es mein Mann tut. Zu denken, ich würde dann nicht zuhören (können), wäre der falsche Schluß. Wieso sollte das eine das andere ausschließen? Von ANtworten zurecht legen während der andere noch redet, kann keine Rede sein. Das sind dann wohl eher diejenigen, die dem anderen ins Wort fallen, weil Ihnen irgendwas eingefallen ist, was sie sofort loswerden müssen. Wir führen unsere Gespräche ja
nicht wie ein Brainstorming..
Ich wollte etwas ganz anderes aufzeigen. Mein Mann würde so einen neuen Gedanken in seine Höhle mitnehmen und mir dann das Ergebnis seiner Überlegungen mitteilen, sich mit mir darüber unterhalten, also
vorher(!) die Sache durchdenken. Gelegentlich möchte ich auf so einem neuen Gedanken aber gar nicht allein herumkauen, sondern zusammen mit meinem Mann (gerade weil es ja in solchen Gesprächen um beide geht) drangehen.
Es ist nicht so, dass ich alle Weisheiten, Erklärungen und Schlüsse bereits parat habe, wenn wir uns zu einem Gespräch zusammen setzen (sonst könnte ich auch den schriftlichen Weg wählen, um die Fakten, Ergebnisse mitzuteilen).
Viele ZUSÄTZLICHE Aspekte ergeben sich während des Gespräches.
Nehmen wir doch mal das Beispiel, um das es uns hier ursprünglich ging: Auch ich hatte "beschissenen Sex" und habe nicht wirklich darüber geredet. Da ich immer noch der Meinung bin, dass es nicht nur um das Verstehen eines "technischen Merkblattes" geht, waren die Gründe sehr viel komplexer und vielschichtiger, als dass es nur darum gegangen wäre, die Hand mal zwei Zentimenter nach links zu verrücken. Aber was alles Einfluß auf meine Lustlosigkeit und Unzufriedenheit hatte, war mir selbst nicht bewußt (hätte ja sonst einfach ne Liste schreiben können). Und kennst Du das nicht ausgerechnet aus Therapiearbeit? Dass Menschen bestimmten Dingen erst dann auf die Spur kommen, wenn sie darüber reden und es zusammen mit einem anderen beleuchten? Und wenn ich dann ganz neue Ansätze hatte, überraschte ich ihn damit, und mitunter war er erst mal "voll" und/oder hatte nicht mehr genügend Kapazität frei, dass auch noch zu berücksichtigen. (Bitte nicht falsch verstehen, mein Mann ist beileibe kein Dösbaddel, ganz im Gegenteil... er ist halt nur.... ein Mann?? *fettgrins*)
Frauen SIND multitasking fähig... Vielleicht liegt es auch nur daran, dass ich als Frau wesentlich mehr Dinge gleichzeitig in meinem Kopf bearbeiten kann als so mancher Mann? Was wiederum Männer durcheinander bringt und sie daraus machen: Nicht sie selbst sind durcheinander, sondern die Frauen.
Könnte auch das ein Stück weit zu den Schwierigkeiten beitragen?
Auf das bezogen, was ich hier von mir schrieb: Ja. Man muss dann wohl damit umgehen lernen:
Mittlerweilen weiß mein Mann, wie er damit umgehen muss. Er sieht es dann als ein Prozeß an, in dem er mir den Raum gibt, den ich in dem Moment brauche.
... So wie ich auch gelernt habe, dass er sich nicht einem Gespräch ENTZIEHEN will, sondern, dass er in der Gedankenhöhe sitzt.
Manchmal kommt es mir vor, als wenn Männer Gespräche gerne so hätten und führen: These (=Frau), Anti-These (=Mann), Synthese (=Resultat, Lösung des Problems). Ich würde aber gerne ZUSAMMEN die Thesen und die Anti-Thesen herausarbeiten, und zwar mit sehr differenzierter Betrachtungsweise, um dann gemeinsam zur Synthese zu gelangen. DAS ist aber schon mal gar nicht möglich, wenn einer sich aufschwingt und meint, entscheiden zu können, was wesentlich, was verworren o.ä. ist. Diese Haltung erscheint mir limitiert.
Florestine
Interessant war die "Bearbeitung" hier des Satzes "Ich habe keine Zeit". Wie facettenreich die Betrachtung dieses Ausspruches sein kann. Und ich denke, dassrauen dies mit vielen Gedanken und Problemen genaus so machen: Sie versuchen, die Dinge von möglichst vielen Seiten zu betrachten, alle möglichen Einflüße zu berücksichtigen. Ein umfassendes Bild zu vermitteln, bzw. sich eins zu machen.