Widerspruch
Ich sehe das ganz anders. Diese so genannten Polaritäten spielen meines Erachtens nicht die Rolle, die ihnen immer so gerne zugewiesen werden.
Natürlich suche ich als männerliebende Frau einen Mann und zunächst gibt es bestimmte äußere! Schlüsselsignale, wie umgekehrt auch. Deshalb haben es weiblich wirkende Männer schwer. Aber wie viel "V-Körper" sein muss, das kann ich nur für mich sagen und hängt auch vom einzelnen Mann ab.
Dann gibt es eine andere Ebene, die Verhaltensebene. Hier ist die Frage, was tut ein Mensch und wie tut er es.
Fangen wir beim wie an. Was wir anscheinend an Männern nicht verknusen können, ist mangelnde Zielstrebigkeit und Entscheidungskraft. Und das ist für Dich männlich. Frauen wollen das im Bett dann abgeben, damit sie wenigstens dort mal Frauchen sein können.
Ich kann das gar nicht nachvollziehen, weil Du das nämlich damit komplett naturalisierst. Wenn es so wäre, hieße es die weibliche Bestimmung ist es Frauchen zu sein, aber die Emanzipation = politische Korrektness erfordert, dass wir dem tagsüber entgegentreten. Nur beim Sex dürfen wir noch loslassen? Das hieße wir kämpfen im Bett für unsere wohlverdiente Entspannung (ist das nicht unweiblich?). Und den Männern sagen wir: seid "männlich", wir brauchen das für die Erholung. Und für die Männer muss das dann eben auch erholsam sein. Und wenn nicht?
Für mich haben Menschen Charaktereigenschaften, das ist ein komplexes Gemengelage zwischen dem was wir in der Sozialisation erwerben und einem Teil, der mit unseren geschlechtsspezifischen aber dennoch immer auch individuellen biologischen Grundlagen im Zusammenhang steht. Man mache sich dabei immer klar: das Gehirn ist ein Organ, das sich nach seiner Benutzung formt.
Zielstrebigkeit etc. wirken männlich. Aber wie kommen Menschen denn ohne sie durch´s Leben? Eher nicht so gut wie wir wissen. Ich finde es eine tolle Eigenschaft, bei Männern und Frauen. Und wenn eine Frau zielstrebig ist, möchte ich deshalb noch lange nicht mit ihr ins Bett. Aber: auch bei Frauen finde ich solche, die sich extrem schwach geben, unsexy. Mich ziehen generell Menschen an, die ein gewisses Selbstbewusstsein ausstrahlen. Ist das bei Männern so anders? Suchen die sich am liebsten die Frauen, die keines besitzen? Gehen die immer zielstrebig auf die Mauerblümchen zu? Freuen die sich, wenn sie beim Sex immer die Initiative übernehmen dürfen/müssen?
Ich glaube nicht an diese Polaritäten. Ich glaube an gewisse körperliche Schlüsselreize und vielleicht an gewisse unbewusste Flirtsignale (z.B. mit der Hand durch´s Haar fahren).
Ansonsten glaube ich, dass es Charaktereigenschaften gibt, die zu einander polar sind, und die im ausgewogenen Verhältnis stehen sollten, damit Mensch mit sich und den Anderen klar kommt. Zielstrebigkeit ("männlich") ist nämlich nur gut, wenn sie nicht rücksichtslos ist. Dazu braucht es zum Beispiel Empathie ("weiblich"). Wollen wir einen rücksichtslosen Mann im Bett. Ganz sicher nicht!
Wollen Männer eine Frau im Bett, der alles egal ist (kein Ziel)? Ganz sicher nicht!
Und wie sieht es jetzt aus? Frauen, sind erschöpft vom Alltag, besonders auch von einem Alltag, der sie zwischen vielen verschiedenen Ansprüchen aufreibt, die es mit der klassischen Rollenverteilung nicht gab.
Sie wollen Sex offensichtlich auch, um sich zu erholen.
Der Rest gehört ins Paar. Hier muss nun ausgehandelt werden, wie das funktionieren kann, dass beide ihre Erholung finden. Und man tut gut daran, wirklich hinzuschauen, jenseits aller Geschlechterstereotype.
Bei meinen Treffen mit Männern, hatte ich oft den Eindruck, dass sie das noch nicht so gut können. Wenn ich hier in den Foren lese, beschleicht mich allerdings der Verdacht, dass es bei den Frauen nicht anders ist.
Hier sind es oft die Männer, die sich längst geöffnet haben in der Sexualität. Sie brauchen aber Partnerinnen, die da mit gehen. Die genügend Empathie haben sich darauf einzulassen und das als lustvoll zu erfahren.
Sex sollte kein Kampf der Geschlechter sein, weder um Befriedigung, noch um Erholung. Es sollte ein lustvolles Spiel sein, das sich möglichst breit aufstellt und die Bedürfnisse der Beteiligten berücksichtigt. Befriedigung und Erholung stellen sich dann doch von alleine ein.