MS: Äthiologie, Formen, Therapien, Wissenschaft
Info über MS: Äthiologie, Verlauf, Behandlung====================================
Die Multiple Sklerose, fachlich Encephomyelitis disseminata, (kurz Enc. diss) genannt, ist eine Autoimmunerkrankung.und die am weitest verbreitete Krankheit der Nervenzellen des Gehirns und Rückenmarks.
Zirka jeder Tausendste ist im deutschsprachigen Raum von MS betroffen.
Sie tritt gehäuft in Industiegegenden nördlich des Äquators auf, wobei die Verbreitung nach Norden steigt. Es gibt eine Form, die ausschließlich den Sehnerv betrifft und zu Blindheit führt.
In Asien gibt es MS, die dort zum raschen Tod führt.
Altersmäßig liegt die Erstmanifestation zwischen 20-30 Jahren, jedoch ist auch schon bei 9-jährigen und über 50-jährigen eine klinisch gesicherte MS aufgetreten.
Geschlechtsbezogen sind mehr Frauen als Männer (60:40) betroffen, wobei der Verlauf bei Männern oft schwerer ist.
Die genetische Form der MS tritt vermehrt im Blutsverwandtenkreis auf. Diese ist ausschließlich mütterlicherseits zu 6 % vererbbar, wobei das Kind altersmäßig früher als die Mutter daran erkrankt.
Als Ursache wird ein Slow Virus angenommen, das sich in frühester Kindheit in das Immunsystem einschleicht, als „gutartig“ vom Immunsystem erkannt wird und daher nicht zur Bildung von Antikörpern (Antigene) führt.
In Frage kommt unter anderem das Scharlach- und Rötelvirus, Herpes-Virenstämme (Herpes-6 bzw. Herpes zoster = Gürtelrose) sowie das Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber).
Das Epstein-Barr-Virus hat im Mäuseversuch zu 100 % MS ausgelöst.
Dieses Virus wohnt nun Jahre- und Jahrzehnte „stumm“ im Immunsystem, bis es plötzlich aktiv wird und dem Immunsystem erklärt, die körpereigenen Verbindungen zwischen den einzelnen Nervenzellen (Myelinscheiden) wären ein Fremdorgan – und das Immunsystem beginnt diese mittels einer Entzündung des Nerves abzustoßen, zu demyelinisieren.
Überall dort, wo im Hirn und Rückenmark zwischen Leitungen eine Kontaktunterbrechung ist, tritt im zuständigen Erfolgserbringer ein „Kurzschuss“ ein, also ein mehr oder weniger spürbarer motorischenr oder sensibler Ausfall. Dies ist auch an mehreren Stellen gleichzeitig möglich. (z.B. Sehen + Gleichgewicht + Motorik + Sensibilität).
Andererseits wiederum sind die Abwehrmechanismen (Antigene) auf den Plan gerufen und versuchen diese Nervenunterbrechungen mittels Gliagewebe zu überbrücken (Remission). Gliagewebe ist nicht mehr so leitungsfähig wie das ursprüngliche Myelin, weshalb die Leistungsfähigkeit des Hirn- oder Rückenmarknerves nach einem Schub selten noch an die ursprünglichen 100 % herankommt. Dem entsprechend gibt es Einschränkungen. So geht der Kampf dahin und wir sprechen vom primär schubförmigen Verlauf.
Werden von den Antikörpern keine Gegenmaßnahmen zur Demyelinisierung und Zerstörung des Nerves mehr unternommen, ist das Stadium zwei der MS erreicht, der sekundär fortschreitende (progressive) Verlauf.
Daneben gibt es auch eine geringe Zahl von Betroffenen, wo die MS von Beginn weg ohne Besserungen (Remissionen) fortschreitet. Primär fortschreitend (primär progressiv) Verlauf.
So um das Alter von 35- 40 wechselt der schubförmige Verlauf gerne in einen Fortschreitenden ohne Remissionen. (sekundär progressiver Verlauf)
Deshalb ist die Medizin bemüht, die schubförmige Verlaufsform mit Remissionen möglichst lange zu erhalten.
Heute werden zur Verlängerung des schubförmigen Verlaufes meist Interferone als Langzeittherapie verwendet.
Diese sollen sich in das Immunsystem setzen und das Immunsystem zurückkorrigieren in den ordnungsgemäßen Ursprungszustand (Immun-Modulation).
Die Interferone bewirken nach Doppelblindstudien mindestens, dass sich die Anzahl der jährlichen Schübe halbiert oder deren Intensität.
Die üblichen Interferone sind: Interferon-1a (Avonex), Interferon-1b (Betraseron) und Interferon-1b (Rebif).
In der Akuttherapie werden Cortisone (z.B. Urbason) verwendet.
Die Hypophyse veranlasst die Nebennierenrinde das körpereigene Hormon Cortisol zur Bekämpfung von Entzündungen zu produzieren.
Cortison ist ein synthetisches Cortisol (Nebennierenrindenhormon) und soll das körpereigene Cortsol beim Stoppen der Entmyelinisieung der Markscheiden unterstützen.
Der einzige Nachteil ist, dass es durch die hoch dosierte Cortisongabe zu massiven Wassereinlagerungen (Morbus Cushing, „Mondgesicht“) im Körper kommt. Nebenwirkung ist oft ein Hungergefühl mit Gewichtszunahme und eine depressive Verstimmung.
Wird die Cortisontherapie nach einigen Tagen beendet und der Cortisonspiegel des Körpers fällt dadurch auf den Ursprungspegel ab, kann es dadurch zum Wiederaufflammen der MS-Ausfälle, meist in leichterer Form, kommen.
ACTH (Synacten) findet als synthetisches Cortison Verwendung.
Durch eine ständige oder zu lange dauernde Cortisongabe würde die Hypophyse ihre Hormon-Steueungsaufgabe nicht weiter fortsetzen und dadurch würde die Blutdruck- und Zuckerregulierung ausfallen (Morbus Addinson).
Für den fortschreitenden Verlauf stehen noch keine verlässlichen Medikamente ohne massive Nebenwirkungen zur Verfügung. Diese entspringen meist der hoch dosierten akuten Chemotherapie bei Krebsleiden.
Temperaturmäßig wird Kälte im Allgemeinen besser vertragen als Hitze. Manche Therapiezentren bieten die Herabsetzung der Basaltemperatur um vier Grad an, womit zeitweise selbst Rollstuhlfahrer durch die Erhöhung der Spastik (Körperspannung) wieder kurzfristig gehen können.
Früher wurden Immunsupressiva (Imurek) zwecks Unterdrückung einer Immunantwort eingesetzt. Sie stammen aus der Organtransplantationsmedizin.
MS als Diagnose wird bei Zusammentreffen von mindestens zwei körperlichen Ausfallarten (Augen, Sensibilität, Motorik) und einer Magnetic Resonanz Untersuchung (MR) mit Nachweis von aktiven (hypertensiven) Plaque-Herden gestellt.
Erwähnenswert ist, dass in Ö alleine bei Verdacht auf MS und einem MS-kranken Verwandten die Universitätskliniken für Neurologie die Kosten für die Untersuchung zum vorzeitigen Verdacht auf MS übernehmen.
Die Immunologische Universitätskliniken können mittels Blutbefund bestimmen, woher die MS kommt und welche Therapie aufgrund des Aufbaues des Immunsystems am effizientesten ist.
Die Diagnose MS bietet heute mit guter körperlicher Ansprechbarkeit auf Interferone durchaus die Möglichkeit, in vielen Jahren noch ohne körperliche Beeinträchtigung zu sein.