Liebe Sandrah,
zunächst einmal möchte ich Dir sagen, dass ich es sehr mutig von Dir finde, Dich dem Problem und dem Forum hier zu stellen. Ich kenne Parkinson nur aus dem erweiterten Bekanntenkreis, aber ich kenne das Zusammenleben mit "chronischer Störung".
Dein Posting zeigt, dass Du /Ihr Euch eindringlich und nachhaltig mit der Krankheit auseinandergesetzt habt und ich gehe davon aus, dass der Marsch durch die Ärtzeschaft und die Selbsthilfegruppen längst erfolgt ist.
Typisch ist, dass die Patienten selbst kein Problembewußtsein haben, aber die Angehörigen oft sehr darunter leiden.
Kommt mir sehr bekannt vor. Und genau dieses Mit-Leiden ist oft ein Problem. Man sitzt da und möchte "Stop" schreien, aber in der gleichen Sekunde rattert das Hirn los "Er ist ja nicht schuld, es ist die Krankheit". Als Angehöriger erträgt man da manchmal mehr als gut für einen wäre.
Du schreibst, Dein Man betrachte den Joyclub als"Selbstbedienungsladen" und ganz offensichtlich hat er Deine Schmerzgrenze damit deutlich überschritten. Krankheit hin oder her - wenn der Zwang stärker ist als Vernunft und Liebe, dann hat das Suchtcharakter. Und einer Suchterkrankung sollte man nicht mit Verständnis, sondern mit Rigorosität begegnen.
Nur: wie soll unsere Partnerschaft, wie soll ich das verkraften und überleben? ich krepiere daran.. jede verdammte nacht ist er hier eingeloggt und baggert die Weiber an. Und keiner kann helfen. Er selbst will nichts ändern.
Fehlende Einsicht - da ist im Moment nicht viel auszurichten. Und Dein "Überleben" sollte nicht weniger wichtig sein als sein Drang. Ich sehe für Dich eigentlich nur eine Möglichkeit: So laut wie möglich "stop" rufen und konsequent zurückziehen. Nicht im Sinne von beleidigte Leberwurst, sondern in dem Wissen, dass es die einzige Chance ist. Sag ganz klar: "ich ziehe mich zurück, weil ich dieses und jene nicht verkrafte. Ich sehe, in dem und dem Schritt (z.B. Thematisierung beim Arzt) eine Möglichkeit. Wenn ich sehe, dass Du diesen Schritt gehst, werte ich das als Zeichen, dass Du das Problem erkennst und bereit bist, an einer Lösung zu arbeiten. Dann bin ich bereit, Dich weiter zu begleiten."
Benenne eine neutrale Person, die sich als Mediator betätigen könnte. Und bleib konsequent.
Es gibt genau zwei Möglichkeiten, was dann passieren kann: er kriegt die Kurve oder er ist froh, die "Kontrollinstanz" los geworden zu sein. Sollte letzteres der Fall sein, dann hast Du die Liebe Deines Lebens tatsächlich verloren.
Mir stockt gerade selbst der Atem bei dem Gedanken daran, was Du durchmachst. Ich habe Deine Posting mehrfach gelesen und finde keinen noch so kleinen Anhaltspunkt für eine positivere Bewertung, denn der normale kommunikative Weg inklusive der Einschaltung Dritter ist ja bereits gescheitert. Stell Dich jetzt selbst in den Mittelpunkt. Du hast nicht nur ein Recht zu überleben, Du hast ein Recht zu leben.
Fühl Dich bitte ganz lieb umarmt.
Sylvie