"The shit hit the fan" als das Wort "Macht" fiel. (Wo ist der Icon für *gruselmichganzdoll*).
Mal ohne Kommentar:
..... ist die reife
Liebe eine Vereinigung, bei der die eigene Integrität und
Individualität bewahrt bleibt. Liebe ist eine aktive Kraft im
Menschen. Sie ist eine Kraft, welche die Wände niederreißt, die
den Menschen von seinem Mitmenschen trennen, eine Kraft, die
ihn mit anderen vereinigt. Die Liebe läßt ihn das Gefühl der
Isolation und Abgetrenntheit überwinden und erlaubt ihm,
trotzdem er selbst zu sein und seine Integrität zu behalten. In der
Liebe kommt es zu dem Paradoxon, daß zwei Wesen eins
werden und trotzdem zwei bleiben.
... Liebe ist eine Aktivität und kein passiver Affekt. Sie ist
etwas, das man in sich selbst entwickelt, nicht etwas, dem man
verfällt. Ganz allgemein kann man den aktiven Charakter der
Liebe so beschreiben, daß man sagt, sie ist in erster Linie ein
Geben und nicht ein Empfangen.
Was heißt geben? So einfach die Antwort auf diese Frage
scheinen mag, ist sie doch tatsächlich doppelsinnig und ziemlich
kompliziert. Das verbreitetste Mißverständnis besteht in der
Annahme, geben heiße etwas »aufgeben«, dessen man damit
beraubt wird und das man zum Opfer bringt. Jemand, dessen
Charakter sich noch nicht über das Stadium der rezeptiven,
ausbeuterischen oder hortenden Orientierung hinausentwickelt
hat, erfährt den Akt des Gebens auf diese Weise. Der
Marketing-Charakter ist zwar bereit, etwas herzugeben, jedoch
nur im Austausch für etwas anderes, das er empfängt; zu geben,
ohne etwas zu empfangen, ist für ihn gleichbedeutend mit
Betrogenwerden. (Zu den genannten Charakter-Orientierungen
vgl. E. Fromm, 1974a.) Menschen, die im wesentlichen
nichtschöpferisch orientiert sind, empfinden das Geben als eine
Verarmung. Die meisten Menschen dieses Typs weigern sich
daher, etwas herzugeben. Manche machen aus dem Geben eine
Tugend im Sinne eines Opfers. ...
Für den produktiven Charakter hat das Geben eine ganz
andere Bedeutung. Für ihn ist Geben höchster Ausdruck seines
Vermögens. Gerade im Akt des Schenkens erlebe ich meine
Stärke, meinen Reichtum, meine Macht. Dieses Erlebnis meiner
gesteigerten Vitalität und Potenz erfüllt mich mit Freude. Ich
erlebe mich selbst als überströmend, hergebend, lebendig und
voll Freude. (Vgl. die Begriffsbestimmung von Freude als
»Übergang des Menschen von geringerer zu größerer Vollkommenheit
« in Spinozas Ethik, Teil III, Begriffsbestimmungen
der Affekte.) Geben bereitet mehr Freude als Empfangen nicht
deshalb, weil es ein Opfer ist, sondern weil im Akt des
Schenkens die eigene Lebendigkeit zum Ausdruck kommt.
Es dürfte nicht schwerfallen, die Richtigkeit dieses Prinzips
zu erkennen, wenn man verschiedene spezifische Phänomene
daraufhin untersucht. Das elementarste Beispiel finden wir im
Bereich der Sexualität. Der Höhepunkt der männlichen
Sexualfunktion liegt im Akt des Gebens; der Mann gibt sich
selbst, gibt sein Geschlechtsorgan der Frau. Im Augenblick des
Orgasmus gibt er ihr seinen Samen. Er kann nicht anders, wenn
er potent ist; wenn er nicht geben kann, ist er impotent. Bei der
Frau handelt es sich um den gleichen Prozeß, wenn er auch
etwas komplexer abläuft.
Auch sie gibt sich; sie öffnet die Tore zum Innersten ihrer
Weiblichkeit; im Akt des Empfangens gibt sie. Wenn sie zu
diesem Akt des Gebens nicht fähig ist, wenn sie nur empfangen
kann, ist sie frigid. Bei ihr gibt es einen weiteren Akt des
Gebens, nicht als Geliebte, sondern als Mutter. Sie gibt sich
dann dem Kind, das in ihr wächst, sie gibt dem Säugling ihre
Milch, sie gibt ihm ihre körperliche Wärme. Nicht zu geben
wäre schmerzlich für sie.
Der wichtigste Bereich des Gebens liegt jedoch nicht im
Materiellen, sondern im zwischenmenschlichen Bereich. Was
gibt ein Mensch dem anderen? Er gibt etwas von sich selbst,
vom Kostbarsten, was er besitzt, er gibt etwas von seinem
Leben. Das bedeutet nicht unbedingt, daß er sein Leben für den
anderen opfert - sondern daß er ihm etwas von dem gibt, was in
ihm lebendig ist; er gibt ihm etwas von seiner Freude, von
seinem Interesse, von seinem Verständnis, von seinem Wissen,
von seinem Humor, von seiner Traurigkeit - von allem, was in
ihm lebendig ist. Indem er dem anderen auf diese Weise etwas
von seinem Leben abgibt, bereichert er ihn, steigert er beim
anderen das Gefühl des Lebendigseins und verstärkt damit
dieses Gefühl des Lebendigseins auch in sich selbst. Er gibt
nicht, um selbst etwas zu empfangen; das Geben ist an und für
sich eine erlesene Freude. Indem er gibt, kann er nicht umhin,
im anderen etwas zum Leben zu erwecken, und dieses zum
Leben Erweckte strahlt zurück auf ihn; wenn jemand wahrhaft
gibt, wird er ganz von selbst etwas zurückempfangen. Zum
Geben gehört, daß es auch den anderen zum Geber macht, und
beide haben ihre Freude an dem, was sie zum Leben erweckt
haben. Im Akt des Gebens wird etwas geboren, und die beiden
beteiligten Menschen sind dankbar für das Leben, das für sie
beide geboren wurde. Für die Liebe insbesondere bedeutet dies:
Die Liebe ist eine Macht, die Liebe erzeugt.
Auszüge aus "Die Kunst des Liebens" Erich Fromm
(
http://d.scribd.com/docs/i74swtvtmlmryw0je20.pdf)