Dominanz definieren
Liebe Comunity
Ich verfolge nun seit längerem die sehr interessante Diskussion. Gerne möchte ich mich nun ebenfalls einbringen...
Zuerst einmal denke ich, um zum Ursprung der Frage vom TE Seven zurück zu kehren, den Begriff „Dominanz“ etwas zu definieren hilft.
Gerne unterscheide ich hier zwischen dem Alltag und dem BDSM. Um aber selbst nicht arrogant (ich erläutere dies später) zu wirken, bemühe ich die Fachliteratur dazu:
Unter (Alltags-) Dominanz versteht man in der Biologie und in der Anthropologie, dass ein Individuum oder eine Gruppe von Individuen gegenüber einem anderen Individuum bzw. einer Gruppe einen höheren sozialen Status hat, worauf letzteres unterwürfig reagiert.
Dies ist oft durch die Rangordnung oder den Stellenwert in der z.B. Geschäfts- oder Erziehungswelt gegeben. So erreicht man erstens den nötigen Respekt und zweitens brauchen viele Menschen dort Führung.
In der Psychologie spricht man von Dominanzverhalten, wenn ein Individuum das Verhalten von einem oder mehreren anderen Individuen beherrschen bzw. kontrollieren möchte.
Dies sind meist einseitig erwünschte Gegebenheiten und sind nicht zielführend.
Und im Bereich des BDSM schliesslich bedeutet Dominanz, dass jemand durch die Anwendung bestimmter physischer oder psychischer Methoden die Kontrolle über andere Menschen oder eine Situation erlangen kann oder es tatsächlich tut, soweit der Andere die Kontrolle freiwillig so weit abgibt.
Dies ist einvernehmlich. Doch dazu bedarf es in dieser Gruppe keine Erklärungen mehr.
Meiner Interpretation nach stecken zwei verschiedene Themen in der Frage des TE; zum einen, ob ein dominanter Mann, sei es von „Natur“ aus – aus Alltags-Dominanz oder als Herr im BDSM, mehr Kontakte zu Frauen findet als ein nicht-dominanter Mann.
Und zum anderen; fühlen sich dominante Damen und Herren automatisch im Alltag auch dominant.
Zum ersten kann ich dies aus meiner Sicht mit einem klaren „ja“ beantworten. Die Erfahrung zeigt mir auch, dass selbst „Möchtegern-Herren“ sich in der Damenwelt mehr Kontakte sichern können als die anderen. So öffnet eine (richtige oder nicht) gewisse Dominanz in Beziehungsfragen viele Türen. Das können wir nicht wegdiskutieren.
Um einiges gefährlicher finde ich das zweite Thema. Dominanz wird sehr häufig mit Arroganz verwechselt von den Damen und Herren Top. Dazu auch ein interessanter Artikel:
BDSM für Anfänger: Dominanz / Arroganz
Ich spreche gerne auch aus meiner Erfahrung. Als ich mit etwa 20 Jahren diese Welt für mich annektiert hatte, fühlte ich mich enorm gestärkt durch die erlangte, besser entdeckte Dominanz. Ich hatte auch das Gefühl, nun die ganze Welt unterwerfen zu können, müssen. Sei es bei Freunden oder bei der Arbeit. Wenn sich nun jemand mir hingibt, müssen das alle – so mein sehr falscher Gedanke. Es bedurfte eines (Stino) Freundes, der mir aufgezeigt hatte, welch A...... ich geworden bin. Danach habe ich es verstanden. Ich trete zwar immer noch selbstbewusst auf, doch die Dominanz, im Sinne von BDSM lasse ich nur die Leute spüren, die dies von mir so erleben möchten.
Leider sehe ich das sehr oft, dass Top’s (Damen und Herren notabene) genau das selbe tun wie ich damals – sei es weil sie diese Welt neu entdeckt haben oder weil ihnen bislang ein Freund fehlt, der es erwähnt. Diese unnötige Arroganz, der ganze Welt nun zu zeigen, was für ein toller Hecht (oder Hechtin, gibt es das Wort überhaupt!?!?) sie nun sind. Besserwisserisch und überheblich sind weitere Attribute dieser Top’s.
Umgekehrt wird kaum ein Bottom unterwürfig vor dem Chef kriechen, nur weil sie/er nun devot ist.
Somit ist diese Dominanz für mich nicht zielführend und äusserst unsympathisch. Denn das einzige, was solch Menschen zeigen, ist Arroganz und Hochmut. Auch hier läst sich das in der Fachliteratur beweisen:
Unter Hochmut ......versteht man seit der frühen Neuzeit den Habitus von Personen, die ihren eigenen Wert, ihren Rang oder ihre Fähigkeiten unrealistisch hoch einschätzen.
Hochmut und Arroganz zielen auf soziale Distanz. In Haltung und Umgangsform werden sie durch Anstand und Höflichkeit gezügelt.
Somit findet die Definition der – ich nenne es – falschen Dominanz in der psychologischen Deutung seinen Platz; jemanden gegen seinen Willen dominieren zu wollen. Und das ist, mit Verlaub gesagt, weder das Ziel im BDSM noch zeugt es von sozialer Kompetenz. Und das sind weder „echte Kerle“, wie es Seven beschreibt, noch „respektvolle Damen“.
Zum Grusse
Nertan