Sehnsucht nach Erfolg- schlecht für die Liebe
Die Sprache der Liebe, durchsetzt von der Sehnsucht nach Erfolg
Erfolg wird in unserer Gesellschaft meist finanziell gesehen. Natürlich werden solche erfolgreichen Menschen meist bewundert. Sogar die, welche fast gar keine Chance auf Erfolg bei der Sammlung von Geld und Statussymbolen haben, sehnen sich danach.
Erich Fromm beschrieb in seinem Buch „Die Kunst des Liebens“, wie Menschen auch in ihren privaten Beziehungen ökonomische Begriffe verwenden.
Wert, Wertvoll: Ein Mensch wird zum Objekt, indem gesagt wird, er ist mir »wertvoll« oder »viel Wert«. Wie ein Schmuckstück oder ein teures Auto.
Kündigung: Freundschaften werden heutzutage nicht mehr beendet, sondern »gekündigt«. Die Freundschaft wird quasi als ein »Vertrag« angesehen, dem »gekündigt« werden kann.
Schatz: Viele Liebende nennen sich gegenseitig »Mein Schatz« oder »Schatzi«. Sie zeigen damit an, dass ihr Partner vor allem ein »wertvoller Besitz« des anderen ist. Die Bezeichnung »Mein Freund/meine Freundin« zeigt durch das Personalpronomen »mein« an, dass es sich hier um einen »persönlichen Besitz« handelt.
Markt: Jeder muss sich auf dem (Persönlichkeits-)Markt »verkaufen« und mit anderen Menschen in »Konkurrenz« treten, um die vermeintlich Nachfrage-begehrtesten Menschen zu bekommen.
Vergeben: Menschen die sich in einer Partnerschaft befinden, sind »vergeben« oder »vergriffen«, wie ein Buch oder eine DVD, die auf dem »Markt« eine hohe »Nachfrage« haben. Menschen die »vergeben« sind, werden auf dem (Persönlichkeits-)Markt als nicht mehr »handelbar« angesehen.
Verdienen: Menschen »verdienen« einander oder müssen erst »verdient« werden. Eine »Leistung« muss erbracht werden.
Verkaufen: Menschen müssen sich auf dem (Persönlichkeits-)Markt als »Ware« anpreisen, sich »verkaufen« können, damit eine hohe »Nachfrage« nach ihnen entsteht. Niemand möchte sich schließlich »unter Wert verkaufen«.
Profitabel: Beziehungen oder Freundschaften sollen heutzutage für beide Seiten »profitabel« sein. Einen »Mehrwert« haben. Die Frage »Was habe ich davon?« wird nicht selten gestellt.
Vertrag: Beziehungen und Freundschaften werden heute oft als »Vertrag« angesehen, in dem jeder Vertragsteilnehmer bestimmte Richtlinien einzuhalten hat, damit es nicht zu einer »Kündigung« kommt.
An der Beziehung arbeiten: Wer Probleme in einer Beziehung hat, sollte »dran arbeiten«. Die Vereinigung zweier Menschen wird häufig als »Arbeit« gesehen und nicht als persönliche Reifeentwicklung.
Investition: »Ich habe soviel in diese Beziehung investiert« ist ein geflügelter Satz. Eine Liebesbeziehung wird als eine Form der Kapitalanlage verinnerlicht, sie muss sich »auszahlen«.
Die marktwirtschaftliche Korruption der Sprache im zwischenmenschlichen Bereich ist ein Indiz dafür, dass wir uns häufig als Objekte, statt als Subjekte betrachten. Menschen haben der eigenen Bedürfnis-Befriedigung zu dienen, sie werden »konsumiert«. Der große Widerspruch im Kapitalismus wird nicht aufgelöst: Wie können marktwirtschaftliche Ideale (wie Egoismus, Konkurrenzdenken, Wettbewerb, Gier, Neid und Misstrauen) in Einklang mit dem Ideal der Liebe (wie Solidarität, Einswerden, Altruismus, Anerkennung, Zuneigung und Vertrauen) gebracht werden?