@DocSnuggles
Und in Nevada ist es genau anders:
Fantastisch. Du zauberst eine "Studie" aus dem Arm von einer Organisation, bei der naheliegt, dass das Ergebnis schon im Vorfeld festgestanden ist und die kaum ein Paper präsentiert hätte, das ihre eigene Position widerlegt.
Was sagt das PDF, das du da präsentiert hast?
In Wirklichkeit ist es andersherum: Studien haben gezeigt, dass Männer Sex kaufen, weil es möglich ist. Die Normalisierung von Prostitution fördert Gewalt gegen Frauen, indem signalisiert wird, dass Frauen Waren sind. Nevada, wo Zuhälterei legalisiert wurde, weist im Vergleich mit anderen amerikanischen Bundesstaaten die höchsten Vergewaltigungszahlen auf. In einer Studie über Männer gaben 54% der Freier an, sich aggressiv gegenüber ihren SexualpartnerInnen verhalten zu haben.
Punkt. Leute, wir können einpacken, keine weiteren Nachweise notwendig!
...oder doch?
Also, zunächst mal: Keine wirklichen Quellenangaben. Man beruft sich auf eine ungenannte Statistik, die in weiß Gott welchem Jahr entstanden sein könnte, also durchaus auch zu einem Zeitpunkt, wo sie ungewöhnlich hoch ausgefallen ist; und die auch genauso gut aus Erhebungen von sonstwem stammen könnte (siehe weiter unten, wie sehr das in die Hose gehen kann). Und unterschlägt nebenbei auch, dass Nevada ganz allgemein eine ziemlich hohe Kriminalitätsrate hat und überhaupt das Sündenbabel der USA schlechthin beherbergt (what happens in Vegas...) - man geht also gar nicht erst der Frage nach, ob auch andere Rahmenbedingungen zu einer erhöhten Zahl von Übergriffen beigetragen haben könnten; sondern behauptet apodiktisch, dass die eigene Interpretation korrekt ist. Des weiteren beruft man sich auf "eine Studie", ohne zu spezifizieren welche, in welchem Zeitraum sie entstanden ist, wer befragt wurde, wie die Fragen gestellt wurden etc.
Warum das so wichtig ist? Dazu eine kleine Anekdote: Vor ein paar Jahren ging die "1 in 4"-Studie rum, die besonders von 3rd Wave Feministinnen zum Rühren der Propagandatrommel benutzt wurde, und laut der jede vierte Studentin auf US-Campusses im Laufe ihres Studiums zum Opfer sexueller Gewalt wurde (womit die mitunter bestgeschützte Gruppe der Welt in etwa so bedroht wäre wie die durchschnittliche Frau in einem Bürgerkriegsgebiet). Die Schönheitsfehler? Diese Studie beruhte auf den Umfragen einer
einzigen Universität, beruhte auf den Auswertungen von
freiwilligen Rücksendungen (was schonmal für einen systemischen Bias zugunsten derjenigen Propandinnen sorgte, die entsprechende Erlebnisse hatten), setzte die Messlatte extrem niedrig und extrem subjektiv an (wenn die Propandin entsprechend drauf war, konnte sie schon eine flüchtige unerwünschte Berührung als Übergriff werten) und verquirlte in unzulässiger Weise tatsächliche Übergriffe mit geringfügigsten Verletzungen der Komfortzone und bloßer Einbildung. Der (vermutlich durchaus beabsichtigte) Effekt war, dass daraus eine regelrechte "Campus Rape"-Hysterie wurde, obwohl die Studie das beim besten Willen nicht hergab.
Und diese Art des missbräuchlichen und absichtsvoll verzerrenden Umgangs mit Erhebungen und Zahlen ist bei weitem nicht die einzige dieser Art; sie ist nur in diesem Zusammenhang besonders passend. Deswegen klingeln bei mir auch alle Alarmglocken, wenn ich Papers mit derartigen Wischiwaschi-Formulierungen wie dem von dir verlinkten lese - einfach deswegen, weil ich erfahrungsgemäß davon ausgehen kann, dass gerade diese berufsempörten Fraktion Statistiken gerne mit Malen nach Zahlen verwechselt.
Deswegen halte ich auch die Entwicklung in Rhode Island für wesentlich relevanter und erhellender, weil man hier nämlich ganz direkt eine isolierte Variable betrachtet werden kann - die Entwicklung der Vergewaltigungsraten (auch im Vergleich mit anderen Staaten) während es das rechtliche Schlupfloch gegeben hat, und wie es aussah, nachdem es geschlossen wurde.
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Damit man mich nicht falsch versteht: Das war jetzt kein Plädoyer für den Segensreichtum der Prostitution (da bin ich persönlich auch nicht unbedingt ein Fan von). Man sollte nur so realistisch sein und auch im Auge behalten, dass das Business durchaus auch positive Nebenwirkungen haben kann. Wer das aus ideologischen Gründen komplett ausblendet (wie die Macherinnen deines Papers) ist eine Menge, aber bestimmt nicht intellektuell aufrichtig.