Begrifflichkeiten
Auf die Frage "was ist BDSM" gibt es keine eindeutige Antwort. Es ist ein Sammelbegriff für Praktiken, die mit Fesseln (B für Bondage), Spiele mit Machtgefälle (D für Disziplin, D/s für dominant / submissive) und mit Schmerzen (Sadismus / Masochismus) zu tun haben. Eine eindeutige Grenze, welche Spielart nun wohin fällt, die gibt es nicht und wird von jedem selber individuell eingeordnet. Es gibt da sehr viele Facetten und Grauzonen was Menschen mögen und Neigungen entstehen aus ganz unterschiedlichen Gründen:
Als Beispiel gibt es Menschen, die mögen es gefesselt zu werden, da es ihnen ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit gibt. Der andere will ja, dass ich "da bleibe". Das muss erstmal gar nichts mit Sex, Machtgefälle oder Schmerzen zu tun haben. Andere mögen die Ästhetik davon oder das Meditative vom Shibari. Fesseln zählt zu Bondage, also ja, das wären dann wohl BDSMler. Die eine stehen auf Seile, der nächste auf Ledermanschetten, der dritte auf Frischhaltefolie. Andere können mit Fesseln nicht so viel anfangen, aber ihnen hilft vielleicht der Schmerz zum Lustgewinn, z.B. weil es ihre Empfindungen steigert und weil es eine gewisse Wildheit mit ins Spiel reinbringt. Das würde in Richtung Masochismus gehen. Bei den nächsten ist der Schmerz dann wieder eine "Strafe" in einem Spiel mit Machtgefälle. Der "Herr/Dom" bestraft den "Sklaven/Sub". Hier kann Schmerz auch tatsächlich als Strafe wahrgenommen werden und nicht für die Lust und es stärkt das Machtgefälle. Manche können mit Abgrenzungen wie "Dom" und "Sub" wiederum gar nichts anfangen. Bei manchen kommen Rollenspiele dazu, z.B. Daddy/litte Girl oder Pet/Tierhalter andere können damit nichts anfangen. Für viele ist BDSM ein Spiel, für manche sogar Lebenseinstellung (gemeinhin als "24/7" bezeichnet)... u.s.w. Für viele vermischen sich die Grenzen und man ist z.B. "Sub" und mehr oder weniger "maso". Oder man legt sich gar nicht fest ob man der aktive oder passive Part ist und ist dann "Switcher".
Jeder Mensch steht auf etwas anderes und aus ganz individuellen Gründen. Wenn man nun BDSM googelt, dann wirkt das eindeutig definiert und man sieht nach außen hin extrem erscheinende Beispiele unterschiedlicher Spielarten. Vor allem per Bildersuche. Hierbei handelt es sich aber nur um einen Teil der Facetten, die in den Begriff BDSM fallen. Häufig handelt es sich auch um überzeichnete Pornographie. Dennoch schrecken die Bilder vielleicht ab und man denkt sich vielleicht, das ist nicht "normal". Wo wir schon bei der Frage des TE sind: "Sind das noch normale Praktiken oder ist das schon BDSM?", wo ich die Gegenfrage stelle: Was ist "normal" und wer hat da das Definitionsrecht? Ist nur die Missionarsstellung normal? Ist Oral- oder Analsex normal? Ist Homosexualität normal? Wer definiert das?
Was die Bilder nicht vermitteln: BDSM setzt Vertrauen und Konsens zwischen den Partnern voraus. Langsames Herantasten, Ausprobieren, viel miteinander reden. Auch gibt nicht das
eine "normal" und das
eine "BDSM"! Weder sollte man sich verrückt machen und denken "oho, das ist jetzt BDSM, jetzt bin ich also pervers", noch sich von irgendwem sagen lassen "Hey, du schlägst ja gar nicht fest genug zu, das ist dann kein richtiges BDSM".
Es geht unterm Strich nur darum, was zwei oder mehreren Menschen zusammen Spaß macht. "BDSM" und "normal" sind da eher schwammige Begrifflichkeiten, die man nicht zu sehr überbewerten sollte.
Der Vorteil des Sammelbegriffes BDSM besteht meiner Meinung darin, dass es den Leuten hilft, Kontakte zu Personen zu finden, die auf ähnliche Sachen stehen könnten. Zum Beispiel auf BDSM-Stammtischen. Das ist mitunter gar nicht so leicht, die Leute sonst im "realen Leben" zu treffen, weil auch viele der Neigungen noch tabuisiert werden. Und selbst da merkt man, wie unterschiedlich die Neigungen sind. Der Austausch mit BDSMlern ist aber auch so meist bereichernd, denn man merkt, dass man mit Fantasien nicht alleine dasteht und das BDSM ja eigentlich ganz "normal" ist.
Langer Rede kurzer Sinn: Nicht zu viel Gedanken machen, was nun zu BDSM gehört und was nicht. Oder ob man nun normal, BDSMler oder pervers ist. Einfach das tun, was einem Spaß macht mit Menschen, die man gern hat. Denn wie heißt es so schön: "Pervers ist es nur, wenn man keinen mehr findet, der mitmacht". Oder auch schön: "Pervers ist ein Wort für Leute, die sich in mein Privatleben einmischen"