*******_65:
d.h also, das was ich immer wieder erlebe, die geballte intoleranz der mitmenschen gegenüber meiner ehefrau bzgl. ihrer behinderung ist also nicht mit toleranz zu beschreiben, da toleranz nicht über konkrete vorfälle definiert werden kann?
So ist es. Toleranz ist ein Konzept freiheitlicher Gesellschaften. Deine Frau kann
als Beispiel dienen, um zu diskutieren, wie die Bevölkerung mit der Minderheit umgehen sollte, der deine Frau angehört. Und ich bin da voll mit dir, dass das, was du schilderst, sicher die falsche Antwort auf diese Frage ist.
*******_65:
bedeutet das toleranz nur ein theoretisches konstrukt ist, über das sich trefflich philosophieren läßt, aber im gelebten alltag so nicht vorkommt?
Nein. Es heisst, dass es ein abstraktes Konstrukt ist, das wir als Gesellschaft, also alle gemeinsam, umsetzen. Um eben unseren freiheitlich-demokratischen Ansprüchen gerecht zu werden. Das Konzept funktioniert nur, solange ausreichend Mitglieder der Gesellschaft mitmachen.
*******_65:
nimmt er diesen vorfall hin,
toleriert der diesen vorfall,
oder wehrt er sich gegen diese intolerante dreistigkeit
oder erträgt er dies, da er verstanden hat, das es sinnlos ist, gegen solche menschen vorzugehen?
Und hier kommt nun wieder meine Aussage: es ist vollkommen irrelevant, was ich in einer solchen Situation tun würde. Relevant ist, was die Mehrheit in dieser Situation tut und wie sie mit solchen unschönen Situationen (ja, ein Euphemismus) umgeht.
Ändern kann man Fehler in diesem System nur, indem man über Generationen hinweg den Menschen die Wichtigkeit freiheitlicher Grundsätze klarmacht. Es ist ein gesellschaftlicher Prozess und beginnt bei der sorgfältigen Wahl der Volksvertreter (Parlamente), geht über die Erziehung bis hin zum Bildungssystem.
Ich selbst kann also dazu beitragen, indem ich krasses Fehlverhalten verurteile und dies meinen Mitmenschen kundtue - in der Hoffnung, dass viele andere es mir gleichtun und dass solches Verhalten dann geächtet wird. Ausserdem kann ich meinem potenziellen Nachwuchs freiheitliche Werte mit auf den Weg geben. Und ich kann eben meine politischen Vertreter so wählen, dass beispielsweise bei der Bildung möglichst nicht weiter gespart wird und die Werte, die diese Personen vertreten, mit freiheitlichen Grundsätzen in Einklang sind.
Hier im Thread geht es ja nun um die Frage, wo die Grenzen der Toleranz sind. Und da scheiden sich natürlich die Geister. Unter dem Strich ist in meinen Augen ein Verhalten genau dann intolerabel, wenn es unsere freiheitlichen Grundsätze gefährdet.
Alles andere toleriere ich. Was aber auf keinen Fall heisst, dass ich es akzeptiere - das ist ein wichtiger Unterschied. Was man nur tolerieren kann, sollte man schwächen. Was beim Beispiel deiner Frau der Fall ist: es sollte alles erwähnte getan werden, um dieses Verhalten nicht mehr anzutreffen. Akzeptieren sollten wir dieses Verhalten auf keinen Fall.