Beziehung auf Augenhöhe?
Um auch anderen die Möglichkeit zu geben, mitzudiskutieren, möchte ich folgende Fragestellung aus einer Gruppe hier einbringen:In vielen Threads geht es immer wieder um Gleichberechtigung in Beziehungen, so zuletzt hier in einem anderen Thread z.B. darum, ob sich jemand vorstellen könne, eine gleichberechtigte, polyamore Beziehung zu dritt zu führen. Sicherlich eine interessante Frage.
Wenn wir in diesem und anderen Fällen darüber nachdachten, kamen wir für uns jedoch bisher immer an einen Punkt, an dem wir uns fragten, ob es völlig gleichberechtigte Beziehung - Beziehungen auf absoluter Augenhöhe - überhaupt gibt. Insbesondere bei Beziehungen, bei denen BDSM eine Rolle spielt, findet sich immer wieder die Aussage, dass in der Session das Machtgefälle klar vorhanden sein soll, Sub außerhalb aber unbedingt auf gleicher Augenhöhe mit Top sein möchte (Ausnahme: 24/7).
Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Wir glauben, dass das zwar vielleicht eine sehr schöne, aber trotzdem auch eine reine Utopie ist - in jeder Form einer Beziehung.
Bevor hier eine Welle empörten Widerspruchs über uns herein bricht, wollen wir darstellen, wie wir dazu kommen:
Was uns an diesen Punkt führte, war zunächst die Tatsache, dass zwei Menschen in einer Beziehung zwei unterschiedliche Individuen mit eigenständigen Interessen sind. Nur die Tatsache in einer Beziehung zu sein, führt nicht zu einer völligen Gleichschaltung der Personen und ihrer Interessen. Aber natürlich gibt es gemeinsame Interessen, bei denen Paare den Strick gemeinsam in eine Richtung ziehen.
Ein zweiter Punkt ist die Beobachtung, dass es in jeder Beziehung, auch in sogenannten emanzipiert-modernen, offensichtlich immer eine Person gibt, die mehr "die Hosen an hat", als die andere. In der einen Beziehung ist es vielleicht der Mann, in der anderen die Frau; analog gilt dies auch für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Frei nach George Orwells "Farm der Tiere": alle Tiere sind gleich(berechtigt), aber manche sind gleicher!"
Damit stellt sich bereits die Frage, ob die Richtung, in die der Strick durch ein Paar gemeinsam in eine Richtung gezogen wird, nicht zielgerichtet durch eine von beiden Personen mindestens subtil, manchmal auch ganz offen gesteuert wird - natürlich immer unter der Annahme, dass es auch zum Besten des Partners geschieht.
Kann ich aber von echter Gleichberechtigung oder Augenhöhe in einer Beziehung sprechen, wenn in jeder Beziehung (auch außerhalb von BDSM) einer von beiden immer dominanter als der andere ist und so den gemeinsamen Kurs im Wesentlichen bestimmt?
Ist bei Beziehungen von BDSM'lern der Wunsch, im Alltag gleichberechtigt auf Augenhöhe mit seinem/seiner Top zu sein, vielleicht nur die Furcht davor, sich sonst selbst in seiner Devotion dem ohnehin als dominant wahrgenommenen Partner gegenüber verlieren zu können?
Und erschöpft sich die "Augenhöhe" dann nicht darin, dass Sub für sich einen gewissen Freiraum für individuelle Interessen und einen eigenen Freundeskreis erhalten möchte?
(Wir sind an euren Sichtweisen interessiert, möchten an dieser Stelle aber bitte keine Gleichstellungsdiskussion, die möglicherweise darin gipfelt, wer sich wie oft an der Hausarbeit beteiligt oder nicht!)