L und L - Liebe und Logik
Liebe! Wie listig schon allein das Wort konstruiert und gebaut ist. - Liebe! Darin liegt wahrhaftig etwas Widerliches. Es ist das "i", lang gedehnt in Verbindung mit dem anschließenden "e", aus dem der ekelhaft lange I-Laut wie igitt igitt herausdringt.Mit den Jahren habe ich gelernt, den Dingen ins Innere zu sehen, um mir nichts vorzumachen, zwischen "L" und "be" zu sehen und übrig bleibt das viel zu hell misstönende I.
Die einen behaupten, es gäbe Liebe jenseits dieses Wortungetüms, die anderen leugnen es. Beiden Parteien ist das dann ein Problem und ein Anlass zu streiten. Dabei haben doch beide recht, je nach dem, was man glaubt oder glauben will.
Wenn ich an Liebe in mir glaube, bilde ich mir Liebe zunächst ein, auf nur natürliche Weise mit allem, was an Infos diesbezüglich zu hören und zu sehen war und ist.
Seltsam dabei ist allerdings, dass wenn ich auf diese Weise anfange an Liebe und deren Existenz zu glauben, sie nicht nur dadurch erst entsteht, nein, sondern ganz selbständig - gegen meinen Verstand, gegen meine Einbildungskraft, gegen meinen Wunsch, gegen meinen Willen - widersetzt sich die Liebe der Liebe und dreht sich in ihr Gegenteil: mit der Liebe ist auch die Nicht-Liebe gekommen. Und das obwohl ich überhaupt nicht an das die Liebe verneinende Moment denke, denken will, hat ihr Gegenspieler - wie immer man den oder das benamsen will - das Licht der Welt erblickt.
Insofern sollte ich mir wahrscheinlich besser Nicht-Liebe suggerieren, damit daraus Liebe entsteht. - Allein der Effekt wäre der gleiche: mit dem Gegenteil ist das Gegenteil da ...
Komischer Mechanismus (weil´s plausibler ist, unterlasse ich neuro-dings-bums Gedöns und bleibe geerdet mechatronisch), es stellt sich also das Ich mit der Liebe, das ich mir einbilde, einem anderen Ich in mir entgegen, mit dem ich das erste Ich mit seiner Idee der Liebe erschaffen habe und fristet völlig losgelöst und unabhängig von mir als bloßer Gedanke eine Existenz.
Auf diese Art bin ich plötzlich logischer, als ich denken wollte, denn wahr ist, wenn es auch dessen Gegenteil gibt und wenn dieses Gegenteil wahr ist.
Schlimm nur, dass dieser Umstand in meinen Gefühlen real wird: plötzlich kann ich nicht nur lieben, was ich ja eigentlich wollte, sondern eben auch nicht und nicht mehr lieben ... kann, muss und was da noch alles im Schlepptau hängt ...
Wer wohl der erste war, der ein solches Denken in die Welt brachte? - Ein Schuldiger? Kaum, denn er hätte das Gegenteil seines Gedankens (nämlich die Liebe) automatisch mit in die Welt gebracht, hätte er nur die Nicht-Liebe beabsichtigt gehabt und sich damit Lügen gestraft.
Also war´s ein Unschuldiger? Ein Gerechter? - Aber wie hätte auch dieser sich so in die Folgen einer solchen die Gedanken bestimmenden Logik und ihren Gesetzen hineindenken können und sollen? Wie hätte er ahnen sollen, dass mit seiner Idee der Liebe auch die Nicht-Liebe geboren wird?
Die Liebe und die Nicht-Liebe müssen folglich schon vor dem Denken da gewesen sein. Und das Denken spiegelt diesen Umstand nur wider und bildet beides gleichberechtigt ab - sich gegenseitig bedingend: das eine ohne das andere ist schlicht unmöglich.
Wenn jetzt aber einer das Unglück hätte, allwissend zu sein, für den gäbe es schwerlich einen inneren äußeren Schutz vor diesem Dilemma auf der Erde ... zum Glück für Gott ist er kein Mensch, sonst müsste er sich irgendwie schuldig vorkommen ...
Morphium, Strychnin, Zyankali - ihre tödlichen Wirkungen sind hinlänglich bekannt: Verrenkungen, Krämpfe, plötzliches Zusammenbrechen, Lähmung innerer Organe, Schaum vor dem Mund, Exitus. - Aber Liebe!? - Ich habe keine Ahnung wie bei diesem Gift der Todeskampf aussieht. Wie also sollte ich in mir eine Vorstellung davon bilden können, wenn ich es noch nie gesehen habe und mir noch nie jemand schlüssig davon berichtet hat?!
Aber ich liebe dich nun mal - mehr als alles. Und wegen dieser verdammten oben grottenbreit dargelegten Logik beschleicht mich jetzt das absolut ungute Gefühl, ich könnte dich mit meiner Liebe zu Tode nichtlieben, weil ja das Gegenteil immer und bei allem mitspielt.
Sollte ich jedoch von deinem Ende durch das Gift der Liebe träumen und es quasi vorwegnehmen, um ihm einen Namen geben zu können, so kann ich mir beim Aufwachen die Unhaltbarkeit einer solchen Suggestion direkt beweisen: denn du bist da, liegst neben mir und ... lebst noch - trotz meiner Liebe sozusagen und trotz allem, was die Logik behauptet!
Aber wäre - die abschließende Frage - die Vorwegnahme deines Endes durch Liebe nicht eigentlich die Vorwegnahme des Vollzugs des Umstandes, dich nicht zu lieben - im realen Leben? Denn tot ist nun mal nicht gleich tot? Ich meine lebend tot ist eine Sache, tot tot die andere.
Und so liebe ich dich, damit du lebst.
Nach dem Gesetz der Logik und den wahren Gegenteilen, die sich bedingen und niemals aufheben, bedeutet das aber auch, dass du nicht nur nicht stirbst durch meine Liebe-Nichtliebe, wenn der Gedanke, die Idee so oder so immer und überall da ist, sondern geradezu ewig lebst?
Okay - dann liebe dich erst recht, damit du ewig lebst - auch streng nach den Gesetzen der Logik! ;):)