@BlueVelvet
Was Du schreibst, stimmt sicher in ganz vielen Fällen, nur habe ich in meinem Fall das Gefühl, dass es eher umgekehrt läuft.
Meine Frau ist seit über 10 Jahren in Therapie, eine Verbesserung der Lage oder eine Überwindung der Missbrauchserfahrungen (die schon im sehr frühen Kindesalter angefangen hatten) scheint allerdings weiter weg als je zuvor. Das eben erzeugt ja mein Dilemma: Wir arbeiten schon seit über einem Jahrzehnt daran, und doch habe ich das Gefühl, es wird alles nur schlimmer und meine Frau will eigentlich gar nicht, dass sich etwas ändert. Sie steckt da in einer Komfortzone, mit einem Ehemann, der sie in Ruhe lässt.
Ich bin es, der die Gespräche möchte und eine Lösung, mit der wir auf Dauer BEIDE glücklich sein können. Die Grundvoraussetzung ist dabei für mich immer, dass keiner etwas tun muss, was er nicht möchte.
Das Problem dabei ist aber, dass meine Frau die ganze Problematik auf mich überträgt. Ich sei es, der ein Problem habe, nicht sie. Sie meint, mit der Situation sehr zufrieden zu sein und keinerlei körperlichen Kontakt möchte (also nicht nur keine sexuelle Penetration, sondern überhaupt keine Zärtlichkeiten oder Berührungen). In ihrem Fall nicht nur nicht mit mir, sondern mit niemandem. Das ist also etwas, was man durch reine Gespräche nicht aus der Welt bringt.
Auch stimmt es, dass Frauen oft "nur hinhalten" oder den Partner zufrieden stellen wollen, aber in unserem Fall bin ich es, der, seit wir uns kennen, niemals von sich aus sie bedrängt hätte, Sex zu haben. Die Folge ist, dass wir seit 10 Jahren fast nie Sex hatten und immer ich derjenige war, der zurückstecken musste, was inzwischen massive psychische Probleme und auch gesundheitliche Gefahren mit sich bringt, insbesondere mit der Aussicht, das solle nun auf ewig so bleiben.
Ja, Frauen sind oft finanziell abhängig, und auch in unserem Fall ist es (leider) so, dass ich der Alleinverdiener unserer Familie bin. Das ist allerdings etwas, was nicht zu meinem "Vorteil" ist, sondern was es mir als Ehemann und Vater, der seine Verantwortung ernst nehmen möchte, unmöglich macht, überhaupt an eine Trennung zu denken. Dazu gehört auch, dass unsere Kinder nicht alleinerziehend versorgt werden können (da ist ein Pflegefall dabei). Dass eine Trennung also meinerseits nicht möglich erscheint, kann umgekehrt ganz leicht (wenn vielleicht auch ungewollt) zum Druckmittel werden.
Nein, in einer Beziehung kann es keinen Anspruch auf Sexualität geben, das ist klar.
Aber es kann auch keinen Anspruch darauf geben, die Sexualität des Partners "gefangen" zu nehmen und abzutöten, wenn man ihm auf der einen Seite keine Sexualität schenken möchte, auf der anderen Seite aber auch verhindert, dass er seine Bedürfnisse anderweitig befriedigt (wenn sich diese überhaupt außerhalb der Beziehung befriedigen lassen, wie gesagt geht es ja um mehr als den reinen Sexualtrieb). Und da scheinen leider oft die Frauen ihre Situation, ohne Sexualität doch ganz gut zurecht zu kommen, auf die Männer zu übertragen und zu fordern, umgekehrt müsse das genauso sein. Alles darüber hinaus seien unzulässige Wünsche und Bedürfnisse. Und das ist nicht nur falsch, sondern kann auch manipulativ sein, da es den Mann in seiner Sexualität zum Perversling und generell schlechteren Menschen abstempeln kann, der eben seine bösen Triebe nicht im Griff habe und damit schwächer sei.
Ja, darüber reden ist IMMER wichtig, sowohl Situationen, in denen jemand etwas heimlich macht, als auch Gewohnheiten, die stillschweigend als normal vorausgesetzt werden, können in einer Beziehung große Schäden verursachen. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es auch oft Situationen gibt, in denen das Reden nicht mehr hilft oder zu viel Reden ebenfalls die Beziehung zerstört.
Du hast geschrieben:
"Ich würde immer dazu raten, die Gründe für gewählte Monogamie ehrlich zu hinterfragen. Und wenn es die Möglichkeit gibt auszuprobieren, ob gelegentliche Clubbesuche oder eine Nebenbeziehung nicht doch geeignet ist, sexuelle Durststrecken zu überbrücken, bis man wieder sexuell zueinander finden kann."
Das mag stimmen, und das ist der Weg, den ich (wir) momentan so offen wie möglich gestalten wollen, als Brückenlösung.
Danke jedenfalls für's Zuhören und Antworten