1. Was denkt ihr über den #MeToo?
Prinzipiell finde ich es gut und wichtig, auf das Thema aufmerksam zu machen. Das Problem an solchen Hypes ist eben immer, dass sie meist so schnell verpuffen, wie sie gekommen sind, dass sie meist nicht wirklich was bringen und dass sie meist Menschen anziehen, die einfach nur "mitmachen" wollen und sich selbst bei solch heiklen Themen irgendwelche beknackten Geschichten aus den Fingern saugen, nur um auch mal theatralisch im Mittelpunkt stehen zu können.
Dieses Ganze Hashtag-Gehabe hat für mich daher oft einen ganz faden Beigeschmack, der es eben zum Trend/Hype reduziert. Sexuelle Belästigung sollte aber kein Hype sein. Nichts, was man "erlebt haben sollte", um "mitreden zu können".
Andersherum sollte es aber auch kein Tabu sein und daher finde ich es, wie gesagt, positiv, dass mehr darüber gesprochen wird.
2. Ist dieser "Hype" übertrieben oder doch überfällig?
Wie gesagt, ein "Hype" sollte es eigentlich nicht sein. Aber ja, es wäre wünschenswert, wenn das Thema mehr in den Fokus rücken würde - dann aber bitte ernsthaft.
3. Wird die Situation der "sexuellen Belästigung" in euren Augen extrem verharmlost? (wie in einigen Beiträgen in den sozialen Netzwerken beschrieben)
Ja! Ich habe oft die Frage gelesen, warum all die Frauen jetzt laut aufschreien und nicht vorher z. B. zur Polizei gegangen sind.
An sich eine berechtigte Frage, aber die Antwort liegt auch auf der Hand: Weil es nichts bringt. Ich bin schon sehr oft sexuell belästigt worden (im Sinne von gegen meinen Willen zwischen den Beinen und an den Brüsten / am Po begrabscht worden usw.).
Natürlich versucht man, sich in der Situation zu wehren, aber danach? Meistens sind die Typen dann weg und WENN man zu jemandem geht, um sich Hilfe zu holen, kommen eigentlich immer nur Sprüche wie
• "Warum ziehst du dich auch so an?" / "Warum bist du auch alleine unterwegs?"
• "Nimm es doch als Kompliment" / "Das war sicher nicht böse gemeint. Du hast das nur falsch verstanden."
• "Männer sind eben so, da kann man nix machen. Und ist doch auch gar nix Schlimmes passiert"
• "Bestimmt hast du ihn provoziert. Dazu gehören schließlich immer zwei dazu!"
Usw.
Man wird also selbst noch als Oberidiot hingestellt, während dem Täter doch eh gar nichts passiert. Sexuelle Gewalt ist auch in unserer Welt ein totales Kavaliersdelikt. Vor allem, wenn es nicht zur Vergewaltigung/Penetration kommt. Dann ist das alles halb so wild und man soll mal nicht so zickig sein und sich nicht so anstellen.
Ich verstehe jede Frau, die sich keine "Hillfe" mehr sucht, weil sie einfach darauf verzichten kann, nach so einem Erlebnis auch noch als die Schuldige hingestellt zu werden (wobei das bei Männern andersherum natürlich genauso ist, auch wenn es seltener vorkommt).
Ich versuche, wie gesagt, mich in der Situation direkt zu wehren. Aber zur Polizei gehen? Wozu denn?
In diesem Sinne kann ich verstehen, dass es einerseits zwar merkwürdig anmutet mag, dass sich jetzt plötzlich so viele Frauen dazu melden. Andererseits kann ich eben auch genau diese Frauen verstehen, die das alles jetzt endlich einmal rauslassen können und merken "hey, ich bin nicht alleine!".
Denn Tatsache ist: Sexuelle Gewalt, im Sinne von "Angrabschen" usw. passiert tagtäglich hundertfach und gehört für viele Frauen leider (!) schon fast zur Normalität dazu. Und wir alle sollten dagegen vorgehen, anstatt so zu tun, als wäre das doch halb so wild.