Ich habe im Moment keine Zeit für einen eigenen Beitrag, möchte aber diejenigen, die in das Thema gerne etwas tiefer einsteigen möchten, auf einen Aufsatz (12 Seiten) zweier Paartherapeuten hinweisen, der zum Thema passt.
Sie nehmen als Ausgangspunkt das inzwischen sehr berühmte so genannte "Gestalt-Gebet" des Begründers der Gestalt-Psychotherapie Fritz S. Pearls, das nach meinem Dafürhalten der Themenstellung dieses Threads sehr entspricht, und entwickeln dann, wie sich diese Aussage auf Autonomie und Bezogenheit in Zweierbeziehungen auswirkt.
Das "Gestalt-Gebet" wurde von Pearls im Jahr 1976 formuliert und lautet im Original:
„I do my thing, I am I,
you do your thing, you are you.
I am not in this world to live up to your expectations,
neither are you to live up to mine.
I am I und you are you
and if by chance we find each other, is‘s beautiful,
if not, it can‘t be helped.“
Auf Deutsch:
"Ich mache mein Ding. Ich bin ich.
Du machst Dein Ding. Du bist Du.
Weder bin ich auf dieser Welt, um deine Erwartungen zu erfüllen,
noch bist du auf dieser Welt, um meine Erwartungen zu erfüllen.
Ich bin ich und du bist du,
und wenn wir einander zufällig finden, it es schön,
wenn nicht, kann man nichts machen."
Die Autoren vertreten die Auffassung, dass das „Modell einer reifen Beziehung“ Beziehungsfähigkeit voraussetzt. Beziehungsfähigkeit meint in ihrer Terminologie die „emotionale Autonomie“ . Ein emotional autonomer Mensch integriert die Gefühle von Angst und Verlassenheit in die eigene Identitätsentwicklung: Er projiziert sie nicht nach außen und fixiert sich nicht auf einen anderen Menschen.
Für eine reife Beziehung ist es notwendig, dass jeder für sich zu emotionaler Autonomie gelangt. Zur emotionalen Autonomie gehört die Entwicklung von Selbstvertrauen und Selbstsicherheit. Es gilt: Erst wenn ich mir vertraue, meiner sicher bin, mich annehme, wie ich bin, meiner selbst bewusst bin mit meinen Stärken, meinen Schwächen, bin ich in der Lage, auf andere zuzugehen und Vertrauen in Beziehungen zu entwickeln.
Das erfordert, die Trennung von symbiotischem Verhaftetsein zu vollziehen. Um welche Trennungen handelt es sich? Es ist die Trennung von der Hoffnung, nicht allein auf der Welt zu sein; es ist die Trennung von dem Wunsch, jemand ist nur für mich da; es ist die Trennung von der Sehnsucht, mit jemand
anderem ‚fest‘ zusammen zu gehören. Erst wenn diese inneren Abschiede vollzogen sind, sind
reife Beziehungen möglich.
Der ganze Aufsatz findet sich um Netz unter:
http://www.dieg.org/Beratung/Paarvorlesung.pdf