Mal was über Laisser Faire und Streitkultur
Also, die aktuell unverrückbare Meinung, die ich mir im Verlauf dieses Threads gebildet habe, ist wie folgt: es gibt halt doch ganz schöne Unterschiede im Bereich der Streitkultur.
Zunächst mal hab ich natürlich gern Recht. Und kann meine Meinung üblicherweise auch, je nach Interessenslage und Tagesform, in epischer Breite verargumentieren. Wenns mir wichtig ist. Und dann tritt entweder der Fall ein, dass mein Gegenüber aufgibt, weil er vielleicht auch noch was Besseres mit dem Rest seines Lebens anzufangen wünscht, als sich anzuhören, dass meine individuelle Meinung zu irgendeinem Thema mehr für sich hat als die seine. Oder er bleibt eisern und unverrückbar bei seiner Meinung.
Im Falle des Scheiterns meines wohlformulierten und -durchdachten Argumentationsdauerfeuers kam es mir dennoch bisher noch nie in den Sinn, dies mit irgendwelchen pathologischen Persönlichkeitsdefiziten des unüberzeugten Gegenübers in Verbindung zu bringen...tatsächlich? Der hat sich nicht überzeugen lassen, weil er nicht über ein ausreichenes Selbstbewusstsein oder eine sonstige Charakterstörung verfügt? Glückes Geschick, ich dachte immer, das lag an meinen Argumenten?!
Dann ist ja gut...
Aber mal ernsthaft: wann kommts denn zu Streits, bei denen man wirklich die Wände hochgehen möchte ob der völligen Uneinsichtigkeit des Gegenübers. Das ist doch meistens dann der Fall, wenn es um verschiedene Sichtweisen eines Umstandes geht, z.B. obs nun asozial war, mit den Kumpels einen saufen zu gehen oder nicht. Ob der Mülleimer nun schon voll ist oder noch was reingeht. Oder, auch sehr häufig, um Dinge wie wenn, hätte, wäre. Um Dinge, die so oder so gesagt und gemeint wurden. Und Interpretation, Fiktion, nicht Fakten.
Und wie will man da argumentieren? Solche Diskussionen schliessen eine schlüssige Beweisführung üblicherweise aus.
Ein- oder zweimal wurde hier der schöne Begriff "Streitkultur" gebracht. Und das ist, meiner Meinung nach, einer der sinnhaftesten Punkte dieser Diskussion:
Mir persönlich ist es nämlich eigentlich egal, ob jemand meine Meinung teilt oder nicht. Wenn ich sie für richtig halte, und keiner ein Gegenargument findet, das mich überzeugt, dann behalte ich sie. Und ich diskutiere auch über sowas, warum nicht. Und manchmal kommts auch zum Streit. Aber ob ich nun meinen Gegenüber hinterher noch mag oder nicht, entscheidet sich nicht daraus, ob er mir nun Recht gibt oder nicht. Sondern ob wir im Zweifelsfall in der Lage sind, den Streit zu beenden, unabhängig von der anschliessenden Meinungsverteilung.
Denn was auch immer die Ursache für irgendeinen, egal wie heftigen Streit in meinem Leben war: es waren nie irgendwelche lebenserhaltenden Systeme betroffen. Sondern häufig waren die Anlässe für die heftigsten Streits wirklich völlig panne. Und daher glaube ich auch nicht an die Wichtigkeit von Meinungen, oder dass es drauf ankommt, jemanden zu überzeugen. Sondern höchstens darauf, dass man in der Lage ist, es einfach irgendwann mal gut sein zu lassen.