****lon:
was die aktuelle sexismus debatte mit uns als gesellschaft macht.
Meine Vermutung dazu ist, dass die "Debatte" nicht viel mit uns machen wird. Dafür ist die Aufmerksamkeitsspanne in der Gesellschaft zu gering. "Morgen" wird es um ein anderes Thema gehen das medial ausgeschlachtet wird.
Dazu kommt noch, dass eine gewissen intellektuelle Eingleisigkeit sehr weit verbreitet ist. Damit meine ich Sätze wie "haben wir keine wichtigeren Probleme" die ich tagtäglich in dutzendfacher Ausführung lese.
Geschrieben von Menschen, die sich nicht vorstellen können, dass das Ansprechen eines bestimmten Problems nicht bedeutet, dass alle anderen Fragen ungeklärt bleiben müssen.
Beides Mechnismen, die Populisten inzwischen hervorragend für ihre Zwecke einzusetzen wissen, und die sich bedauerlicherweise eben auch auf die wichtigen Themen auswirken.
****lon:
.doch wird sie richtig geführt?
Die Debatte wird, so sehe ich es persönlich, gar nicht geführt. Man bekommt nur Unmengen von Input von allen Seiten. Jeder der etwas zum Thema zu sagen hat, führt vielleicht mit seinem Publikum eine "Debatte" aber davon gibt es eben Tausende, die nicht kanalisiert werden können.
****lon:
ist es wirklich ein "wir gegen die"?
In vielen Fällen, so scheint es mir jedenfalls, ist das so.
Auch wenn eine Debatte sachlich beginnt findet sich bald jemand, der das "wir gegen die" einwirft und oft nimmt die Diskussion dann diesen Verlauf weil sich jemand, der der sachlichen Diskussion nicht folgen will, bemüssigt fühlt auf dieser tiefen Ebene Stimmung zu machen.
Es gibt eben in der öffentlichen (Internet-)Diskussion keinen "Versammlungsleiter" der da schlichtend oder ordnend eingreifen könnte.
****lon:
ist es zielführend sich gegenseitig mit vorwürfen zu beharken? oder öffentliche pranger einzuführen? oder sofort zu mauern und in eine verteidigunghaltung a la "aber die und dann doch auch"? oder auch boykotte?
Aus meiner persönlichen Sicht, zu allen aufgeführten Punkten ein klares "Nein". Nichts davon trägt zu einer sachlichen oder gar zielgerichteten Diskussion bei.
Persönlich habe ich in den letzten Wochen bei einer politisch gemäßigten österreichischen Tageszeitung, die mein bevorzugtes Spektrum bedient, also den entsprechenden Kreisen natürlich als "linksgrünversifft" gilt, an mehreren derartigen Debatten teilgenommen.
Teils habe ich fruchtbare sachliche Diskurse erlebt, teils trotz Moderation Dinge lesen dürfen, die meiner Meinung nach völlig aus dem Ruder gelaufen sind.
Weiters habe ich ähnliche Diskussionen im privaten Umfeld erlebt und auch angestoßen. Im zweien Fall fast ausschließlich mit Frauen unterschiedlichen Alters. Hier gab es aufgrund der eher homogenen Struktur meiner Bekanntschaften meistens einen Konsens, oft zumindest einen kleinsten gemeinsamen Nenner, der mich zwar nicht befriedigt hat, aber doch zu akzeptieren ist.
Nichts desto trotz beginne ich mich aus der Debatte zurückzuziehen.
Ich diskutiere gerne sehr engagiert, aber auf Dauer strengt mich das auch an.
Ich persönlich sehe mich weder als "Täter" noch als "Opfer" dieses Themas, somit sind meine Möglichkeiten hier auf längere Sicht sinnvoll beizutragen, nach meiner Einschätzung nicht sehr groß.
Ich erkenne hier meine Grenzen, auch wenn mir das nicht behagt, sehe ich diese Debatte doch als eine der Wichtigsten der heutigen Zeit.