Ich habe jetzt nicht alles gelesen, sondern nur die ersten Seiten. Hatte das Gefühl, dass es sich danach wiederholt, aber so habe ich ggf. doch was Wichtiges überlesen. (?)
"Ferndiagnosen" sind riskant und eine Solche soll es ja auch gar nicht sein, sondern nur ein Gedanke, der mir zu den Schilderungen des TE einfällt...
Dass die Situation wirkliches Leiden bedeutet, ist jedem klar der selbst spürt, wie es sich anfühlt, wenn ein Bedürfnis so lange Zeit nicht befriedigt wird - werden kann - in dem Rahmen, der zur Verfügung steht, ohne im Nachhinein gefühlt in einem Trümmerhaufen zu stehen.
Ich finde wichtig zu hinterfragen, was "ein Bedürfnis" überhaupt ist und das mal ganz unabhängig von der Situation, sondern eben... ganz generell.
Wir brauchen zum Überleben Nahrung, ... und Liebe.
Zärtlichkeit und auch Sexualität gehören zu überlebenswichtigen Bedürfnissen, die nicht nur der Arterhaltung dienen, sondern auch dem emotionalen Überleben jedes Einzelnen.
Es gab doch mal diesen grausamen Versuch mit kleinen Kindern, denen man alles gab zum Überleben, aber jede Zuwendung verwehrte.
Die Kinder starben.
Der TE schreibt hier nicht "nur" vom Fehlen der Sexualität, sondern sogar vom Fehlen von Kuscheln und von körperlicher Nähe - kein Hautkontakt zum geliebten Menschen.
Wenn wir mal ein schweres Trauma der Ehefrau annehmen, wie es z.B. Missbrauch in der Kindheit darstellen würde, so ist es absolut müßig, hier eine Schuldzuweisung zu machen.
Wenn ein solches, oder vergleichbares Trauma vorliegen sollte, so gibt die Familie dieser Frau Sicherheit. Sex des Partners mit anderen Menschen ist etwas, was Verlustängste schürt, wenn man die eigenen "Defizite" erkannt hat und das hat sie ja - Stichwort: Therapie.
Wobei sich für mich dann eine weitere - nicht unwesentliche Frage - stellt:
Kann sie körperliche Nähe zu den Kindern haben?
Sehr oft sind solche Menschen nämlich auch dazu nicht in der Lage.
OK, das ist hier nicht das Thema.
Es gibt offensichtlich ein massives Ungleichgewicht in dieser Verbindung.
Der TE verzichtet auf ein BEDÜRFNIS, was ihn (s. oben kurz erwähnten Versuch mit den Kindern) krank macht. Der Körper sendet also deutlich das Signal: STOP!
Das Ungleichgewicht wird hier auch dadurch deutlich, dass dieser Verzicht von der Frau des TE VERLANGT wird, was ihre Drohung, anderenfalls die Ehe zu beenden, zeigt.
Wie sind - ganz nüchtern betrachtet - die möglichen Wege?
• So weiter machen.
Extrem ungesund für den TE und somit keine Option und das auch deshalb nicht, weil die Kinder schon eine kranke Mutter haben und nicht auch noch 'nen kranken Papa brauchen können.
• Sex außerhalb der Ehe leben.
Der TE schreibt nicht so, dass ich vermute, dass das ein Weg wäre um DAS TATSÄCHLICHE Bedürfnis zu befriedigen. Ich - und da mag ich mich natürlich irren - habe nicht den Eindruck, dass es hier "nur" um Sex geht.
• Die Ehe für mehr als Sexualität öffnen im Sinne von polyamorer Verbindung.
Für mich ganz persönlich die naheliegenste - "gesündeste" - Lösung, wobei ich mir jedoch - aufgrund der Schilderungen des TE - denke, dass die Frau diesen Weg wahrscheinlich nicht mitgehen möchte.
• Die Frau unter Druck setzen und Nähe und Sexualität somit "einfordern".
Für mich persönlich wäre das das indirekte Ende einer Beziehung insofern, dass sie zwar "gelebt", aber nicht mehr "im Einklang" sein kann. Etwas gegen den Willen über sich ergehen lassen hat nichts mit Liebe zu tun - somit ein NoGo.
Muss man wohl nicht mehr zu schreiben.
Ich erwähne das auch nur - so gruselig es klingen mag - weil ich fürchte, dass weitere Gespräche genau dorthin führen KÖNNTEN... (?)
• Beziehung beenden.
Eine Beziehung zu beenden, obwohl man noch liebt, ist verdammt schwer. Vor allem dann, wenn der Partner krank ist und das Gefühl "im Stich zu lassen" dazu kommt.
Dann ist es ist eben KEINE Verbindung auf Augenhöhe.
In bestimmten Situationen stellt sich aber - ganz grausam und mit aller Gewalt - die Frage nach dem tatsächlichen Weiterleben, bzw. der Lebensqualität des Gesunden.
Ich habe 30 Jahre im Pflegeberuf hinter mir.
Eine schwere körperliche Erkrankung, eine Krebsdiagnose, Demenz des Partners, ... und vieles Andere können die Situation in einer Partnerschaft von heute auf morgen SEHR schwer werden lassen. Man hat sich ja "in guten, wie in schlechten Zeiten" versprochen... und jetzt?
Den Partner pflegen und sein eigenes Weiterleben dem unterordnen, was das Ausleben der eigenen Bedürfnisse betrifft?
Sind die eigenen Bedürfnisse unwichtiger, als die der Anderen (auch bei Krankheit des Partners)?
Wenn sich eine Problematik über eine lange Zeit entwickelt, bekommt man ggf. den Eindruck, dass man in der Lage sei "hinein zu wachsen".
Und dann... ist auf einmal doch mit extremer Wucht der Leidensdruck offensichtlich - ähnlich, wie beim plötzlichen Ereignis.
Die genaue Situation des TE kennen wir nicht.
Auch nicht das, was seine Frau darüber sagen würde.
Sich aus dem Fenster lehnen und irgendwas raten, wäre viel zu riskant und ist auch nicht Sinn von flüchtigen JC-Kontakten im Schreiben.
Gedanken formulieren und ein Stückchen "gemeinsam mit dem TE sein und denken" ... ist das, was vielleicht hilft, sich mal nicht mit dem Gedanken alleine zu fühlen, aber ... - mehr Helfen geht natürlich nicht.
Ich wünsche ganz viel Kraft und einen Weg, der sich besser anfühlt als dieses Gefühl von Ohnmacht, das ich beim Lesen wahrnehme.
Ich entschuldige mich, wenn ich etwas Falschen hineininterpretiert habe, ABER... das ist immer die Gefahr, die das Einstellen solcher Texte mit sich bringt.
Alles Gute!