Trennung ist nie einfach
Als mein Mann (64) und ich (55) uns hier im Joy vor 7 Jahren kennenlernten, hatten wir beide schon 2 langjährige Ehen hinter uns gebracht, 4 erwachsene Kinder waren daraus hervorgegangen. Wir heirateten nach einem Jahr desZusammenseins/Wohnens, in der Hoffnung, dies sei unsere letzte Beziehung bis ins hohe Alter.Es folgten schwere Zeiten, eine fast tödlich verlaufende Krankheit, die mich 3 Wochen nach der Trauung für ein Jahr ins KH und Reha brachten, nach langsamen Wiedereinstieg ins Leben dann noch 2 schlimme Motorradunfälle, ständige finanzielle Schwierigkeiten, eigentlich Dinge, die uns hätten zusammen schweißen sollen.
Leider passierte das Gegenteil:
Seit mein Mann in Rente ging, ging es auch bergab mit unserer Ehe. Null Interesse an irgendwas, hockte er nur noch auf der Couch vor dem Fernseher, war zu nichts mehr zu motovieren, er verkroch sich nur noch in sich selber, schwieg meistens, der Sex, der schon seit Jahren immer weniger wurde, blieb gänzlich aus, Zärtlichkeiten wurden nicht mehr erwidert. Ich habe lange gekämpft, um unsere Ehe, inclusive 10 Monaten Ehetherapie mit einer wunderbaren Therapeutin.
Irgendwann musste ich akzeptieren, wir sind am Ende, die Liebe war irgendwo auf der Strecke geblieben, das Begehren von seiner Seite aus lange schon vorher .
Viele Gründe führten dazu, auch viel von meinem Verhalten,aber ich verstand einfach nicht, warum mein Mann mich nicht mehr wollte, er gab mir auch keine Erklärung, so oft ich auch danach fragte. Dennoch gab er vor, mich noch zu lieben, aber es kam von seiner Seite nichts. Kein Bemühen, etwas zu ändern an der Gesamtsituation, keine Liebe, keine Zärtlichkeiten, totale Passivität, Schweigen.
Dennoch hielt ich verbissen an der Ehe fest, wollte nicht ein drittes Mal scheitern, hatte enorme Angst vor dem Alleinsein. Monatelang tat ich so, als hätten wir noch eine Chance, belog mich selber und es ging mir immer schlechter, der innere Druck " Should i stay, or schould i go?" hatte mieseste Auswrkungen auf meine ohnehin
angeschlagene Gesundheit.
Mein Selbstbewußtsein ,als immer noch sexuell-fühlende und sich vor allem vernachlässigt- fühlende Frau war am Boden. Und auch als Mensch fühlte ich mich nicht mehr wahrgenommen, kam ich von der Arbeit, konnte ich froh sein,
wenn mein Mann mich begrüßte. Abend für Abend hockten wir vor dem Fernseher,
ich ging früh zu Bett, er hockte bis tief in die Nacht weiterhin auf dem Sofa, die notwendige Wärme suchte ich ersatzweise abends in meiner Sauna, was blieb mir auch anderes übrig?
Aber so konnte es einfach nicht weitergehen. Irgendwann wußte ich: Wenn wir uns nicht trennen, gehen wir beide vor die Hunde,würden wir irgendwann bald einander hassen, er hatte schon lange innerlich gekündigt, wartete offenbar darauf, dass ich es beende, weil ihm selber der Mut dazu fehlte, oder vielleicht auch der Elan und die Angst vor Veränderung, vor dem Gefühl, wieder einmal versagt zu haben.
Viel zu lange haben wir diesen ambivalenten Zustand beide ertragen, einsam zu zweit, etwas, dass wir nie wieder wollten, nach den beiden vorherigen Desastern.
Wenn man bereits in den Middle-Ages ist, um nicht zu sagen, bereits in dem Alter,
wo man nicht mehr allzuviel kostbare Lebenszeit zu vergeuden hat, fällt einem eine Trennung erst recht schwer, man kennt den Zustand des Alleineseins und hat Angst davor, lieber klammert man sich dann an den Partner, selbst wenn NICHTS mehr in Ordnung ist, in dieser Beziehung. So ging es uns beiden, bis vor etwa 3 Monaten.
Aber irgendwann war mein Leidensdruck groß genug, sagte ich mir, nein, das kann nicht alles gewesen sein, ich habe noch Träume, Hoffnungen, Wünsche und wenn
es nicht möglich ist, diese miteinander in der Ehe zu erfüllen, wenn der Partner bereits abgeschlossen hat, mit der Beziehung, mit seinem eigenen Leben quasi, weil ich nicht mehr das bin, was ihm Freude bereitet, so müssen wir auseinander gehen, so dass wenigstens ich wieder die Chance habe, Spaß zu haben, am Leben,
ohne einen Partner, der mich hemmt, der mich eigentlich schon lange abgeschrieben hat, dem ich gleichgültig geworden bin.
Auch wenn es bedeutet:
Alles auf Anfang, Neueinrichten, nicht nur räumlich, sondern auch Neueinrichten als Single, ohne das vermeintliche Sicherheitsnetz, jemand ist da, wenn man nach Hause kommt. Ohne die vertrauten Rituale, die man gemeinsam entwickelt hat,
wo das Wegbrechen eines einzigen schon für Irritationen sorgt, und das vieler Rituale, auf die man konditioniert ist, zu einem Sturz ins Bodenlose führen kann.
So fasste ich mir ein Herz und suchte ein letztes Gespräch und akzeptierte endlich, was ich innerlich schon lange wußte: Er liebt mich nicht mehr. Endlich war die Wahrheit ausgesprochen worden.
Und liebte ich ihn noch?
Nein, ich glaube nicht. Zwar tat es enorm weh, war ich unendlich traurig und auch verletzt, aber ich wußte nun, ich muß loslassen, was längst nicht mehr zu mir gehört und gehören will.
Ich habe festgestellt, Sex ist meistens ein großer Indikator, wie es um eine Beziehung gestellt ist. Bricht er weg, weil einer, aus welchen Gründen auch immer, kein Interesse daran mehr hat, beginnt das Haus der Beziehung auf tönernen Füßen zu stehen und wegzukippen. Denn es zieht vieles nach sich:
Wer keinen Sex mehr will, mit dem Partner, beginnt auch irgendwann, den notwendigen Zärtlichkeiten auszuweichen (und das ist m.E.n. das Mindeste, was sich zwei Menschen in einer Beziehung geben MÜSSEN,damit man sich weiterhin geliebt fühlt).
Das dritte, was dann wegbricht, ist das "Miteinander-reden-können".
Denn aus Enttäuschung über den Verlust entstehen gegenseitige Vorwürfe,
verkommt die Kommunikation untereinander zu gegenseitigen Schuldzuweisungen.
Selbst mit Hilfe von Ehe/Beziehungstherapeuten stehen die Chancen dann schlecht, wenn nur einer bereit ist, an der vertrackten Situation, die sich immer mehr verschlechtert, im Laufe der Monate, zu arbeiten, der andere aber längst keinen Sinn mehr darin sieht, sich zu bemühen, aber auch nicht den Arsch in der Hose hat, zu sagen, was Phase ist, vielleicht aus Angst vor den (auch finanziellen) Konsequenzen, der ungewissen Zukunft, frei nach dem Motto:
"Lieber ein Schrecken ohne Ende, als ein Ende mit Schrecken."
Und das Spielchen haben wir beide gespielt. Bis wir soweit waren:
"Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende"...
Und damit geht es uns beiden innerlich entschieden besser. Der innere Druck ist plötzlich weg. Man hat endlich eine Entscheidung treffen können, ist sich einig,
das man SO nicht mehr weiterleben will.
Ich möchte nicht wissen, wie viele hunderttausend Paare weiter zwanghaft an eigentlich unerträglichen Beziehungszuständen festhalten, bis einer von beiden die Reißleine zieht, weil er oder sie diesen Zustand nicht mehr erträgt.
Sich selber verleugnet, eine Lebenslüge lebt.
Einfach weil die Angst vor dem Alleinesein so übergroß ist.
Aber das ist so eine Milchmädchenrechnung wie nur was, die letztendlich sogar körperliche Auswirkungen hat, krank macht.
Mittlerweile, 3 Monate nach unserer Entscheidung, uns zu trennen (aus logistischen und finanziellen Gründen (Ende Insolvenz, resultierend aus der letzten Scheidung) , wird die räumliche Trennung im Frühjahr/Frühsommer von Statten gehen, es gilt den Riesenhaushalt zu trennen, mein Noch-Mann wird wieder in sein Elternhaus ziehen, auch um seinen 91-jährigen,allmählich senil werdenden Vater zu unterstützen) können wir ganz sachlich und in Freundschaft wieder miteinander reden, denn wir stellen aneinander keine Ansprüche mehr, haben akzeptiert, wir sind gescheitert, jeder hat sein Bestes gegeben, aber es nicht genug war für uns zwei.
Man kann, wenn man einmal an diesem Punkt ist, auch in Würde und Anstand
eine Trennung vollziehen. In Ruhe, besonnen und ohne Hektik, in einer Atmosphäre, die nicht mehr geprägt ist, von gegenseitigen Schuldzuweisungen, die eh müssig sind, denn nie ist einer alleine schuldig am Scheitern einer Beziehung.
Vielleicht ist es einfacher, wenn man bereits ein gewisses Alter erreicht hat, wenn man bereits die Erfahrung gemacht hat, das Trennung aus Rosenkrieg bedeuten kann und man das keinesfalls noch einmal will.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Es ist immer ein schweres Warnzeichen, wenn der Sex nicht mehr stimmt.
Wenn einer sich nicht mehr angezogen fühlt, sexuell vom anderen und dann erwartet, der andere habe ebenso das selbstgewählte Zölibat zu teilen, seine Sexualität für den Rest des Lebens zu beerdigen, und je jünger man ist,
um so schwerwiegender ist diese Forderung.
Ich habe jetzt 4 von 7 gemeinsamen Jahren deswegen auf Sex verzichtet, mich selber verleugnet, denn Fremdgehen
(auch wenn ich zugeben muss, ich habe es als " taktisches Mittel" mal eine zeitlang angedroht ,in der falschen Hoffnung, es würde meinen Partner aufrütteln) kam im Prinzip nie für mich in Frage, obwohl ich jeden verstehen kann, der dies tut und niemanden verurteile, auch wenn ich es für den falschen Weg halte.
Für mich ist heute klar:
Der Anfang vom Ende einer Beziehung ist immer dann gegeben, wenn einer von beiden aus der gemeinsamen Sexualität aussteigt, denn das zieht einen Rattenschwanz nach sich, wird früher oder später zur Abwärtsspirale einer Beziehung.
Man kann vieles versuchen, um das Begehren wieder anzufachen.
Aber das klappt in den allerseltensten Fällen.
Die Hintergründe, warum es denn abhanden kam, hinterfragen und nicht gleich die Flinte ins Korn werfen.
Aber alles Bemühen ist sinnlos und reine Lebenszeitvergeudung, wenn der Zeitpunkt für das Hinterfragen überschritten ist.
Wir haben mindestens 3 Jahre diesem sinnlosen Bemühen geopfert, in unserem Alter verdammt viel an Lebenszeit.
Deswegen mein Rat:
Wartet nicht zu lange, bevor ihr die Reißleine zieht, bemüht euch (am Besten mit proffesioneller Hilfe von Beziehungs und /oder Sexualtherapeuten) um
Ehrlichkeit untereinander, werdet Euch klar, was eure ureigensten
Bedürfnisse sind (das ist kein krankhafter Egoismus ! das sind notwendige Lebenserhaltungsmaßnahmen und wenn, dann gesunder Egoismus!) und handelt verantwortungsbewußt, indem ihr auch euren Partnern die Chance gebt, mit jemand anderem das Begehren wieder zu finden, und nicht nur euch selber. Laßt eine Beziehung und einen Menschen los, der euch eigentlich nicht mehr will, euch nicht gut tut, sich selber nicht gut tut,eine Beziehung, die krank machen kann, je länger ihr in dem Zustand der Ambivalenz verharrt.
Natürlich sind die jeweiligen Leidensfähigskeitsgrenzen individuell verschieden stark ausgeprägt.
Das Leben ist zu kurz, um es durch Zu-langes-Leiden in einer irreparablen
Beziehung zu verschwenden. Schließt sich eine Tür, öffnen sich dafür tausend neue.
Für Euch, aber auch für Eure Partner. Was er und sie aus dem neuen Leben machen, iliegt jeweils in der eigenen Verantwortung. Aber keiner ist dafür zuständig, jemand anderen glücklich zu machen.
Aber verantwortlich ist JEDER dafür, den anderen nicht unglücklich zu machen !
Und ihn nicht durch emotionale Erpressung an sich zu binden, in seiner persönlichen Freiheit so einzuschränken, das er oder sie sich nur noch selber verleugnen können, nur weil man Angst vor dem Alleinsein hat.
Greetz
Acivasha, die ihre ganz persönliche Lektion gelernt hat und Wochen, Monate, Jahre ihres Lebens damit verschwendet hat, an etwas festzuhalten, was lange schon
gestorben war.
Aber ein totes Pferd kann man bekanntlich nicht reiten