...dass es verdammt schwer ist, Zuneigung oder gar Liebe vom anderen Geschlecht zu bekommen. Sex bekommt man dagegen an jeder Straßenecke...
Sex ist eine Tätigkeit, etwas „Handwerkliches“, was Praktisches, was zum Anfassen. Für Männer eher einfach.
Zuneigung oder Liebe ist eine Empfindung, etwas eher Abstraktes, nicht Greifbares, etwas, das Gefühl erfordert. Für Männer oft viel schwieriger, wenn es doch in erster Linie nur ums Ficken gehen soll.
Die Tätigkeit kann man mal eben aktiv und bewusst ausführen, bei Emotionen kann man nur passiv abwarten, was passiert und hat selbst wenig Einfluss darauf.
Der Ratschlag hier, einfach länger abzuwarten und nicht gleich ins Bett zu gehen, passt nicht ganz.
Es geht ja nicht darum, dass man mit Sex so lange wartet, bis sich irgendwelche Gefühle einstellen. Es geht vielmehr darum, dass auch bei einer reinen Sexbeziehung etwas mehr sein sollte, als nur der reine Akt, gerade ohne sich in allzu tiefe Gefühle zu verzetteln.
Und ob das mit der Person was wird, sieht man ihr so selten an, selbst dann nicht, wenn man noch ein paar Tage länger hinschaut.
Und gelegentlich sieht man ja auch selbst nicht mehr ganz so klar.
Manchmal kann man dann schon froh sein, wenn man hinterher nicht direkt aus dem Bett gekegelt wird, weil noch dringende Erledigungen oder Einkäufe anstehen und man halt gerade im Weg rum liegt (mal krass gesagt).
Auch wenn der Sex an sich nicht zu bemängeln war, kommt das unangenehme Gefühl dann hinterher.
Irgendwie hält es keiner mehr für nötig, sich wenigstens ein bisschen Zeit für den anderen zu nehmen. Wenn man sich schon körperlich so nahe ist, sollte man sich nicht zumindest am Rande auch ein klein wenig für das Seelenwohl des anderen interessieren? Nicht nur, dass das äußerst anständig ist, es könnte unter Umständen auch den Sex verbessern.
Man erwartet ja nichts Unmögliches oder Außergewöhnliches. Nur ein kleines bisschen Teilnahme am Leben und das Bewusstsein, dass der Körper neben einem im Bett auch ein Innenleben hat.
Mal ein Beispiel:
Die „Bettbeziehung“ dauerte bis dahin knapp ein dreiviertel Jahr, als eines Tages wieder das Telefon klingelte, mit der Frage, ob ich nicht Zeit und Lust hätte.
Ich war gerade dabei, meine Sachen zu packen. Und zwar für den Weg ins Krankenhaus, weil ich vor der ersten OP meines Lebens stand, was freilich mit gewisser Angst verbunden war.
Fand es ziemlich enttäuschend, dass das trotz mehrfacher Erwähnung einfach so vergessen wurde. Ein bisschen Anteilnahme hätte ganz gut getan und wäre noch nicht mal viel Aufwand gewesen.
Da muss man sich manchmal schon fragen, welchen Wert, welche Wichtigkeit und Bedeutung man eigentlich noch zugemessen bekommt bzw., ob man so was überhaupt noch erwarten darf, wenn man einigermaßen seelisch gesund durchs Leben kommen will.