Wieso nur schwarz oder weiß?
Es verhält sich mit diesem Thread wie mit vielen anderen Threads zu allen möglichen Themen, die ich bzw. wir mitgelesen haben: Es existiert für viele Kommentierende nur schwarz oder weiß, eine Mitte wird kategorisch ausgeschlossen oder ignoriert. Nebenbei einer der Gründe warum das hier de facto mein (und unser) erster richtiger Beitrag ist.
Mal zur Erinnerung: Zumindest über weite Strecken des Threads haben die Befürworter (eher) nicht behauptet, ihren Eltern haarklein von allen ihren Lieblingspraktiken erzählen zu wollen, der Vergleich zu Vanillapraktiken, von denen man ja auch nicht berichten würde, ergibt sich mir daher nicht wirklich. Es schien mir mehr ein Wunsch nach einem allgemeinen Ansprechen des Themas zu sein, ähnlich wie in manchen Familien eben auch gelegentlich mal über das Thema Sex gesprochen wird (und das ganz ohne aufklärerischen Charakter). Oder weil man irgendwie auf Fragen nach der seltsam anmutenden Inneinrichtung reagieren muss, und es gelegentlich zielführender sein mag dem ganzen durch ein freundliches Gespräch vorzugreifen.
Auf der anderen Seite scheint es schwer nachvollziehbar, dass manche weder extrovertiert sind, noch ein wie auch immer geartetes Mitteilungsbedürfnis haben was ihre Sexualität angeht (nicht, dass das per se etwas schlechtes wäre - what ever floats your boat). Das bedeutet nun aber auch nicht, dass "solche" Leute verklemmt oder was auch immer wären, oder prinzipiell ein schlechtes Verhältnis zu ihrer Familie haben.
Zum Thema:
Weder meine Partnerin noch ich haben das Bedürfnis danach, unseren jeweiligen Eltern oder auch unserem Freundeskreis (oder in aller Regel irgendeinem Menschen) irgendetwas bezüglich unserer Sexualität, egal ob mit BDSM-Bezug oder nicht, zu erzählen. Es wird sich in Zukunft bei bestimmten Personen aber vermutlich nicht vermeiden lassen, sich doch zu outen, wenn auch zähneknirschend. Das hat den simplen Grund, dass wir irgendwann ein Eigenheim haben wollen, und dieses dann, wenn nicht in allen dann doch zumindest in mehreren Räumen, BDSM-tauglich gemacht werden wird. Wir beide wollen bei Bau und Einrichtung unseres Zuhauses keine Kompromisse eingehen, nur um eventuelle Konventionen oder Ansichten "fremder" Leute zu erfüllen. Andererseits wollen wir (auch jetzt in der studentischen zwei Zimmer Wohnung) nicht jedem Besuch unser Sexualleben aufs Auge drücken, weils erstens niemanden was angeht und es zweitens dem Besuch ebenso unangenehm sein könnte.
Wie wird es also vermutlich aussehen: Bestimmte Bereiche (mit eindeutiger Einrichtung) des zukünftigen Heims werden "nicht-öffentlich" zugänglich sein, wenn Besuch da ist, genauso wie es sich jetzt schon mit dem Schlafzimmer verhält. Nun wird sich aber jede denken können, dass irgendwer aus Familien- und Freundeskreis mal fragen wird, was da wohl ist hinter den (verschlossenen) verbotenen Türen, zumindest hinter jenen die nicht zum Schlafzimmer führen, weil das von den meisten wohl noch am ehesten als "privater Bereich" nachvollzogen werden kann. Verbote machen neugierig. Und hier wird eine wahreitsgetreue Antwort von uns kommen, in ihrer Schärfe davon abhängig wer das nun fragt (die konservativere Großmutter bekommt dann eher ein "das ist unser privater Bereich/Schlafzimmererweiterung", mein Vater dagegen reineren Wein dass es eben ein Spielzimmer sei - Details über die genauere Einrichtung oder die Benutzung wird aber auch er sicher nicht erzählt bekommen). Denn weder ich noch sie sehen ein, warum wir uns in unserem Zuhause verstecken und verstellen sollten, und wir wollen wie schon erwähnt in unserem Zuhause keine "faulen" Kompromisse bei der Einrichtung machen.
Es ist also absehbar, dass es für uns zukünftig einen gewissen "Redebedarf" in Sachen BDSM mit unseren Eltern geben wird. Eben weil diese das zukünftige Eigenheim einmal sehen und (vermutlich) besuchen werden wollen. Und selbst in den für Besuch "öffentlichen" Bereichen des Hauses wird es aller Wahrscheinlichkeit nach den ein oder anderen zur Frage anreizenden Gegenstand geben, seien es bestimmte Bilder, Befestigungsmöglichkeiten oder Wandschmuck. Auch hier wird es individuelle Amtworten auf Fragen geben. Wer dann damit ein Problem hat und uns deshalb veruteilt bis meidet, der war dann eben die längste Zeit Freund oder Familie. Oder kommt zumindest nicht mehr zu Besuch, sollte sich das Thema damit dann auch haben.
Ausserdem: Es soll vorkommen das Menschen vergessen Dinge wegzuräumen, die dann doch recht eindeutige Verwendungszwecke haben. Einfach weil es für sie alltägliche Gegenstände sind, die nicht nach Ende der Session direkt zurück in Schrank und Kiste landen. Auch wenn es uns bisher nicht passiert ist, wir machen jedes Mal wenn Besuch kommt eine letzte "Kontrollrunde" ob wir nciht doch etwas "Verräterisches" übersehen haben, und sei es "nur" ein SM-Buch mit sehr eindeutigem Titel.
Wozu der ganze Text? Ganz einfach. Es gibt eben auch Situationen, in denen man (weil etwa eine direkte Frage danach gestellt wurde) zu einer Sache Stellung beziehen MUSS. Nun kann man ausweichen oder eben auch nicht. Ich möchte das bei Freunden und Familie nicht tun müssen, wozu sind sie denn Freunde und Familie. Von wem wenn icht von diesen Menschen kann ich denn Verständnis, Respekt und Toleranz für mene Art zu Leben erwarten? Wird die Erklärung (und sei es nur das man die Bereiche als "Privat" bezeichnet) dann nicht akzeptiert dann wars das eben mit dem Kontakt zu der Person. Das kann aber speziell bei der eigenen Familie aber auch nicht jeder Mensch, vor allem nicht in unserem Alter.
Aus den selben Gründen würde ich aber, wie oben skizziert und abhängig vom jeweiligen Gegenüber, nie auf die Idee kommen irgendweilche Details zu erzählen, selbst wenn die Person höchstselbst BDSMler wäre - weil es etwas zutiefst privates ist, weil es für mich eine Sache des Respektes ist und weil man niemandes Toleranz überstrapazieren sollte.
mfG
Er