Aber die Frage ist doch dann, warum kannst Du Dich nicht fallen lassen?
Das ist doch genau das Problem.
Der Umstand, dass der Orgasmus als ein Qualitätskriterium für guten Sex gesehen wird, sowie, dass offenbar etwas mit einem nicht stimmt, wenn man keinen bekommt, baut einen Druck auf, der dem Fallenlassen entgegenwirkt.
Dass hierzu sogar sowas wie "Schuld"-Diskussionen geführt werden. Dass gesagt wird: Frauen MÜSSEN einen kriegen, die haben doch sogar mehr Nervenenden, und Männer schaffen das doch auch! Dass gesagt wird "wenn du keinen Orgasmus kriegst, dann hast du offenbar den falschen Partner, oder eine falsche Einstellung zu der Sache".
All diese Dinge bewirken, dass ein Druck aufgebaut wird, der dann tatsächlich das Lustempfinden auf Dauer beeinträchtigt.
Dabei besteht doch offenbar eine ziemlich breite Zustimmung zu der Ansicht, dass ein sexuelles Erlebnis nicht vom Orgasmus bestimmt wird, sondern von anderen Kriterien. Ich selber geniesse es natürlich, einen Orgasmus zu kriegen - aber nicht, wenn er zu früh kommt. Das finde ich eher schade, weil nämlich im Anschluss an einen solchen mein Lustempfinden wesentlich weniger intensiv ist als vorher.
Daher empfinde ich ein sexuelles Erlebnis, bei dem ich zu schnell komme, üblicherweise als weniger befriedigend und erinnernswert, als eines, das sich über viele Stunden erstreckt, bis ich im Anschluss einfach zu erschöpft für einen Orgasmus bin.
Bezüglich der Frage der Nervenenden...also, der Orgasmus ist ja schon was, was der Körper als Belohnung empfindet. Daher kann man sich diesen normalerweise auch "antrainieren" - allerdings setzt das voraus, dass die Stimulation dann immer auf dieselbe Weise erfolgt. Wie bei jeder Konditionierung.
Am leichtesten geht sowas im Do-it-yourself-Ansatz. Ich gehe mal davon aus (ohne das genauer untersucht zu haben, aber vielleicht kann es ja im Anschluss bestätigt oder dem widersprochen werden), dass man sich bei der Selbstbefriedigung weitestgehend auf dieselbe Weise stimuliert. Dieselbe Technik anwendet. Oder zumindest nicht jedesmal was Neues ausprobiert.
Beim Sex mit einem Partner dagegen lege ich eigentlich schon einen gewissen Wert auf Variabilität - was ich als lustvoller und interessanter empfindet, aber (glücklicherweise) halt auch den Orgasmus herauszögert oder ganz verhindert. Weil dieser bei mir nur bei ganz bestimmten Stimuli ausgelöst wird.
Legte ich tatsächlich Wert auf einen regelmässigen Orgasmus, würde ich mein Sexleben vermutlich als eher uninteressant und letztlich unbefriedigend empfinden.
Daher kann ich wirklich nur empfehlen, den Orgasmus als Qualitätskriterium einfach mal beiseitezulegen. Es kommt meiner Meinung nach wirklich nicht drauf an, ob man kommt. Weder beim Mann noch bei einer Frau.