Pokerface
Eine Band, 20 männliche Crewmitglieder und das Management wollten in Frankfurt ausgeführt werden. Keine einfache Aufgabe etwas Passendes für das Bergfest zu finden. Zumal es kein Offday war. Also kam kein Nobelitaliener in Frage, und einfach unter der Woche noch ein später Clubbesuch auf der Hanauer war auch keine sichere Option. Da es sich diesmal um eine reine Herrenrunde handelte, hatte ich eine Idee. Ich rief einen befreundeten Caterer an und bestellte ein Mitternachtsbuffet. Er kannte den die gewählte Location gut, er lieferte dorthin öfter – nur zu anderen Uhrzeiten. Er durfte sich Zeit lassen, wir würden nicht vor ein Uhr aufkreuzen.
Die Nightliner durften vor der Konzerthalle stehen bleiben, sie wären zu auffällig. Die ersten Großraumtaxis beförderten Band, Manager, die Bandbetreuer und mich zur ausgewählten Location. Die restliche Crew würde nach und nach dazu kommen, je nach Feierabend und was sie noch zusammenpacken mussten.
Ich hatte an dem Abend die letzten Kunden schnell aus der Halle befördern lassen, nur den Stand zusammen gepackt – die Abrechnung würde morgen Früh auf mich warten. Mein Kollege würde die Waren und den Stand im Truck verstauen. Ich duschte eilig und zog mich um. Enge schwarze Hose, enges schwarzes Shirt, kurze schwarze Lederjacke – schon ungewöhnlich viel Enges und Kurzes, normalerweise packe ich nicht so viel in die Auslage, wenn ich mit meinen Jungs auf Reisen bin. Haare föhnen, kleines Make up und zeitgleich traf ich mit der Band am Hinterausgang der Halle ein.
Der Bandbetreuer und der Manager wussten als einzige, was ich ausgesucht hatte. Sie waren mit der Frage nach einem Club an mich heran getreten, und von meiner Idee begeistert. Die Crew und die Band sollten überrascht werden. Ich hatte den Mund gehalten.
Die Taxifahrer kennen alle den Weg, es ging nach außerhalb. Nach einer halben Stunde bogen wir in eine Einfahrt und wurden durch die Schranke gelassen. Viele Lichterketten wiesen uns den Weg zum Haus. Ich grinste, als der Band klar wurde, wo ich sie hatte hinbringen lassen.
„Und du kommst mit?“, fragte einer erstaunt. „Klar, ist doch einer meiner Lieblingsläden. Ich darf sogar die Hausführung für euch machen.“, erwiderte ich.
An der Tür musste ich nicht klopfen. Sie öffnete sich und ich wurde von zwei Pranken gepackt, durch die Luft gedreht, gedrückt und sanft wieder auf den Boden gestellt. „Schön, dich mal wieder hier zu haben.“
Die Jungs folgten mir wie ein Knabenchor, es sah bestimmt witzig aus. Meine Rockers, ganz artig und still. Wir gingen an die Bar und Carmen begrüßte mich mit Küsschen. Sie hatten einen kleinen separaten Bereich für uns abgesperrt. Gemütliche Sofas und Clubsessel, kleine Tischchen mit Knabbereien und das leckere Essen im Hintergrund.
Die anderen Gäste nahmen uns wahr, überwiegend Geschäftsleute, wie üblich: Messegäste. Sie saßen an der Theke oder in Sesseln, sahen einer Poledance Tänzerin zu und ließen sich von den Mädels unterhalten.
Wen mein Anblick irritierte, verbarg es geschickt. Da ich herzlich begrüßt wurde und sich niemand an mir zu stören schien, war es wohl in Ordnung so.
Nach und nach kamen unsere anderen Gäste und strahlten. Ein Abend nach ihrem Geschmack. Sie waren erst erstaunt, weil striktes Groupieverbot verhängt worden war. Der eine oder andere hatte auch schon nachmittags gemotzt. Jetzt waren sich mal alle einig, nicht immer einfach bei so einer bunten Truppe.
Gutes Essen, freie Getränke, hübsche, leicht bekleidete Mädchen, Pools, Saunen, eine Tanzfläche und ganz viele Zimmer – ich hatte die Jungs ins Paradies gebracht.
Ich saß dazwischen und störte nicht, ich aß, trank und genoss, dass es allen gut ging. Wer wollte, verschwand auf ein Zimmer, was auf einer Tour geschieht, bleibt auf der Tour.
Später saß ich bei Carmen an der Theke und auch mein Caterer gesellte sich zu uns. Diese Dreierrunde haben wir oft. Wenn ich nach einem langen Konzertabend nochmal entspannen will, rufe ich kurz an, und wenn der Laden fast kundenleer ist, darf ich reinschauen. Dann habe ich Sauna und Whirlpool für mich, trinke noch einen Kaffee mit den Beiden, und bin fünf Minuten später zu Hause. Nettere Nachbarschaft kann man sich kaum wünschen, auch wenn der Ort es etwas anders sieht.
Dieser Abend nahm noch eine besondere Wendung. Kommt selten vor, aber manchmal trifft man Bekannte. Die Tür ging auf, und ein Agenturchef betrat mit seiner amerikanischen Kundschaft das Etablissement. Wir grinsten, als wir uns sahen. Beide wussten wir, dass wir den Laden gut kennen, noch nie waren wir hier aufeinander getroffen.
Er würde nie für Sex bezahlen. Hasste diese Art der Kundenbetreuung und hatte mir mal erzählt, er würde immer wie Falschgeld an der Theke sitzen und warten, bis man wieder ins Taxi durfte und die Bagage am Hotel abliefern konnte.
Heute freute er sich über Gesellschaft. Sein Kunde taxierte mich, verhandelte kurz mit einem Mädchen und verschwand. Meine Jungs brauchten mich auch nicht, sie sind immer froh, wenn ich nicht alles mitbekomme.
Ich saß jetzt im öffentlichen Bereich und bemerkte es zunächst gar nicht. Carmen stellte ein Glas vor meiner Nase ab, mit freundlichen Grüßen von dem Herrn dort hinten. Sie grinste und ich bekam große Augen. Sehr lustige Verwechslung.
Ich wollte ablehnen, aber sie schüttelte den Kopf. Diesen Herrn lehnt man nicht ab.
Der Ami hatte sich inzwischen wieder zu uns gesellt, und gespannt warteten wir, was nun geschehen würde. Ein Araber näherte sich und prostete mir zu. Als wäre es das normalste der Welt begann er mit mir in geschäftliche Verhandlungen zu treten.
Meine Freunde wollten eingreifen, aber Carmen hielt sie davon ab. Mit diebischer Freude sah sie zu, wie jetzt auch noch der Ami in die Verhandlungen einstieg. „Ich sei unerschwinglich für sie“, war kein schlagendes Argument. Es wurden die ersten Hunderter auf den Tisch gepackt.
Zu meiner Überraschung wurde es tatsächlich feucht in meiner Hose. Der Gedanke, es für Geld zu machen, war mir bisher nie gekommen, hatte aber etwas reizvolles, musste ich feststellen.
Eine attraktive Runde in der ich mich befand, ich glaube bei fetten schmierigen Kerlen wäre ich nicht ins Wanken gekommen. Mit dem Agenturchef hatte ich schon die eine oder andere schöne Nacht verbracht, er grinste einfach nur wissend und hielt sich raus.
Das Angebot erhöhte sich, wir waren bei ein paar Tausendern. Da waren die beiden richtigen Zocker aufeinander getroffen, beiden tat Geld nicht weh, aber der Verlust der Ehre. Ich schüttelte den Kopf: „Das reicht noch lange nicht, meine Herren.“ Sehr dreist und sehr erregend. Ich kannte ungefähr die Preise der Damen und war schon sehr weit darüber. Sollte ich wirklich?
Irgendwie war Carmen stolz auf mich. Wenige, die sich so unbeeindruckt zeigten. Sie ahnte wohl, wie heiß und kribbelig es sich in mir anfühlte. In einer anderen Situation, auf einer Afterworkparty z.B., wäre ich schon lange mit dem smarten Araber verschwunden, oder hätte eine weitere Nacht mit meinem Bekannten verbracht. Hier war eine andere Art von Spannung zu spüren, etwas Neues, sehr reizvolles und eine Überschreitung einer eigenen Grenze.
Ich schaute dem Araber fest in die Augen: „Für 70.000 komme ich mit.“
Was wurde aus dem Angebot?
Tja, wie ich schon weiter oben schrieb, was auf einer Tour geschieht, bleibt auch auf der Tour. Ihr ward nicht dabei? Wie schade für euch. Meine Jungs grinsen noch heute, nicht nur ich habe sie im Blick, sie haben auch immer ein Auge auf ihre Kleine.