• Was habt Ihr bereut? Was nicht?
• Welche Ängste / Hoffnungen haben sich bestätigt, welche nicht?
• Wie lange habt Ihr gebraucht von der ersten Idee bis zur Umsetzung
• Welche Relevanz haben/hatten für Euch die Aspekte Lebenszeit, Selbstwert, Gleichgewicht und Respekt?
• Wenn Ihr den Weg noch einmal gehen könntet, was würdet Ihr anders / genau so machen?
Freue mich auf Eure Erfahrungen und Erkenntnisse.
GreenEyesLove
Super interessantes Thema, spannende Fragen und die - eigentlich nicht überraschende, aber dennoch erstaunliche - Tatsache, dass dazu fast nur Frauen schreiben ... Jedenfalls vielen Dank, GreenEyesLove, toll!
Ich bin nicht nur als Mann hier 'Exot', sondern vielleicht auch im Verlauf eine noch nicht genannte Variante des Themas. Nach langen Jahren mit weniger werdendem und dann völlig verschwundenen Sexleben habe ich mich hier im Joy auf die Reise begeben. Mich langsam vom Schreiben übers neutrale Treffen an den tatsächlichen Schritt, Sex mit anderen Frauen zu haben, herangetastet.
Dabei eine einzigartige Geliebte gefunden. Irgendwann die Heimlichkeit nicht mehr ausgehalten - wobei klar war, dass meine Frau wusste, ich lebe mich aus, aber sie wollte nicht 'wissen'. Das Gespräch gesucht - meine Frau tief verletzt. Sie wollte weitermachen unter der Bedingung, dass ich mich sofort von der Geliebten löse.
Ich sah von ihrer Seite keine Bereitschaft, wirklich etwas zu ändern (das Gefühl hatte ich seit vielen Jahren) und ging. Zog mit der Geliebten zusammen. Der ganze Prozess mag seine fünf, sechs Jahre gedauert haben, vielleicht länger.
End of story?
Nein. Meine Frau und ich konnten erst nach dem Schritt wirklich reden. Zwei sehr tolle Gespräche bei Pro Familia brachten uns auf einen Weg. Die Kinder waren damals (vor zwei Jahren) schon so gut wie erwachsen, Besitz, um den sich zu streiten gelohnt hätte, gab es nicht. Wir begegneten uns neu und fanden einen Weg. Living apart together. Unsere Ehe besteht weiter als tiefe Freundschaft, Liebe und Partnerschaft mit gegenseitiger Unterstützung und Soldarität. Wir sind weiter Eltern. Wir sehen uns regelmäßig. Sexualität bleibt ausgeklammert. Ich lebe mit der früheren Geliebten eine sexuell erfüllte Liebe, bin aber aus beruflichen Gründen sehr viel weg. Unter der Woche sehen wir uns nie.
Ich bedaure, dass meine Frau und ich nicht früher wirklich offen gesprochen haben. Die Liebe war nicht einen Tag fort, aber der Sex hatte unter all den Alltagsbelastungen, den Zukunftssorgen und Kämpfen einfach den Geist aufgegeben. Wir hätten daran viel früher in aller Offenheit arbeiten sollen, aber konnten wohl beide nicht aus unserer Haut.
Ich bedaure den Schmerz, den die ganze Familie erst mal hatte.
Und ich bedaure die ungeheure Geduld, die meine Freundin bis heute aufbringen muss und die sie oft an den Rand bringt.
Ich bedaure nicht, dass es geschehen ist. Es war die einzige Möglichkeit, alles neu zu denken und zu planen. Alte Muster zu erkennen und weitereichende Entscheidungen zu treffen, die neue Perspektiven für uns alle eröffnen.
Es hat sich also bestätigt, dass es ein Weiterleben nach einer Trennung geben kann, was ich immer hoffte. Es hat sich bestätigt, dass ein Beziehungsgeflecht mit Liebe, Gemeinschaft und (auch) finanzieller gegenseitiger Stütze mit mehr als dem klassischen Paar/Familie funktionieren kann. Aber ich muss zugeben, dass es sehr oft sehr anstrengend ist, alles auszutarieren, alle zu ihrem Recht kommen zu lassen. Ich möchte nicht mehr in die klassische Zweierbeziehung zurück, wenn ich auch das Versprechen meiner Ehe nach wie vor ernst nehme.
Warum habe ich das so gemacht? Tatsächlich weil ich irgendwann unausweichlich empfand, dass mein Leben verrinnt. Dass ich den Gedanken nicht ertrage, im hohen Alter zu erkenne, dass ich meine Sexualität und Lust und die Erfüllung von Liebe in beiden irgendwann unrettbar verloren hatte und nichts dagegen getan habe. Ich war in der Beziehung immer glücklich. Ich finde, dass meine Frau eine einzigartige, großartige, starke und beeindruckende Frau ist. Meine Freundin ebenso. Aber ich kann und will nicht ohne Sex und ohne Sex mit Liebe leben.
Heute geht es mir sehr gut, wenn ich auch für mein Empfinden zu viel unterwegs bin zwischen Mittelpunkten meines Lebens. Aber das ist wohl der Preis. Ich hoffe für die Zukunft, dass dieses Konstrukt mit allen Beteiligten enger wird. Offener. Meine Frau hat keinen neuen Partner und bislang auch kein Interesse daran. Ich bin ihr so, wie es jetzt ist, genau die richtige Menge Partner und sie genießt das Für-Sich-Sein, wie viele der Frauen hier. Meine Freundin hätte gerne, dass ich ihr mehr Partner bin, als ich im Augenblick schaffe.
Was ich glaube ist, dass Alltag, Kindererziehung, Job, die Alten versorgen, Zukunft sichern und das lange Leben, das wir alle heute in der Regel führen dürfen, einfach zu viel sind für die klassische Paarbeziehung. Ich glaube, das könne wir alle gar nicht füreinander sein, nicht über so viele Jahre. Und da muss jeder Einzelne verantwortlich für sich und für das Ganze sein. Dafür zu sorgen, dass man glücklich ist, ist nicht sofort egoistisch. Es kann das Beste für die Beziehung sein, wenn alle anderen es auch schaffen und man sich dabei unterstützt.
Ich will, dass Du glücklich bist. Das ist vielleicht der wichtigste Vorsatz in der Liebe. Und ich sorge dafür, dass ich glücklich bin.