Long Love
Dazu fällt mir doch glatt eine Geschichte ein
viel Spaß beim Lesen.
1990 — Long Love
Viele junge Männer haben das Problem, dass sie, in ihren Augen aber auch in denen ihrer Partnerin, zu früh zum Orgasmus kommen. Ich meine damit nicht den „vorzeitigen Samenerguss“ als medizinische Diagnose, der meint, dass der Mann grundsätzlich noch außerhalb der Scheide ejakuliert und somit nicht zu einer echten Kohabitation in der Lage ist, ich meine viel mehr, die Situation, dass der Mann, so bald er in seine Liebhaberin eingedrungen ist, sich bewegt und sich nicht mehr beherrschen kann und einen Orgasmus mit Samenerguss bekommt. Je unerfahrener, desto größer kann das Problem für ihn werden, besonders, wenn die Angst davor das Problem noch einmal vergrößert.
Ich selbst spreche aus leidvoller Erfahrung und im Nachhinein betrachtet war das Problem für mich in der Regel größer, als für meine Partnerinnen aber das ahnte ich damals nicht, sondern ich liebte oft in der Angst, zu früh zu kommen. Allerdings ließ das Problem bei mir nach, sobald ich ein Zweites oder Drittes Mal mit der gleichen Frau Sex hatte, dann war ich sicher und entspannt genug aber beim ersten Mal war ich grundsätzlich nervös. Je wichtiger mir die Frau war, desto nervöser war ich, ich wollte auf gar keinen Fall einen schlechten Eindruck, was meine Fähigkeiten als Liebhaber anging, hinterlassen.
Anna war mir wichtig — sehr wichtig. Warum im Einzelnen, weiß ich nicht mehr, aber sie war und ist eine Traumfrau. Intelligent, attraktiv und mit einem naiven Charme, der einem vor Rührung die Tränen in die Augen treibt. Ich war hoffnungslos verliebt, später habe ich wegen ihr mit meiner langjährigen Freundin Schluss gemacht (dass heißt sie machte Schluss, denn sie hatte herausgefunden, dass ich mit Anna schlief) aber soweit sind wir ja noch gar nicht.
Kennen gelernt habe ich Anna durch eine Kollegin und der Anfang unserer Bekanntschaft war alles andere, als viel versprechend. Sie hat ein loses Mundwerk und spart nicht mit Spott, nicht böse gemeint zwar, aber ich bin empfindlich und meine Kollegin hat mir erzählt, Anna hätte gefragt, ob der „Kleine“, damit war ich gemeint, auch zu einem gemeinsamen Essen, für alle Kollegen und an einem bestimmten Projekt beteiligten Menschen, käme. Ich war natürlich tödlich beleidigt, da ich 1 Meter 74 messe und Anna nur unwesentlich größer ist.
Da ich sie schon vom Sehen so toll fand, war ich ein bisschen traurig, ich fand Anna wirklich überwältigend. Das Essen verlief harmonisch und ohne Komplikationen (meine Freundin war schließlich dabei) so beobachtete ich Anna nur von Ferne und ließ mir nichts anmerken. Sie stand oft im Mittelpunkt und fühlte sich dort ausgesprochen wohl. Wie hätte ich drauf kommen sollen, dass sie mich auch toll fand aber zu schüchtern war, es mir zu zeigen, abgesehen von der Anwesenheit meiner Freundin. Ich war schüchtern, sie war schüchtern, wie sollten wir eigentlich je zusammen kommen? Es war eine verzwickte Situation aber unsere Liebe zueinander und unsere Neugier aufeinander war einfach zu groß, um uns im Weg zu stehen, ich sprang über meinen Schatten und war nicht mehr beleidigt und unser erster gemeinsamer Abend kam unausweichlich.
Gerade in dieser Situation, erste Verabredung, verliebt, und eine schwierige Vorgeschichte, wurde die Versagensangst, nämlich zu früh zu kommen, in mir erst so richtig geweckt. Normalerweise onanierte ich am betreffenden Tag morgens und noch einmal kurz vor dem Treffen und musste mir danach kaum noch Sorgen machen, zu früh zu kommen. Aber Anna war etwas Besonderes, ich masturbierte morgens, wie gewöhnlich (eigentlich wie jeden Morgen) und freute mich jede Minute mehr auf unsere Verabredung.
Am Abend zuvor war ich in der Condomerie™ auf der Reeperbahn gewesen und hatte mir „Long Love“ besorgt, Gummis, die innen nicht nur spermizid, sondern auch mit einem Lokalanästhetikum beschichtet sind oder waren. Heute ist das nichts Besonderes mehr, ein ähnliches Kondom wird sogar im Radio beworben, 1993 steckte diese Erfindung wohl noch im Experimentierstadium. Ich hatte diese Gummis, die die Empfindsamkeit des Mannes deutlich mindern und somit längeren Geschlechtsverkehr ermöglichen, schon einmal erfolgreich getestet und war zuversichtlich, was den weiteren Verlauf des Abends anging. Bis ich den ersten Versuch machte, Anna näher zu kommen verging noch der halbe Abend, aber der Weg ist ja manchmal das Ziel.
Sie hatte eine androgyne Figur mit kleinen Brüsten und tolle Beine. So vorsichtig wir uns aneinander getastet hatten, so vorsichtig ging es jetzt weiter. Nicht dass wir nicht leidenschaftlich waren, sogar sehr aber, wenn das überhaupt geht, auf eine vorsichtige und herantastende Art und Weise. Und bei unserer ersten erotischen Begegnung wollte sich keiner von uns vor dem anderen eine Blöße geben (außer der der Nacktheit natürlich) und die auch nur zögernd. So kuschelten wir und streichelten uns lange, ich berührte sie ehrfurchtsvoll und verlangend zu gleich. Ich war sichtbar erregt, wie immer und als wir beide bereit waren, griff ich nach dem Kondom und riss die Packung auf.
Ich mag die Pause, die dabei entsteht überhaupt nicht und finde sie, je nach Liebhaberin, ärgerlich bis richtig gehend peinlich. Wenn mich die Frau dabei ansieht und mir zuschaut mag ich das gar nicht, heute gehts zum Glück, ich habe mich ein bisschen dran gewöhnen können. Aber damals trieb mir diese Situation, ich nestle fahrig an der Packung herum und rolle mir das nach Gummi stinkende Kondom über den erigierten Penis, regelmäßig die Schamesröte ins Gesicht. So natürlich auch jetzt und als es endlich vollbracht war flüchtete ich mich in eine Umarmung mit Anna um ihr nicht in die lachenden Augen sehen zu müssen.
Das Kondom fühlte sich an, wie beim letzten Mal auch, mein Penis wurde ein kleines bisschen taub, der „Long Love“ Effekt wirkte. Ich legte mich auf Anna, die mich nun ihrerseits ungeduldig erwartete und unter zu Hilfenahme einer Hand führte ich meinen Penis in sie ein. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen klinisch, das war es aber weiß Gott nicht. Wie immer beim ersten Mal war es überwältigend, ein völlig neues Gefühl, jedes Mal aufs Neue aufregend und süchtig machend.
Das erste Eindringen in den fremden, aufregenden und aufgeregten, weiblichen Körper. Sogar jetzt, während ich dies hier schreibe, ziehen an meinem inneren Auge diese Momente süßer Lust und Befriedigung vorbei. Ich begann nun damit, meinen Penis sanft rein und raus zu bewegen, wir umarmten einander in diesem Moment der ersten Lust, küssten uns und liebten uns zärtlich und behutsam. Hätte ich geahnt, was gleich passieren würde, ich hätte den ganzen romantischen Schmonzes gelassen und wäre schnurstracks dorthin gegangen, wo die Ekstase ist.
Sie sollten wissen, ich war damals ein anderer Mensch, als heute und noch sehr von der mütterlichen oder allgemein gemäßigt feministischen Erziehung geprägt. Ein paar Schlagworte dazu könnten lauten: Frauen sind sensible Wesen, die man mit Samthandschuhen anfassen soll. Zärtlichkeit und Romantik sind die wichtigsten Dinge beim Liebesspiel. Sex ohne Liebe ist für die Frau bestenfalls eine Rücksichtnahme auf den männlichen Trieb.
Lange Vaterlos aufgewachsen, nahm ich diese Doktrinen und dazu noch einige andere, viel zu lange für bare Münze. Unvorstellbar für mich, dass es Frauen gab, die einfach „gefickt werden“ wollten. Unvorstellbar ebenfalls die Tatsache, dass manche Frauen „den Schwanz einfach geil finden“ und ihn lecken wollen, ja sich sogar mit dem Sperma des Mannes bespritzen lassen möchten.
Das war alles unterste Schublade, Schund, Pornographie, so die gesellschaftliche Meinung, wie sie sich mir eingeprägt hatte und darstellte in den 80er und 90er Jahren. Dass es „die Frauen“ als homogene Gruppe in der von mir erwarteten Form nicht gab, das sollte mir erst viel später bewusst werden. Einstweilen war für mich also jede Frau mit der ich Sex hatte und die diesem Weltbild nicht entsprach ein Phänomen und auch ein bisschen, nicht unheimlich, aber sehr ungewöhnlich.
Lange Rede, kurzer Sinn, bei unserem Kuschelsex merkte ich, dass meine zu Anfang überbordende Erregung kontinuierlich abnahm in Einklang mit der Härte und Dicke meines Schwanzes. Was für mich nie ein Thema war, die Horrorvorstellung für den Mann schlechthin, der größte anzunehmende Unfall war eingetreten. Noch bevor Ralf König auch nur einen Strich gezeichnet hatte, war bei mir „Das Kondom des Grauens“ lächerliche Wirklichkeit geworden. Ausgerechnet bei meiner Traumfrau, bereit zu allem, fällt mitten im Liebesakt mein Penis in sich zusammen.
Ich konnte gerade noch mit einem beherzten Griff verhindern, dass das Gummi in ihrer Vagina stecken blieb, aber auf meinem Penis war es die längste Zeit gewesen. Anna hatte natürlich „Verständnis“ und betonte mehrfach, dass „es doch gar nicht so schlimm“ sei, machte es für mich dadurch nicht eben leichter, führte sie mir durch ihr Verständnis doch mein Versagen erst recht deutlich vor Augen. Mir selbst blieb nicht viel zu sagen, ich fürchtete, dass jede Begründung, die ich liefern konnte das ganze nur verschlimmern würde.
Zwar war mir bewusst, dass das Kondom in diesem Fall „schuld“ war, aber zum einen hatte ich selber Angst vor meinem Versagen bekommen (würde das vielleicht jetzt immer so sein?) und zum anderen hätte diese Ausrede mehr als billig geklungen, schließlich hätte ich ja dann die ganze Vorgeschichte mit erklären müssen. Dass ich immer Angst hatte zu früh zu kommen und so weiter und so fort. Das war natürlich unmöglich in unserer Situation, so souverän ist schätze ich wenige ein, dass einer das einfach wegsteckt und humorvoll nimmt. Wir streichelten uns in den Schlaf, der barmherzigerweise (für mich) nicht lange auf sich warten ließ.
Sonntag früh mir graut vor dir. Nicht grundsätzlich natürlich, aber als ich am Morgen die Augen aufschlug, wusste ich sofort, wo ich war und was am Abend zuvor vorgefallen war, mein letzter und erster Gedanke galt meinem Versagen. Ich fühlte mich mies und bildete mir ein, dass nur die beherzte Tat diese Scharte würde wettmachen können, keine Ausrede und sei sie noch so plausibel, hätte mich gerettet vor meiner Scham und der damit verbundenen Demütigung.
Ich begann also damit Anna zu streicheln und binnen Sekunden erhärtete sich nicht nur mein Verdacht, das Kondom sei an allem Schuld, sondern zum Glück auch mein Penis. Meine Erleichterung wird sich nur ein Mann vorstellen können. Meine einzigen Probleme waren jetzt, ein fehlendes Kondom und meine schlafenden Partnerin. Das Kondom war mir in dem Moment scheißegal und dass Anna noch schlief auch. Sie würde bestimmt rechtzeitig aufwachen. Meine Hand streichelte sie nun beharrlich und ich versuchte überall gleichzeitig zu sein.
Ich streichelte ihren flachen, warmen Bauch, die kleinen mädchenhaften Brustknospen und langsam kämpfte sie sich aus tiefstem Schlaf an die Oberfläche, konnte es wirklich sein, dass sie so schwer wach zu kriegen war? Ich legte meine Hand auf ihren Venushügel, kraulte ihr dunkelblondes Fell und bedeutete ihr mit den Fingern die Beine zu spreizen, was sie langsam und sehr zögerlich tat. Als ich mich auf sie legte, war sie immer noch nicht richtig wach aber ich war unterdessen so sehr erregt, dass ich nicht mehr warten wollte, im Hinterkopf hatte ich immer noch mein jämmerliches Versagen vom Vorabend.
Feucht genug war sie, schließlich liebkoste ich sie schon eine ganze Weile und diese rein vegetative Körperfunktion funktionierte anscheinend auch im Schlaf. Sie spürte mein Gewicht auf ihrem Körper und spreizte ihre Beine, als ich mich dazwischen legte. Mit einer Hand half ich jetzt meinem aufgeregten Penis in sie zu dringen, was mühelos gelang. Wir passten perfekt zusammen. Ich bewegte mich zuerst vorsichtig hin und her und als Anna zusehends wacher wurde und mitkriegte, was passierte wurde ich mutiger.
Ich drang tiefer ein und gab meinen zu Anfang sanften Stößen immer mehr Kraft. Anna konnte sich nicht richtig entschließen zu gähnen, weil sie durch meinen Rhythmus immer wieder davon abgebracht wurde. Schließleich gingen ihre kläglichen Versuche dazu in ein lustvolles Stöhnen über. Das stachelte mich an, ich fühlte fast körperlich, wie mir die Steine vom Herz purzelten, mein Penis war hart, blieb hart und würde hart bleiben, bis der Ritt zuende war. Ich lachte erleichtert auf und die Versagensangst war zwar nicht vergessen aber für diesen Moment zunichte gemacht worden.