2 | Die Frage aller P-Fragen. Was ist Porno?
Nicht zu toppen und unmöglich zu bändigen!
Euer Erfindungsreichtum ist anbetungswürdig, kennt keine Grenzen, schon gar keine sittenstrengen ,-)
Mir sprengte es mehrfach den Hüftgürtel vor Lachen und die fälschlich als „Stay-ups” bezeichneten Strümpfe rollten sich quasi von selbst der Schwerkraft entgegen, als ich Eure Kommentare seit „Porno-Mikes” zweitem Erguss noch einmal gelesen habe.
Und da kam „so einiges” mit erheblichem Unterhaltungswert sowie eine Fülle erstklassiger inhaltlicher Anregungen zusammen. Es wurde scharf geschossen und jedweder Kreativität freien Lauf gelassen – lediglich die „sex-positive Fickmap”, die sich wie von selbst aus der Koproduktion von shivaree, Grimsvoetn, Walhorn und meiner Geringfügigkeit ergab, müsste eine/r nun noch zeichnen.
Nebenbei habt Ihr subversives Geschick bewiesen und gezeigt, dass man mich offensichtlich gut hinters Licht und allerliebst eingefädelt auch in ein „Pokahl” führen kann (Danke noch mal herzlich).
Im Gegensatz zu Euch! Ihr lasst kaum etwas unbemerkt und habt schon fast pervers gute Anknüpfungspunkte zum Themen-Bondage geliefert – de facto müsste man ein ganz abgebrühter Maso sein, um da keine Inspirationserektion zu bekommen. Wenn ich nun nur einen Teil der KommenTiere noch mal loslassen und die entzückenden Nützlinge auch in ihrer Art auswert(schätz)en wollte, wird’s Zeit, denn es stapeln sich die Facettenäuglein und der von Euch hochkalorisch gefütterte thematische Zoo sieht in meinem Hirn schon aus wie ein gespickter Porno-Igel.
Also packen wir’s an und treiben den übermütigen P-Esel übers weite Pornoland.
Mann respektive Frau sind sich in überwiegender Mehrheit sicher, dass es sich bei diesen fleischhaltigen Lesehäppchen um pornöses Material handelt, wenngleich einem ins Auge springt, dass die Auffassung, was genau denn „Porno” sei, welche Funktion er erfüllt oder erfüllen soll und dann auch noch für wen, auch nach dem ersten Definitionsversuch höchst individuell gesehen wird. Wir dürfen uns demzufolge weiter Fragen stellen, bis hin zu den Genres, in denen pornografiert wird und uns gleich die ebenfalls nicht unwichtige Frage nach der Form vornehmen. Auch die Merkmale, die Pornografie als solche und innerhalb der speziellen Medien kennzeichnen, sind ertragreich und führen zu manchem erhellenden Gedanken.
Im ersten Teil zur Debatte um „Was ist Porno?” (Thread Seite 3) haben sich durch Eure Zuspielaktionen nach Story 1 zwei unabdingbare
PornoDeFinitionen herauskristallisiert:
PDF 1 | Es geht um Sex in einer plastischen, direkten und unverstellten (Darstellungs-)Form.
PDF 2 | Es muss geil sein. (Und soll gefälligst scharf machen).
Daran sei nur kurz erinnert, denn sie sind die Basis. Das jetzt – also alles nach Story 2 und 3 – gibt uns den Rest.
In jedem Fall, was etwaigen Definitionsbedarf anbetrifft.
Mehr noch: Mir fiel irgendwann beim Nachlesen auf, dass es wohl kaum kompakter geht, als über Eure hinreißenden, erzcoolen, überbordenden
(Und viel zu guten!) Titelfindungen einzusteigen. Das wollte ich zwar umschiffen, aber Ihr habt gerade in sie so viel Beitrag zum Thema gesteckt und sie sind so auf den Punkt, dass es Frevel wäre, derartige Perlen nicht noch mal aufleuchten zu lassen. Zumal es lässig möglich ist, alleine schon aus den Titelgewächsen im Kommentarspalier dem Themenkeimling einen Samenerguss für die weitergehende Frage nach den Merkmalen von „Porno” zu entlocken.
Werfen wir also einen Blick in des Themenkeimlings Wachstumsspalte:
oralia beginnt, düngt mit
94%-iger Lösung (also fast pur ,-) und legt fest, dass diese ins Kraut schießenden Miststückchen in die Textkategorie der „An.im.alyse” gehören.
Lucy7169 nennt derartig Unartiges „Bravour-Stücke”
(Der Fleischeslust? Schwänze gar?) Ein Hauptstädter,
Bonner321 ..., nee,
Berliner678, bedankt sich artig und formvollendet „für diesen Fick”.
(Endlich geschafft! Jemanden mit der [Tast.. Ah!]-Tour penetriert und fern-zervögelt! Irgendwer behauptet, es handele sich um „Erotik mit Stil”
(Langstielig? Sonst kann das eigentlich nur der zweite Teil von „Eis am Stiel” sein). Auch
Kea2012 ist nah am Film und assoziiert: „Großes Kino”.
Dreamstory ebenfalls, er meint, die TE
(= Textverbrecherin™) sei wohl „die Frau an der Camera der ‚scharfen’ Beobachtungen”
(Vermute eher: ein zweibeiniger Filmriss).
Zudem hält er diesen kleinen Porno-Horrorladen für einen „JOY-Report geiler Miniaturen”, alles sei sowieso „nur wirkliche Fiktion”
(Was für ein geniale Zuspitzung!) und eine „gefi**kt eingeschädelte Sozialreportage”. Und als sei dies nicht schon genug, setzt er noch die „Dienstleistung am unbescholtenen Bürger” oben drauf, quasi ein „sapiosexuelles Ereignis innerhalb der ansonsten kla_müden Erscheinungen”
(Schmeiß’ mich weg und ergänze ...) der Aufgüsse in irgendeiner Text
ila.
Daraufhin schlägt
shivaree zu und sagt, worum es in jedem Phall geht: Um einen „megapornösen Spaß”.
Roland_W49 hält in gewissem Sinne dagegen und stellt fest, dass so etwas für ihn keineswegs „Porno” sei, sondern in die Kategorie der „Essays” gehöre. Und
leahnah meint, die TErbrecherin könnte mal „Ordnung” ins pornöse Treiben bringen
(Wo ist er nur, der Rechen für solcherlei Verbrechen? Aber ist schon gut ... läääuft.) Freundlicherweise reicht in diesem Moment
Grimsvoetn den dringend benötigten Freifahrschein: „Willkommen im Porno-Club!”, bläst ins PHorn und pinselt uns, was es unbedingt ist als Wandtattoo: „Post-Porn”
(Der schlaue Fi.., ähm Fucks).
Auch
EllenTeeS fasst es knackig, an den Nüssen und konstatiert „blühende Pornosie”, wobei mir hier nicht nur besonders gefällt, dass es uns wieder nah an die Botanik-Metapher bringt, sondern dass es den – an den überdeutlichen Text- und Körperstellen – fast betäubenden (sinnenraubenden) Charakter des Eintauchens in derart „schweinisches Zeug” mit zum Klingen bringt.
Und schon sind sie angezeigt, die ersten Bergungsarbeiten aus dem Humus der von Euch ausgelegten KreaTiefen:
_ Gute Pornos und Sexszenen sind immersiv. Das heißt, sie ermöglichen ein „Eintauchen”. Man kann den Alltag, die eigene Realität für einen Moment hinter sich und sich auf ein sinnenraubendes, aufregendes oder zumindest „animierendes” sexuelles Erleben einlassen.
_ Mitnehmende Sexszenen laufen ab wie ein „Film”. Man kann eintauchen in (oder wie in) einen Film, sie abspielen lassen vor dem inneren Auge, sich in sie hinein begeben, sich ihnen hingeben. Man kann sich vorstellen, selbst an die Stelle der Akteure zu treten, mittendrin und „dabei” zu sein, das Geschehen selbst zu erleben, nachzuspüren ...
_ Pornos und Sexdarstellungen sind meist Idealisierungen. Geschönte Wirklichkeiten, perfektionierte Phantasien. Idealbilder, Schau- und „Bravourstücke” und auch mit solchen bestückt: mit BiggestDauerDicks und HyperSillyTitts. Oder eben, wie so treffend gesagt, es ist „alles nur wirkliche Fiktion”.
_ Sie haben Unterhaltungswert. Wie jedes Genre quer durch die Mediengattungen können sie die Funktion der „Ablenkung”, „Zerstreuung” übernehmen, stellen einen angenehmen „Zeitvertreib” dar
(entlarvende Begriffe ,-) und schlicht „megapornösen Spaß” machen.
_ Sie haben eine soziale Funktion. Zeigen oder illustrieren beispielhafte zwischenmenschliche Interaktion (oder eine Illusion davon), haben Modellcharakter, können Vorbildfunktionen übernehmen, Rollenbilder prägen. Sie können Klischees zementieren, Wirklichkeiten abbilden oder verzerren usw.
_ Sie können Impulse setzen. Anregungen und Inspirationen für das eigene Erleben geben. Die eigene Sicht und Realität erweitern, den Geist beflügeln, Möglichkeiten aufzeigen, das Empfindungsvermögen steigern, herauskitzeln, prägen, uns mit neuen oder andersartigen Stimuli versorgen ...
Und nicht zuletzt fällt auf:
_ Es gibt ein Abgrenzungsproblem von Pornografie, Erotik und Kunst.
Schauen wir weiter und wenn es sich nicht so brachial lohnen täte, würde ich Eure Titulierungen für mich als verursachender Pflanze schon dreimal nicht strapazieren. Aber da müssen wir auch noch durch, weil ...
(Rückt also besser Euren Lachsack zurecht. Und zwar jetzt!)
Weil's nämlich gleich zu Beginn knüppeldick kommt, denn der
olove, der Anschlag aller Wortfinder, schießt mit Schmackes „KommenTaTorin, geile Pressesprecherin, Erfinderin der Pornografity” aus der Hüfte, nennt mich auch noch furztrocken „Nyxenasshöschen”
(Menno! ,-) und „Luder”.
Und er stößt damit. Uns alle.
Mit der Nase auf satte fünf weitere Bemerkenswertigkeiten:
_ das Aushebeln der Schwerkraft, wenn es gut ist.
_ den „Graffiti”-Aspekt. Also die offen.sichtliche Zeichnung (oder bloße Wandschmiererei ,-) und damit auf einen der wesentlichsten Aspekte: Pornos sind plakativ und arbeiten mit Überzeichnung.
_ Der Autor, Filmer, Kunstschaffende, Täter ...
ist nur ein Medium. Ist Sprachrohr, macht sich zum Dompteur eines Phänomens, ist ein „Die-Zeit-Kommentierer” oder „Fühler” dessen, was
ist. Er kann nur ein (Selbst)Zeugnis ablegen und einen Ausschnitt der von ihm wahrgenommenen Realität zeigen.
_ Der Verursacher wird nahezu immer mit der Sache selbst gleichgesetzt: Nur ein „Luder” kann anständig ludern ,-) ...
_ Porno soll gefälligst scharf machen – lautet unsere zweite Pornodefinition. Dies gilt selbstverständlich zunächst für den pornografierenden Autor, auch in seiner Funktion als erster Rezipient
(Und wie er da so sitzt! In seinem angedichteten „Nasshöschen” ... Schon irgendwie nice ,-).
oh, love!!
Und nicht nur er. Seine Anreger werden von Euch allen schwer aufmunitioniert:
lynette zeigt mit der Peitsche auf die „Dompteuse Pornöse” und damit auf den Punkt der Weltverdichtung im (Mach)Werk, auf die Präsentation eines Ausschnittes der Wirklichkeit.
Walhorn haut „du durch sämtliche Pornokanäle genudelte Sprachakrobatin” raus und verweist damit auf eine unterstellte, angeblich breit angelegte Recherche und die Frage nach der Authentizität. Er wird assistiert von
FTC mit „versaute Pornomuse”,
nightman2016 mit „A-Nymphe” und, in Anlehnung an eine Selbstbezichtigung, die „Leererin”.
olove fragt sich wie man all „diese Lutscher zu solchen Geständnissen bringt” und
EllenTeeS macht das Bild rund und fügt der Vollständigkeit halber „Aufständerin” hinzu.
Marka002 wissen die interkulturellen wie kulinarischen Aspekte des Pornos stets zu schätzen und nehmen sich ein „versautes Cornetto fico!” zur
(Zitzenfrisbee)Brust.
oralia94 animiert ganz direkt und sagt „Ja, Baby, rammle Deine Tastatur!”. Sie schubst uns damit auf den Charakter des „Stellvertreters” – eine Rolle, die sowohl der Macher (Filmer, Autor), die „Machenden” (Akteure, Protagonisten) als auch das Machwerk einnehmen kann.
Ich staune selbst, wie viel da geradezu spielerisch und an den Vorlagen entlang wichsend (Nee, das hab' ich jetzt nicht wirklich gesagt) zusammenkommt. Und noch sind wir nicht durch, es geht munter weiter:
fusionsreaktor lässt mit „Mistress of PornPoetry” und
Kamasutra2016 mit „Queen of Porn Literature” noch eine weitere These aufblitzen
(Mal abgesehen davon, dass das deutlich zuviel der Ehre ist!! Und zwar von Euch allen, auch denjenigen, deren Zitate noch folgen). Sie verweisen darauf, dass
_ Pornografisches nur ein spezifischer Inhalt ist (!), der in jedem Genre und in jeder Mediengattung seinen Ausdruck finden kann. (Und verstärken damit den Gedanken, dass es ein > Abgrenzungsproblem von Pornografie, Erotik und Kunst gibt).
Roland_W49 malt einen „gigantischen Gang-Bang seit Erfindung der Schrift” in den Himmel und zeigt damit schon auf den herkunftsgeschichtlichen Aspekt und natürlich auch auf zwei unübersehbare, dem Inhalt innewohnende Eigenschaften:
_ Pornos kennzeichnet in der Regel eine gewisse Maß- und immer Hemmungslosigkeit.
Aphroditee steigt tief mit ein in die Geschichte, erinnert an „Seschat”, die altägyptische Schreiberin, und „Nisaba”, die babylonische Göttin der Schreibkunst
(Und Tochter des Anus nebenbei. Eine End.deckung, die mir zumindest einen zusätzlichen Einlauf in Sachen Vergnügen beschert). Aber Haltung Leute! Denn nun kommt noch ein besonders schönes Beispiel für den Umstand, dass es sich immer lohnt, auch hinterrücks in die Geschichte eines Phänomens einzufallen und eine weitere These erlaubt ist:
_ Das Phänomen „Porno” ist nur schwer ohne seine Herkunft und Bedeutung in unterschiedlichen Zeiten, Gesellschaftsformen und Kulturen fassbar.
IntoTheWild63 legt das ebenfalls nah, indem sie die „Marquise de Nyx-Merteuil” in (viel zu!) goldenen Lettern herausgibt. Diese verehrte und ominöse
Marquise de Merteuill ist einem Hauptwerk der französischen Literatur des 18. Jhdts entsprungen: Den „Gefährlichen Liebschaften” von
Choderlos de Laclos.
|*1
Ein skandalumwogtes Sittengemälde des ausgehenden Ancien régime und ein vierbändiger Briefroman, der 1782 beim zeitgenössischen Publikum einen ebenso großen Skandal wie Erfolg nach sich zog und bis zur Französischen Revolution gleich mehrfach aufgelegt werden musste. Außerdem wurde er kaum ein Jahr nach seinem Erscheinen flugs ins Deutsche übertragen
(Wir Gierhälse, geschichtlich bedingt also ,-). Es gibt berühmte Übersetzungen (Heinrich Mann, Franz Blei ... ) und diverse Medienübertragungen: Theaterstücke wie „Quartett” von Heiner Müller; neun Verfilmungen, z.B. von Stephen Frears, 1988 (mit Glenn Glose, John Malkovich ...) und so weiter.
Bis heute gilt „Gefährliche Liebschaften” als ein erotisches (wahlweise auch pornografisches ,-) Schlüsselwerk und ist eine ebenso kundige wie präzise Studie über Sex als Mittel der Manipulation und des Spiels um Macht.
Damit sind wir mit dem Einkreisen des Themas schon ganz schön weit gekommen, wobei Ihr natürlich nicht nur geniale Genre-Titel und Tendenz-Namen vergeben, sondern auch eine Vielzahl inhaltlicher und weit tragender Aussagen gemacht habt.
Aber gemach und der Reihe nach, denn zunächst steht nämlich noch der Versuch der weiteren Beantwortung von Grundsatzfragen an und
Roland_W49 war so nett, sie kompakt zu stellen:
[1] Was, bzw. wann ist etwas Porno?
Anhand eines beliebigen Beispiels: Wenn man Menschen zuschaut, die dem Genuss der Liebe verfallen sind?
Ist es dann auch Porno, wenn man im Restaurant den Leuten beim leckeren Essen zuschaut?
[2] Gibt es ein kultur-/moralneutrales „Porno”?
[3] Wer bestimmt, was „Porno” ist?
[4] Seit wann gibt es eigentlich diese merkwürdige Begriffsdefinition?
Von hinten aufgezäumt und ohne zu lexikalisch werden zu wollen: Die Begrifflichkeit ist tatsächlich alt und bereits seit der Antike bekannt. Sie setzt sich aus dem altgriechischen Wort „pórne” (Hure) sowie „gráphein” (schreiben) zusammen. Als der älteste (und nachweislich „Pornograph”) Genannte, gilt der Grammatiker Athenaios, der in seinem „Gastmahl des Gelehrten” einen Philosophen mit willigen Frauen durch Tavernen ziehen und dabei voller Lebensklugheit über Prostituierte und deren Tätigkeit sinnieren lässt.
Andererseits ist der Begriff „Pornographie” relativ jung, denn er erscheint überhaupt erst wieder ab dem 18. Jahrhundert auf der Bildfläche und wird um die Mitte des 19. so deutlich wahrgenommen, dass er in der Folge in den allgemeinen Sprachschatz Einzug hält.
Er erlangte seine Bedeutung als Bezeichnung für die sexuell aufreizenden und in der Tat sehr deutlichen Wandmalereien und Inschriften, die großangelegte Ausgrabungsarbeiten um 1860 in Pompeji zutage förderten. Die zeitgenössischen Vertreter der Wissenschaft, der Behörden und der Kirchen reagierten auf die Fundstücke aus der Antike mit alarmierter Aufmerksamkeit und Rufen von „fabulös” bis „skandalös”
(Letzteres überwog deutlich, wie wir uns denken können ,-): Sie fürchteten um die öffentliche Moral, bekäme ein breites Publikum diese Fresken, Plastiken, Inschriften und Graffiti zu Gesicht.
Also besser nahezu alle sexgeladenen Zeugnisse des römischen Lebens um Christi Geburt wegsperren, in musealen Kellern bunkern, mit Gips zukleistern oder Metallkästen um sie herum bauen. Und einiges davon wird tatsächlich sehr lange erfolgreich unter Verschluss gehalten werden können – so wird es bis ins Jahr 1998 dauern, bis zum Beispiel eine Öllampe in Form eines überlebensgroßen Penis’
(Ein zum Beölen scharfes Teil) allgemein zugänglich ist.
|*2
Auch die Inhalte der zahlreichen Graffitis an den Wänden der um die 100 inzwischen belegten Bordelle Pompejis werden uns lange vorenthalten: Sie sind erst seit 2014 und dank der Arbeit eines Hamburger Altphilologen herzeig- und zitierbar.
(Festhalten!)
„Wer ficken will, frage nach Attike, die kostet 16 Asse” (Das entsprach dem Doppelten eines durchschnittlichen Tageslohns) oder andersrum und ganz im Sinne der Gleichberechtigung: „Maritimus leckt dir die Möse für vier Asse”.
Auch Angebote für Homosexuelle beiderlei Geschlechts waren selbstverständlich: „Cosmus, Sklave von Equitia. Er ist eine Riesenschwuchtel und bläst Schwänze mit geöffneten Schenkeln.”
|*3
Sozialhistoriker haben übrigens für diese frappierende Freizügigkeit, wie sie für Pompeji um 79 n. Chr. belegt ist, eine plausible Erklärung: Sex war in der römischen Antike eine allgegenwärtige und inflationäre Ware. Tödliche Geschlechtskrankheiten wie die Syphilis waren unbekannt, die Ehe vor allem eine geschäftliche Angelegenheit. Und Sex eine Form alltäglicher Unterhaltung.
(Hab’ da jetzt so ein Bild vor mir ...
eines real existierenden, hyperaktiven JOYclubus maximus)
Aber es geht erstmal halbwegs gesittet weiter und um die Sittlichkeit:
Gibt es ein kultur-/moralneutrales „Porno”?
Da der für die Funde von Pompeji benutzte Begriff bis heute der maßgebliche ist, steht die Definition (mit der ich „neulich” als Textfoto schon herumfuchtelte) im Wesentlichen:
PDF 3 | Pornografie ist die explizite Darstellung sexueller Aktivitäten, wenn sowohl der Geschlechtsverkehr als auch die Geschlechtsorgane in aller Offenheit gezeigt werden.
Damit haben wir die wertneutrale Variante.
Leider ist dies – wie so oft – nur eine Seite der Medaille, denn jede Kultur, jede Gesellschaft verfügt über einen Wertekanon, ein ethisch-moralisches Korsett. Wesentlich ist, wie ein Phänomen in einer Gesellschaft wahrgenommen wird und in deren Handlungsethik eingebettet ist. (Und das wird heutzutage durch Recht und Gesetz festgelegt).
Wer bestimmt, was „Porno” ist?
Hier lässt sich auch die Frage 1 (Was, bzw. wann ist etwas Porno?) gleich mit beantworten: Was und wann etwas als „Pornografie” gilt, bestimmt die Gesellschaft mit ihren Akteuren und ihren jeweiligen Moralvorstellungen.
Jede Definition kann nur die jeweiligen Normen und Werte einer Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit widerspiegeln und weder endgültig noch eindeutig bestimmt werden.
Das trifft logischerweise in besonderem Maße auf Fakten und Umstände zu, die „die Sitten berührende Belange” darstellen.
Noch 1905 definiert das Oxford English Dictionary „Pornografie” als „eine Beschreibung von Prostituierten oder Prostitution als Angelegenheit der öffentlichen Hygiene” und bis 1969 unterliegen „unzüchtige Schriften” nach dem deutschen Strafrecht einem „Verbreitungsverbot”. (Dies wird in der Folge eingeschränkt aufgehoben: Die Verbreitung von Pornografie ist erlaubt, wenn nachweislich nur Erwachsene erreicht werden).
Vier Jahre später, im Zuge der Strafrechtsreform, wird in § 184 StGB, des Strafgesetzbuches, der Begriff „unzüchtig” durch „pornografisch” ersetzt und rechtlich definiert, unter welchen Bedingungen „Schriften, Ton- und Bildträger als pornografisch einzustufen” sind.
Bis heute wird in der deutschen Rechtsprechung regelmäßig dieser Definition des BGH von 1969 und des OLG Düsseldorf aus dem Jahr 1974 gefolgt:
PDF 4 | „Pornografie” liegt vor, wenn ...
> Sexualität vergröbernd, aufdringlich, übersteigert und anreißerisch dargestellt wird.
> (...) Menschen zum bloßen auswechselbaren Objekt der Begierde degradiert werden.
> die Grenzen des sittlichen Anstandes, die nach allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogen werden, eindeutig überschritten werden.” |*4
Das ist die rechtskonforme und moralisch aufgeladene Variante.
Auffällig ist, dass derartige Rechtsbegriffe und Definitionen weder eindeutig sind noch wirklich für Klarheit sorgen. Sie werden immer wieder neu zur Auslegungssache oder zum Verhandlungsgegenstand für eine Gesellschaft.
Amüsanterweise lässt sich hierzu in der Jugendsprache in deren neuerer Entwicklung ein maximaler Kontrast beobachten (Wir hatten es schon mal beiläufig):
Sie benutzt den Begriff „porno” geradezu in Auslegungsüberbreite und – man kann sogar sagen demonstrativ – „wertpositiv”. Damit ist sie nah an Rolands provokanter Eingangsfrage, ob es denn auch „porno” sei, wenn man im Restaurant den Leuten beim Genuss leckeren Essens zuschaue. Aus Youngster-Perspektive ist man sich da einig: Lustvolles Futtern ist sogar voll porno ,-).
Unterm Strich – und international betrachtet – bestehen derzeit zwei hauptsächliche Rechtsauffassungen: Das vollständige Verbot des Faktums „Pornografie” oder eine eingeschränkte Freigabe an altersdefinierte Erwachsene. Es gilt durchgängig Jugendschutz, Kinderpornografie ist strafbar. (In einigen Ländern sind zusätzlich die Darstellung sexueller Gewalt und sogenannte „Tierpornos” verboten).
Ein schöner Fund von Satz kann den rechtlichen Part abschließen, denke ich. Er stammt aus einem aktuellen Ratgeber der Schweizerischen Kriminalprävention:
„Was pornografisch ist, entscheidet im Zweifelsfall der Richter!”
|*5
Zur Entspannung nach so viel fucking Faktenzeug kann nun nicht mehr viel an Masse kommen, aber ein paar klasse Spezies aus dem allgemeinen kreatürlichen Kreationskabinett gehen hoffentlich noch durch und dürfen uns ins Gesicht springen:
Mixed Porn Pickles ...
oder was Porno in jedem Phall ist – außer herzhaft, gut gewürzt; weder zu süß, noch zu sauer:
„Schwanz, Brüste, Arsch, Saft” und Punkt, sagt
conbrio. Und „selbst wenn diese Sprache für einen Schreiber schnell langweilig wird ..., für den Leser bleibt die Wirkung von Reizworten erhalten! Leugnen hilft nicht.”
Dreamstory weiß das auch. Es sind „Beobachtungen in jenem schmuddeligen Bereich der lustigen Gelüste, in deren Sprache sich der Glanz und das Elend des Animalisch-menschlichem bricht.”
(Das hat er sauschön gesagt). Darauf
olove, der mit Wortwasser Getaufte, aus dem Off:
„Slipgloss und Unterhosiannah!”
Nun muss selbst
TibiDog das Lesen unterbrechen, weil ihn der „SÜD” ereilt, der gefürchtete gemeine „SamenÜberDruck”.
roterstern69 hilft aus dem Stand und rät: „behutsam an die harten Realitäten ... herantasten” und
katsche69 pfeift das Liedchen: „Wenn Dirty-Talk auf Po-esie trifft ...”.
Währenddessen
silberfish ein probates Rezept fürs Pornoschreiben entdeckt hat und es netterweise für uns einkocht: Einfach „wendig ... ‚normale’ Dinge in ein pornöses Licht stellen”.
vikingabalg ist dabei, denn er kennt die Messlatte jedweden guten Geschmacks, outet sich als einer aus der Fraktion der geheimen Porno-Physiker unter uns und bringt die Versuchsanordnung auf den Punkt: „Eine Erektion ist das Ehrlichste” an Reaktion.
Und die bitteschön „gekoppelt an hochpotente geistige Ejektion” vermittelt
nightman2016 nebenbei das Leib-Seele-Problem.
fusionsreaktor ruft unbeirrt „Lattensyndrom!” dazwischen und
Lucy7169 stellt klar, dass es erst dann „geil geschrieben” ist, wenn „es einem nicht mehr aus dem Köpfchen will” und nimmt sich damit der Eindringlichkeit an.
TheHidden sieht das auch so und gibt eine weitere Voraussetzung für einen berechtigten Verdacht auf funktionsfähigen Porno preis, die „hintervotzige Freude am Spiel mit Klischees”.
Kea2012 ergänzt um eine dritte: „Die Figuren bis ins Detail liebevoll und kontrastreich zeichnen”. Rein zufällig hat
oralia94 ein Beispiel hierfür zur Hand: „Wer da keine Bilder im Kopf hat, muss tot sein.” Und: „Mikey-Boy, die Wichserwutz mit der Hose auf Halbmast ist mein Held. Er hat meinen Tag gerettet!”
(Merke: Porno kann Leben retten! Okay, nicht ganz, aber Tage. Auch sehr geil! ,-)
Gwen05 hat das letzte Wort und sagt es für mich mit: „Eine köstlich poppige Runde hat sich hier versammelt.”
Voll, oder!?
Ich danke Euch!
Für so viel Input, Einsatz, Herzblut für ein „Schmuddelthema”
(FTC)
| Phörnchen, ausnahmsweise und natürlich nur weil Feiertag ist „Nyxenass, das Nyxenaas, mit Euch macht Porno richtig Spaaaß” ... trällernd
_
Solltet Ihr hier und heute nun aufgrund schon bestehender, geradezu bedrohlicher Überlänge Eure noch nicht mutwillig, aber liebevoll verdrehten (und wertvollen!) Gedanken vermissen – ich werde mich weiter bemühen, sie thematisch sinnig mit einzuflechten.
Gebt mir dafür bitte einfach Zeit; kein wesentlich erscheinender Aspekt geht verloren, er muss nur an die richtige Stelle und in eine erträgliche Menge an Informationen und Gedanken ...
poppen ,-).
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1 | Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos: Les Liaisons dangereuses (Gefährliche Liebschaften), Paris. Chez Durand Neveu, 1782. 4 Bände.
2 | u.a. Die Welt. Geschichte. Florian Stark: Wie die Römer die Pornografie erfanden. 15.01.2015
3 | Cornelius Hartz: Skandalon! – Skandale und Aufreger rund um die Antike. Theiss Verlag, 2014
4 | BGH 1969, 1990, 2014 / OLG Düsseldorf 1974 / Karlsruhe 1986 / Regulierungen des Intimen: Sexualität und Recht im modernen Staat / Anja Schmidt: Pornographiebegriff in der gegenwärtigen Rechtsprechung
5 | Schweizerische Kriminalprävention 12.2016: Pornografie – Alles was Recht ist
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