Ich wollte mir eigentlich den gesamten Thread durchlesen, aber einerseits ist er mittlerweile furchtbar lang und andererseits weiß ich nach dem Zurückblättern der letzten Seiten kaum noch, um was es jetzt geht, sodass ich lieber einfach auf den Eingangspost eingehe.
****sEN:
Mir würden ab und an Zärtlichkeiten reichen, aber bei ihm muss es immer in Sex enden, auch wenn ich einfach nur kuscheln möchte, bzw. einfach nur Nähe brauche.
Ich fühle mich sehr an die ersten Jahre meiner eigenen Beziehung erinnert. Ich habe bis Mitte letzten Jahres angenommen, asexuell zu sein, weil ich seit ich denken kann keinerlei Interesse an Sex hatte und mich nie sexuell zu jemanden hingezogen gefühlt habe. Ich habe das starke Bedürfnis meines Freundes nach Sex nie verstanden und neigte dazu, ihn in die Schublade "Männer wollen immer nur ficken" zu stecken.
Mittlerweile ist mir aber klar, dass Sex für viele, eigentlich für die meisten Männer, durchaus ein sehr wichtiger Ausdruck von Zuneigung und Liebe ist. Die wollen nicht immer "nur Sex". Sie wollen begehren und begehrt werden. Selbst wenn er noch nicht aufgekeimt ist, sollte man sich dennoch direkt von dem Gedanken verabschieden, dass Männer nur Sex wollen, weil sie geil sind und der Sexpartner für sie austauschbar wäre. Ich bin ziemlich sicher, dass dein Mann Sex mit dir will, weil er dich liebt und dich begehrt.
Auch mir hat kuscheln jahrelang gereicht und ich war von den sexuellen Avancen meines Freundes zum Teil nur noch genervt. Aber je mehr ich ihn abgewehrt habe, desto frustrierter wurde er und das nicht einfach, weil er keinen Sex bekam, sondern weil er keinen Sex von MIR bekam. Für ihn fühlte es sich so an, als würde ich ihn nicht mehr begehren. Ich denke, es ist ganz wichtig zu verstehen, wie gut einem Sex mit jemandem tun kann, den man liebt, und wie furchtbar es sein kann, wenn man das Gefühl hat, der eigene Partner will einen nicht mehr.
Deswegen würde ich dieses "bei ihm muss es immer in Sex enden" nicht negativ werten, denn wo dich Zärtlichkeiten und Nähe emotional erfüllen und Zugehörigkeit erzeugen, ist es bei deinem Mann vielleicht (auch) der Sex. Da Menschen ihre innigste Zuneigung zu jemandem unterschiedlich zum Ausdruck bringen und auch unterschiedlich spüren, ist es für mich ganz wichtig, bei allem, was nichts mit Zahlen zu tun hat, nicht aufzurechnen. Das heißt, ich fange nicht damit an zu sagen, dass das, was mir reicht, auch meinem Partner reichen muss, oder umgekehrt.
Bei uns war es so, dass mein Freund sich generell mehr Nähe gewünscht hat (er ist um einiges romantischer als ich und ich bin ein sozialer Stümper und sehr introvertiert), also habe ich damit angefangen, ihn oft im Vorbeigehen zu umarmen, einfach so, ihm kleine Küsse auf die Wange zu geben, ihm über den Rücken zu streicheln, etc. Kleine Zärtlichkeiten in den Alltag einbauen. Beim Sex war es so, dass anfangs jede Berührung meinerseits bei ihm direkt dazu geführt hat, dass er auf "Sex" eingestellt war, einfach weil er so "ausgehungert" war. Im Nachhinein kann ich das sehr gut nachvollziehen. Da musste erst eine Desensibilisierung stattfinden.
Ich habe ihm öfter physisch gezeigt, dass ich ihn liebe, und er hat sich dafür damit angefreundet, dass ich als introvertierter Mensch hin und wieder einfach meine sozialen Batterien aufladen muss und absolut allein sein will, ohne dass man ständig an mir rumfummelt. Das alles ging aber - Klassiker - nur mit Reden. Und auch mit ein wenig Kompromissbereitschaft. Was meiner Libido übrigens auch sehr hilft, ist regelmäßiges Masturbieren. Früher habe ich das überhaupt nicht gemacht, mittlerweile mache ich es ziemlich häufig. In gewisser Weise habe ich mich dadurch selbst konditioniert, öfter Lust zu empfinden.
****sEN:
Nun sagt er, wenn er auf meine Bedürfnisse eingeht, dann soll ich es auch tun. So weit, so gut. Sein "Bedürfnis" ist aber Sex mit einer anderen Frau zu haben und neues auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln.
Ehrlich gesagt ist Quid pro Quo von meiner Seite aus nicht "gut", weil das individuelle Bedürfnisse ignoriert. Zum Beispiel hatte ich überhaupt kein Problem mit der Tatsache, dass mein Freund während unserer Beziehung andere Frauen hatte und mit einer auch öfter Sex hatte. Er hat aber mittlerweile ein ziemliches Problem mit dem Gedanken, ich könnte mit einem anderen Mann schlafen.
Ich habe keine Probleme mit dem Gedanken, mein Freund könnte eine Freundschaft+ oder sogar eine zweite Freundin haben, also polyamor leben. Mein Freund wiederum fürchtet sich vor dem Gedanken, ich könnte mit jemandem regelmäßig Sex haben, mit dem ich auch noch sehr gut befreundet bin.
Nur weil er Sex mit einer anderen Frau hatte, oder generell mehr Sexpartner hatte als ich, verlange ich von ihm nicht, mir das jetzt ebenfalls zuzugestehen. Ich muss mich damit auseinandersetzen, dass wir unterschiedlich fühlen und unterschiedliche Ängste haben. Ja, ich WILL mit anderen Männern schlafen, unbedingt sogar, aber zumindest aktuell nicht so sehr, dass ich dabei auf irgendeine krude "Gerechtigkeit" poche, oder seine Gefühle herunterspiele.
In eurer Situation ist es aber auch so, dass dein Bedürfnis sich innerhalb der Beziehung abspielte, sein Bedürfnis sich aber auf etwas außerhalb der Beziehung konzentriert und ich würde sagen, für die meisten ist das ein ziemlich großer Unterschied.
Ja, in Beziehungen sollte man die Bedürfnisse des Partners unbedingt wahrnehmen und so gut es geht darauf eingehen. Man muss aber nicht alles wahllos absegnen, wenn man sich damit total unwohl fühlt. Persönlich bin ich aber auch der Meinung, dass Sex mit Personen außerhalb der Beziehung primär eine Ergänzung sein sollte, keine Flucht (wobei ich durchaus auch Fälle kenne, wo diese "Flucht" funktioniert und die Partnerschaft bereichert, oder sogar gerettet hat. Das ist aber meines Erachtens nicht die Norm).
Wenn man also mit dem Sexleben innerhalb der Beziehung unzufrieden ist, wird das Sexleben innerhalb der Beziehung meist nicht plötzlich besser, nur weil man Sex außerhalb der Beziehung hat. Außer es macht einen superscharf, wenn der Partner mit anderen vögelt, oder man strengt sich selbst mehr an, etc. Keine Ahnung, sowas gibt's ja auch. Von meiner Seite aus ist es so, dass es mich tatsächlich anstachelt, wenn mein Freund Sex mit anderen Frauen hat, oder ihm eine andere gefällt. Einerseits finde ich es positiv, weil ich einfach nicht alle seine Bedürfnisse befriedigen kann und so eine Menge Stress für mich rausfällt, andererseits bemühe ich mich dann immer mehr, seine Nummer 1 zu bleiben und das macht mir sogar Spaß. Alle gewinnen.
Trotzdem verlange ich keine "ausgleichende Gerechtigkeit". Soweit ich das verstehe, hat euch der härtere Sex beiden gefallen. Auch der Sex mit Menschen außerhalb der Beziehung sollte euch beiden gefallen.
****sEN:
Mein Problem dabei ist aber, dass ich Angst habe, dass er sich dort genau das holt, was er bei mir nicht bekommt und mich dann irgendwann verlässt... Ich habe meine Ängste dazu auch angesprochen, aber so richtig versteht er mich glaub ich nicht. Er sagt zwar, dass ich keine Angst haben bräuchte, aber er gibt mir aber auch nicht das Gefühl, dass ich die Frau wäre, die er liebt.
Zum einen finde ich es nicht schlimm, sich woanders etwas zu holen, was zu Hause nicht möglich ist. Ich denke, dass Menschen sich selbst und anderen viel zu viel Druck machen, wenn sie glauben, ihr Partner müsse all ihre Bedürfnisse befriedigen und man selbst müsse seinem Partner von vorne bis hinten "genügen". Man kann nicht alle Bedürfnisse eines Menschen decken, zumindest nicht zu 100% und das ist auch gar nicht schlimm. Das vorauszusetzen oder zu verlangen ist dagegen sehr unfair, denn dabei kann man nur verlieren.
Beispiel:
Ich sehne mich nach einem Ausgleich von meinem stressigen Alltag und könnte mir dabei sehr gut vorstellen, eine D/s Spielbeziehung mit jemandem einzugehen. Das ist etwas, das ich nicht mit meinem Partner tun könnte. Zum einen ist er gar nicht der Typ "Dom", den ich dafür brauche und das weiß er auch selbst. Das ist einfach nicht sein Ding. Zum anderen könnte ich das sehr wahrscheinlich nie mit jemandem machen, den ich liebe und mit dem ich eine Beziehung führe, weil ich es eben
außerhalb meines Alltags leben will. Ich will das strikt trennen.
Mein Freund wiederum sehnt sich hin und wieder nach Momenten, in denen es so richtig kitschig-albern wird und die Frau ihn von vorne bis hinten verwöhnt und er der große Zampalo ist. Pornös darf es dann zum Schluss auch werden.
Dafür bin
ich aber wiederum nicht der Typ, das haben wir ausprobiert. Für mich wäre es absolut kein Problem, wenn er sich für solche Momente eine andere Frau suchen würde, die ihm genau das gibt, was er möchte und braucht. Ja, ich denke, das wäre sogar produktiv und gesund.
Wenn man Sex mit einem anderen Menschen hat, heißt das ja nicht, dass man den gleich heiraten will. Klar findet man andere Menschen heiß, klar will man vielleicht hin und wieder mal jemand anderen vögeln, aber das bedeutet nicht, dass man bei der erstbesten Gelegenheit mit jemand anderem durchbrennt, nur weil man guten Sex hatte, oder einen hübsche Äuglein angeblinzelt haben.
Wenn du sagst, er gibt dir nicht das Gefühl, die Frau zu sein, die er liebt, dann rede doch mal ganz konkret mit ihm darüber, was genau dir da fehlt und warum es womöglich mit dem Vertrauen hapert. Vielleicht weiß er gar nicht, dass es etwas gibt, das er tun könnte, damit du dich besser fühlst.
****sEN:
Ich weiß, dass er gerne mehr Sex möchte und auch abwechslungsreicher. Um es abwechslungsreicher zu gestalten waren wir letztes Jahr einmal in einem Swinger Club. So schlimm wie ich es mir vorgestellt habe, war es gar nicht.
Was spricht dagegen, das eventuell zu wiederholen, sobald euer kleiner Zwerg da ist und du dich erstmal erholt hast? Wenn ihr Möglichkeiten habt, die Kinder hin und wieder mal für einen Tag jemand anderem "unterzujubeln", könnt ihr das doch weiterhin ausprobieren.
****sEN:
Deshalb meine Frage an euch: Würdet ihr eurem Partner diesen Wunsch erfüllen oder ist es eher ein No-Go? Habt ihr sonst noch Tipps um die Beziehung generell wieder aufleben zu lassen?
Vo meiner Seite aus ist es so, dass ich meinem Partner generell nicht verbiete will, mit anderen Menschen zu schlafen. Einzige Voraussetzung, auf die ich rigoros poche, ist, dass er sich schützt. Immer und immer und immer. Kriege ich mit, dass er jemanden ohne Lümmeltüte vögelt, wäre die Kacke aber am dampfen.
Zum anderen möchte ich aber natürlich auch nicht, dass sich das negativ auf unsere Beziehung auswirkt. Ich möchte nach wie vor, dass sich der Hauptteil unserer Sexualität innerhalb der Beziehung abspielt, außer ich gehöre zu denen, die selten Sex wollen und die es nicht stört, wenn sich der Partner dafür anderswo austobt. Ich möchte aber nicht, dass dadurch die Beziehung/Familie vernachlässigt wird.
Ich kann nur immer wieder wiederholen, wie wichtig gemeinsame Aktivitäten sind - als Familie und als Paar. Wir machen fast jedes Wochenende als Familie einen Ausflug. In den Zoo, ins Aquarium, ins Schwimmbad, in die Kletterhalle, zum Minigolf, zum Abenteuerspielplatz, etc. Wir bringen unsere Tochter aber auch regelmäßig zu ihren Großeltern und haben dann Zeit ganz für uns allein.
Wenn es von den Arbeitszeiten her klappt, oder wir mal unter der Woche frei haben, nutzen wir die Zeit aber auch, in der das Kind in der KiTa ist, und gehen Essen oder ins Kino. Diese gemeinsamen Aktivitäten halte ich für immens wichtig. Sex ist nicht alles, aber er ist in der Regel sehr wichtig.