Ich glaube es sind zwei wichtige Fragen zu unterscheiden, die im Anfangspost zusammen fließen:
1. Markiert die Öffnung einer Beziehung den Anfang vom Ende dieser Beziehung?
und
2. Führt die Öffnung einer Beziehung zum Ende der Beziehung?
Beide Fragen sind sich ähnlich, qualitativ aber extrem verschieden.
Zu 1.)
Ich bin tatsächlich der Meinung, dass die Öffnung einer bis dahin geschlossenen Beziehung oft als Rettungsversuch für eine bereits fehlschlagende Beziehung in Erwägung gezogen wird. Vergleichbar mit dem Versuch ein kaputtes Netz zu "reparieren" indem man die Löcher zu weiten Maschen umdeutet.
Auch wenn die Öffnung der Beziehung in diesem Fall eher nicht der Anfang vom Ende war, ist es in solchen Fällen wahrscheinlich das einfachste "Symptom", auf das man rückblickend zeigen kann. Vor allem dann, wenn die Öffnungsinitiative asymmetrisch war, also von einer Seite forciert wurde.
Zu 2.)
Die einfache Antwort ist: Nein. Eine stabile Beziehung scheitert nicht an der Öffnung, unabhängig davon ob die Öffnung selbst scheitert. Natürlich ist jede Änderung der Beziehungsvereinbarung eine Belastung für die Beziehung; aber das gilt eben für JEDE explizite (zB die Öffnung, eine Eheschließung) oder implizite (zB Kinder, Unfall, schw. Krankheit) Änderung der Beziehungsvereinbarung.
Im Rückblick werden diejenigen, deren scheiterende Beziehung eine Öffnung beinhaltete geneigt sein, auf diese als offensichtlichen Bruchpunkt zu zeigen, weil es einfach ist und etwas scheinbar intuitiveres als "unsere allgemeinen Interesse haben uns in verschiedene Richtungen geführt".
In den meisten Fällen wären diese Beziehungen aber auch ohne die Öffnung gescheitert. Und ein Fakt des Lebens ist: Die große Mehrheit aller menschlichen (und speziell romatischen) Beziehungen ist nicht von Dauer.
Ehen scheitern, Monogame Beziehungen scheitern, offene Beziehungen scheitern, polyamore Beziehungen scheitern (und ich mache in diesem Fall mal keinen Unterschied zwischen "scheitern" und "enden", obwohl es auch darüber viel zu sagen gibt) und auch wenn die meisten ein bestimmtes Ereignis für das Ende ihrer Beziehung verantwortlich machen werden, ist es in der überwältigenden Mehrheit ein Prozess, in dem dieses Ereignis nur den ersten oder größten sichtbaren Bruch darstellt.
Sei es nun eine Beziehungsöffnung, ein Seitensprung, durchzechte Nächte mit Freunden, die Hochzeit oder die Geburt eines Kindes.