„Eigentlich“
******_wi:
Im Grunde halte ich die gelebte Praxis in der Gastronomie für falsch: Geringes Gehalt mit selbstverständlichen Trinkgeld, von dem sogar das Finanzamt ausgeht und profitieren will.
Ist Trinkgeld allgemein und die Niedriglöhne in der Wirtschaft (pun intended!) hier nicht das Thema!
Warum zahlt man da nicht gleich einen angemessenen Preis und streicht dafür den Trinkgeld-"Zwang"? Wenn mich ein schlecht bezahlter Callcenter-Mensch wirklich gut bedient, würde ich nie auf die Idee kommen, mit Gedanken zu machen, wie ich dem jetzt was zukommen lassen kann. Am Ende würde sich der Aufwand für das Bisschen dann auch nicht wirklich lohnen. Aber eigentlich ist das auch eine arme Sau am Telefon.
Es gibt keinen Zwang, da niemand den Pfennigfuchser, der die Rechnung auf den Cent genau abgezählt bezahlt, belangt. Ein Trinkgeld durchs zu geben, dürfte auch etwas schwierig sein.
Und die Ungerechtigkeit zwischen der sexy zurecht gemachten Studentin, die sich zwar keine Bestellung merken kann, aber dennoch mit mehr Trinkgeld heim geht als der seit 25 Jahren dort arbeitende Kollege, wäre dann auch von Tisch.
Die gibt es schon lange nicht mehr, da die Trinkgelder aller in eine gemeinsame Kasse fließen, die dann am Ende des Abends geteilt wird.
Unsere Deutsche Mentalität von Präzision verlangt feste Preise und kein Gefeilsche; wir verhandeln im Supermarkt nicht die Preise und auch auf dem Wochenmarkt nicht. Genausowenig wollen wir unformulierte zusätzliche Verpflichtungen, wo wir selbst definieren müssen, wie viel angemessen sei.
Tja, mit „Deutscher Mentalität“ kann ich mich sowieso nicht anfreunden.
Und ich feilsche gerne.
Was ist schwer daran, zu bestimmen, was angemessen ist?
Aufrunden!
Oder
Bei mäßiger Zufriedenheit # 5-10 Prozent vom Rechnungsbetrag
Bei großer mehr
Und wer wirklich angefressen ist wegen schlechter Bedienung zählt den Betrag genau ab.
Selbst im Öffentlichen Dienst haben wir von unseren zufriedenen Kunden, die wissen, dass die unter hohem Stress arbeitenden unter uns Nervennahrung brauchen, kleine in Form von Schokolade oder Gummibärchen bekommen.
Ganz abgesehen von all dem: In kleinen Clubs, wo man sich die Getränke selbst nimmt, geht es am Schnellsten. Die Betreiber schauen nach dem Rechten, richten Handtücher, etc. Im Number One z.B. gibt es nur die Putzfrau am Morgen danach und den Steuerberater. Da stellt sich das Thema gar nicht. Obwohl... Die Putzfrau bekommt sicher auch nicht viel und ist im Club immer sehr wichtig. Trinkgeld? Fehlanzeige.
Ihr bringt immer wieder das zu vernachlässigende Beispiel eures kleinen Clubs; die meisten werden aber größere Clubs besuchen mit dienstbaren Geistern im Vorder- und Hintergrund.