Das wirft für mich eine andere (zum Thema passende) Frage auf. Können Arbeitslose überhaupt "Mitten im Leben stehen"? Sie werden ja quasi sozial zwangsisoliert (Geld reicht zum Leben aber nicht für soziale Teilhabe), aber können ihr (einfaches) Leben dennoch im Griff haben...
Jeder, der mal die Arbeitslosigkeit kennengelernt hat, weiss, wie schwierig so ein Leben sein kann, keine Frage. Egal, ob Geld oder soziale Ausgrenzung. Auch ich habe (gottseidank nur temporär) diese Zeit durchmachen müssen.
Wichtig ist für mich aber gewesen, mich da selber wieder herauszukämpfen. Die Hilfe vom Amt in Form von Stellenvorschlägen, Bewerbungstrainings, Coachings usw. habe ich zwar mitgenommen....letztendlich war mir aber immer klar, dass ich einen Job nur durch Eigeninitiative bekommen kann.
Statt 6 auferlegten Bewerbungen im Monat habe ich rund 20 geschrieben, fast alle initiativ....zusätzlich vorab Anfragen per Telefon und Mail. Insgesamt waren es in 8 Monaten 253 Kontakte, die ich generiert hatte, rund ein Viertel davon führte zu Vorstellungsgesprächen und letztendlich war er da: der Job, der mich jetzt wieder glücklich macht, der mich ernährt und mit dem ich mich auch wieder in meinem sozialen Umfeld wohlfühle.
Hätte ich mich nur alleine aufs Amt verlassen, würde ich heute noch vor mich herdümpeln und rumjammern.
"Mitten im Leben stehen" stehen bedeutet für mich:
1.aktiv zu leben...sein Leben selbst zu gestalten....das Schöne geniessen....Irrungen und Wirrungen zu akzeptieren und sie systematisch wieder anzugehen, bis sie sich wieder für mich in Zufriedenheit umwandeln.....Hilfe und Unterstützung annehmen wenn es brennt und nicht in die Opferrolle verfallen....
2. die Vergangenheit als Teil von mir zu akzeptieren, mich mit ihr auszusöhnen und Trauer abzuschliessen...aus Fehlern lernen...Menschen, die mir nicht guttaten, nicht zu verfluchen sondern sie als Teil meiner Vergangenheit anzuerkennen - mich dann aber auch von ihnen verabschieden.....nicht immer mit aller Gewalt festhalten, sondern loslassen können
3. meine Zukunft aktiv zu gestalten...mit einer gewissen Gelassenheit, die ich mit 20 noch nicht gehabt habe. Dinge einfach auch mal so annehmen, wie sie gerade sind und für mich überlegen, ob der Zustand so gut ist oder geändert werden muss - durch mich, nicht durch Andere.
Werde ich unglücklich oder unzufrieden, dann darf ich ruhig in mich hineinspüren, warum das gerade so ist und mich auch mal in Langeweile oder Lethargie suhlen....wichtig ist mir aber, diesen Zustand auch selbst wieder zu beenden und zwar aktiv als Täter...offen sein für das, was noch kommt, egal ob Glück oder Leid - und dann Beides annehmen.
"Mitten im Leben stehen": mittendrin sein in dem, was man Leben/leben nennt. Das heisst für mich noch lange nicht, dass immer alles positiv ist. Auch Leid ( z.B. Tod eines Angehörigen oder Arbeitslosigkeit ) gehören dazu. Die Frage ist nur: wie komme ich da wieder raus und wer kann mir unter Umständen dabei helfen, bis ich meinen gewünschten "Zustand" wieder erreicht habe.