Stirbt die anspruchsvolle männliche Dominanz aus?
Ist anspruchsvolle männliche Dominanz vom Aussterben bedroht?Ich stoße zum Teil in den Profilen devoter Frauen auf diese Aussage, zum Teil ist sie auch die Quintessenz einiger Begegnungen, die ich selbst hatte, und zwar jeweils mit (biografisch mindestens zeitweise) beruflich selbständigen (nicht angestellten) Frauen in meiner eigenen Alterskohorte. Diese Begegnungen waren eigentlich alle "nett", aber beiden war anschließend eigentlich klar, dass daraus keine D/s-Beziehung werden kann - weil undefinierte, aber spürbare Komponenten von Dominanz fehlten.
Nun könnte man natürlich auf die Psychologie zurückfallen und sagen: ok mein Herr, das liegt halt an Ihnen, da fehlt Ihnen wohl einfach etwas, aber mein Eindruck ist inzwischen, dass das Problem dahinter sowohl bei Männern wie auch bei Frauen über Psychologie hinausgeht. Ich bin mittlerweile zu der Schlussfolgerung gekommen, dass nicht so sehr die entsprechenden Männer vom Aussterben bedroht sind, sondern dass die betreffenden Frauen sozusagen selbst der Mann sind, dem sie sich gerne unterwerfen würden.
Auch damit meine ich jetzt nicht eine psychologische "Vermännlichung" der Frau, sondern den Umstand, dass diese Frauen auf einem Level der Emanzipation und Selbständigkeit angekommen sind, der sich durch keinen männlichen Erfolg (es sei denn vielleicht durch die Handvoll amerikanischer Multimilliardäre oder russischer Oligarchen, also die "ökonomisch echten" Mr. Greys) mehr toppen lässt. Idealerweise wären diese Frauen nun selber dominant, aber wenn sie devote Neigungen haben, wird es fast schon tragisch. Das würde dann heißen, dass in die psychologische Dominanzwirkung eben auch eine gesellschaftlich überlegene Stellung des Mannes eingeht (im Goldenen Zeitalter der marxistischen Theorien hätte man das wohl ein "objektives gesellschaftliches Verhältnis" genannt), und je mehr Frauen damit gleichziehen, desto weniger fällt dieser Anteil ins Gewicht.
Auch bei verbreiteten Texten wie der "Geschichte der O" und natürlich "Shades of Grey" hatte ich schon früher den Eindruck, dass beide literarische Konstruktionen unter anderem dadurch funktionieren, dass die gesellschaftliche Stellung der Frau entweder ausgeklammert wird (die O) oder aber die Frau als Aschenputtel definiert wird (Ana Steele). Unverzichtbar ist aber offenbar jeweils das französische Elitenmilieu, von dem "Roissy" getragen wird, und der Multimilliardär Grey.
Das führt mich zu der Folgerung: nein, die betreffende männliche Dominanz stirbt nicht aus, sie ist aber quantitativ nicht mehr in der Lage, die steigende Nachfrage von immer mehr Frauen zu decken, die keinen Christian Grey mehr benötigen, um die Rolle des Aschenputtels zu verlassen - aber dennoch devot empfinden.
Was meint das Forum? Trifft die Beobachtung zu? Und wie könnte da (sofern es überhaupt eine gibt) eine "Lösung" aussehen?