Wille, Absicht, Motivation
Auch wenn es gegen die Herangehensweise, des einfach mal machen, verstößt, antworte ich hier doch mal. Denn hier berühren wir etwas, über das wir streiten, seit wir erziehen. Es berührt, wie du selber schon dargelegt hast, intrisische und extrinsische Motivation. Am Ende führt die Frage zur genetischen oder sozialen Prägung. Kurz: In ihrer jeweiligen Absolutheit immer falsch.
Wo kommen die Triebe her? Wo kommt unser Wille her? Ich möchte jetzt gar nicht auf die verschiedenen philosophischen Richtungen eingehen, sondern versuchen so nah wie möglich an der eigentlichen Frage zu bleiben. Trotzdem entschuldige ich mich schon mal für den sehr akademischen und intellektuellen Beitrag.
Klären wir doch erst einmal, ob es überhaupt erfolgreich sein kann, wenn man konditioniert oder gar manipuliert wird. Kann Hypnose funktionieren, wenn ich es denn gar nicht will? Kann ich manipuliert werden, ohne, dass ich es merke? Kann mein Wille auf ein Ziel gelenkt werden, ohne dass ich etwas davon merke? Das sind schwierige Fragen. Aber nach bisherigem Wissen muss man sie alle mit Ja beantworten. Das sagt sicher nichts über den Grad aus, aber wir sind nicht so souverän oder gar isoliert, unseren Willen unabhängig von (also auch nicht in Abgrenzung zu) unserem Umfeld zu entwickeln.
Bleiben wir mal bei dem Ursprung unseres Willens. Ist er uns angeboren? Oder entwickelt er sich erst in unserer Kindheit? Die heutige Forschung geht davon aus, dass wir bis etwa zum 8./9. Lebensjahr hauptsächlich Beziehungslerner sind. Sprich: wir lernen das, was unsere Bezugspersonen für wichtig halten, uns vorleben und uns zeigen. Und selbstverständlich haben die Beziehungspersonen einen erheblichen Einfluss darauf, wie wir uns entwickeln, was wir gut finden, wie sich unser Charakter und auch unser Wille formt. Jetzt kann man aber auch während dieser Zeit Trotzphasen, Babygeschrei und klare Willensbekundungen von Kindern erleben. Beziehungslernen bedeutet ja aber nicht, dass da kleine Maschinen sitzen, die alles machen was man von ihnen will. Nein, es sind Kinder. Und auch Nein-Sagen, einen Willen haben und durchsetzen wollen geübt und ausprobiert werden. Und ein vierjähriges Kind, dass erstmal zu allem Nein sagt, bis es merkt: Och doch, das könnte ja ganz gut für mich sein, erlebt zum ersten Mal welche Macht in dieser Ablehnung steckt. Charakter und Wille formen sich.
Klar, das nimmt mit zunehmendem Alter ab. Es gibt sicher Menschen, die einfach nur noch sagen, dass man sie gefälligst mit all dem Gesülze in Frieden lassen solle. Sie probieren das eben einfach aus, dann merken sie schon, ob es ihnen gefällt. Aber nur weil man das nicht reflektiert, heißt es ja noch lange nicht, dass es intrinsisch ist. Häufig wird damit aber nur gemeint, ob wir Druck verwenden, um jemanden zum Lernen zu Bewegen, sei es der Rohrstock oder die Prämienreglung. Das wird als extrinsisch angesehen. Also, etwas an dass wir uns aufgrund äußerer Reize anpassen. Das hält wirklich meist nicht, oder der Druck muss immer weiter erhöht werden. Motivation und Begeisterung für etwas in jemandem zu wecken, ist aber mitnichten extrinsisch. Klar, der Reiz kommt auch von außen, er wird aber verinnerlicht, erreicht die eigene Neugier, wird zum eigenen Interesse.
Das ist aber nur der Weg der Lehre. Also wie wird der Masochismus konditioniert? Wird dafür Begeisterung geweckt? Wird der körperliche Reiz mit Lust erfolgreich verbunden? Oder muss die Lust intrinsisch, vielleicht sogar genetisch auf unser Denken geprägt sein und kann nur entdeckt werden? Jetzt bin ich schon wieder vom Willen weg. Wir sind doch alle selbstständige Individuuen, die sich selber für oder gegen etwas entscheiden können. Sind wir das? Sind wir nicht viel mehr durch unsere Erfahrungen in der Vergangenheit und die Möglichkeiten in der Gegewart und die Aussichten in der Zukunft determiniert? Vielleicht mit ein paar Gewürzen (Genen) für Veranlagung und Triebe?
In genau diesem Spannungsfeld diskutieren wir hier. Entscheiden die Gewürze (Gene), ob und wie ein Mensch dazu gebracht werden kann, dass er oder sie Lust aus Schmerz und Qual empfindet, oder ist es das soziale Umfeld und damit natürlich auch die innere Einstellung, die determinieren, ob es gelingt. Zum Beispiel, ob eine Frau, die sich in einen Sadisten verliebt hat, behutsam dazu gebracht werden kann, Lust an dieser Form der Sexualität zu entwickeln, einfach weil sie ihn liebt und für ihn die nötige Offenheit mitbringt. Wo ist da jetzt der Wille? Sie hasst den Schmerz vielleicht und will den eigentlich nicht erleben. Macht es aber ihm zuliebe. Ist das jetzt ihr Wille? Oder ist er es als soziales Umfeld, der ihre Bereitschaft erzeugt?
Schwierig. Wirklich beantworten kann die Frage abschließend niemand, unsere Meinungen dazu austauschen können wir aber.