Dieser Auszug aus einer Dissertation trifft es ganz gut für mich,
Einsamkeit und Vereinsamung gehören zu den großen Tabuthemen
westlicher Konsumgesellschaften, in denen Kontakt- und Lebensfreude
demonstrativ zur Schau gestellt wird.
Über Einsamkeitsgefühle wird hingegen
geschwiegen, da sie nicht in das gängige Sollbild der sozialfähigen und
sozialkompetenten Person passen.
Es bewegt sich der
Mensch in den modernen Gesellschaften damit als Fremder unter Fremden.
Dies bietet zwar neue Kontaktchancen zwischen Generationen und
Geschlechtern, Land- und Stadtbevölkerung, ist jedoch bereichernd und
belastend zugleich.
Da Menschen ihr Verhalten an Normen und Werten orientieren, die in Form von
Rollenerwartungen an sie heran getragen werden, sind sie nicht ohne weiteres
jedem (neuen) Kontakt zugänglich. Es bestehen Verhaltensunsicherheiten, die
einen zwanglosen Kontakt zur neuen sozialen Umgebung behindern.
Insbesondere im Zeitalter der Globalisierung mit all seinen Möglichkeiten wird
vom Individuum eine flexible und sofortige Umorientierung abverlangt, die
vielfach überfordert. Indikator dafür ist, dass der Anteil der Menschen, die
über innere Vereinsamung klagen und sich als Fremde unter Fremden und
Fremdem fühlen, stetig anwächst. Jeder dritte Bundesbürger fühlt sich in
zwangloser Freizeitgeselligkeit unwohl und sehr allein. Wie hoch die
Dunkelziffer ist, lässt sich nur erahnen.
Einsamkeit ist somit keineswegs ein Übergangsproblem, ebenso wenig wie
Anomie, Entwurzelung, Sinnverlust und Kontaktunfähigkeit.
Beinhaltet Einsamkeit eine soziale Dimension?
Auf den ersten Blick ist das soziale Ausmaß des Einsamkeitsphänomens kaum
zu erkennen. Bei genauer Betrachtung wird jedoch sichtbar, dass die Sozialität
der Einsamkeit sich auf soziale Beziehungen bezieht und daraus folgend auch
auf die gesamte Gesellschaft. Auf der Mikroebene gelten Defizite in den
sozialen Netzwerken einer Person als Einsamkeitsursache. Auf Makroebene
prägen gesellschaftliche Strukturbedingungen und die Verteilung materieller
Ressourcen das Einsamkeitserleben.
Einsamkeit entsteht nicht nur in Beziehungen zwischen Menschen, sie entfaltet
sich auch in ihnen. Sie kann den Verlauf der Beziehungen maßgeblich
beeinflussen und wird in ihnen erfahren und gelebt, aber auch bewältigt und
überwunden.
Einsamkeitsgefühle treten in der anonymen Masse ebenso auf, wie in der
vertrauten Gemeinschaft. Einsamkeit muss folglich stets in einem sozialen
Kontext gesehen werden, da sich in ihr zahlreiche soziale Aspekte bündeln und
sie sich stets auf soziale Beziehungen bezieht.
Des Weiteren geht Einsamkeit stets mit einem negativen Selbstbild und einem
Gefühl der Minderwertigkeit einher. Der Betroffene empfindet Gefühle der
Unzulänglichkeit und meint für seinen Zustand selbst verantwortlich zu sein.
Einerseits fühlt die Person sich nicht in der Lage mit anderen zusammen zu
sein und unfähig in Kontakt zu treten. Andererseits leidet sie darunter, dass
niemand sich um sie kümmert.
Dies führt in den Kreislauf eines Mangels an Selbstachtung und der
Schuldgefühle. Insbesondere, wenn bereits zahlreiche Versuche unternommen
wurden, das Einsamkeitsgefühl durch Teilhabe an der Gesellschaft zu
überwinden, die Bemühungen jedoch gescheitert sind, kann dies zu weiterem
Rückzug und Isolation führen. Schuldgefühle sowie Selbstzweifel werden sich
dazu noch verstärken. In gewisser Weise empfindet der einsame Mensch sich
dann als nicht gesellschaftsfähig. Einsam zu sein beinhaltet damit das
subjektive Empfinden nicht „richtig“ zu sein.
Ich finde diese Aussagen sehr treffend, sind auch meine Wahrnehmungen,
und beantwortet die Frage vom TE recht gut.
Wo liegen meine Anteile darin? Sich ''einsam'' bekennend ist verpönt, richtig, habe ich selber schon erlebt,
Einsamkeit wird Stigmatisiert, genauso wie sich ''suchend'' bekennend, das ist doch ein Psycho, der/die hat doch ein Problem,
aber auch Einsamkeit in einer Beziehung, wer erkennt sich da nicht?
Andersrum, historisch gesehen, sagen nicht wenige, das geniale Werke der Menschheit nicht ohne Einsamkeit entstanden wären, zb Bilder, literarische Werke.