Einsamkeit ist, wie bereits geschrieben wurde, nichts, das sich einfach abschütteln ließe, indem man „einfach nicht mehr einsam ist“. So leicht geht’s leider nicht.
Aber andersherum kann man als Außenstehender auch absolut gar nichts tun, wenn der Betroffene sich in seiner Opferrolle ein bisschen zu wohl fühlt.
Und der Punkt ist für mich durchaus entscheidend, weil ich heute das Gefühl habe, dass es immer normaler und anerkannter wird, wenn sich Menschen in ihrer Opferrolle ausruhen - gerade junge Menschen.
Für alles ist ein anderer verantwortlich und man selbst plötzlich für gar nichts mehr. Und wehe jemand versucht, einen aus der Komfortzone zu locken. Ne, ne, heute sind wir alle unheilbar krank. Dick sein ist ne unheilbare Krankheit, arbeitslos sein auch und einsam zu sein eben genauso.
Verantwortlich dafür ist wer oder was anderes (z. B. die bösen sozialen Medien) und ändern soll das bitte auch wer anderes.
Dass die Welt so nicht funktioniert, frustriert und bestätigt einen umso mehr in der Opferrolle. Ein ziemlich schwieriger Teufelskreis.
Ich glaube, dass das auch daran liegt, dass wir einerseits zwar in einer Leistungsgesellschaft leben, andererseits aber überhaupt nicht gut darauf vorbereitet werden und es zudem so leicht und „angenehm“ möglich ist zu scheitern.
Ging es früher, dass man zehntausend Semester irgendwas Sinnloses ohne Ziel und Verstand studiert hat und dann für den Rest seines Lebens vom Staat gelebt hat?
Genauso kenne ich mehr als eine Person, die restlos dumm und unbegabt ist, aber trotzdem meint, sie müsste 20 Wartesemester auf das schwierigste Studium warten, nur um dann ganz grandios zu scheitern, während ihr Eltern und Co. trotzdem vorbeten, was für ne einzigartige, tolle Schneeflocke sie doch sei, die aaaaaalles kann.
Meiner Ansicht nach sind schlicht und einfach wir Schuld an der ganzen Misere. Nicht die bösen sozialen Medien. Wir reden unseren Kindern ein, sie könnten alles sein, OHNE dafür was zu leisten. Denn Leistung unter Kindern ist verpönt und böse.
In etwas der Beste sein? IHHHH, dann heißt das ja zwangsläufig, dass auch wer mal nicht so gut (oder gar der Schlechteste) ist oder dass man "besser" ist als ein anderer – und das geht mal gar nicht! Heute bekommt man fürs Nichtstun Medaillen, für Faulheit Lob, für miese Leistungen Preise und immer ein dickes „ist nicht deine Schuld, du bist was gaaaaaanz Besonderes“ hinterher.
Und dann schlägt man in der Realität auf. Und zwar hart. Denn plötzlich merkt man, dass eben NICHT jeder „YouTube-Star“ sein kann, dass NICHT jeder nur deshalb berühmt und beliebt wird, weil er so ist wie er ist. Dass es eben DOCH Unterschiede gibt und man sich oft genug DOCH anstrengen muss, wenn man was erreichen will.
Ich glaube, dass dieses harte Aufschlagen in der Realität oft (natürlich nicht immer) der Auslöser für Einsamkeit, Frustration, Depression usw. sein kann.
Entsprechend denke ich, dass es unausweichlich ist, sich bewusst zu machen, dass man selbst etwas tun muss. Das heißt NICHT, dass die Einsamkeit dann automatisch endet oder gar, dass es einfach wäre, die Einsamkeit zu bekämpfen (wie ganz zu Anfang geschrieben: Schön wärs, wenn es so einfach wäre).
Und es heißt auch nicht, dass man an Einsamkeit zwangsläufig selbst Schuld ist oder sie verdient hätte. Aber OHNE dieses eigene Mitwirken wird es meiner Ansicht nach nicht gelingen. Daran sind dann aber nicht die sozialen Medien, die Digitalisierung oder sonstwas Schuld (zumindest nicht in erster Linie).
Zum Thema alte Menschen/Familienzusammenhalt:
Der Familienzusammenhalt war auch früher zum Teil schlecht, genauso ist er heute oft noch gut.
Der Punkt ist nur, dass sich die Familie generell gewandelt hat. Wie bereits geschrieben wurde, gehe Frauen heute (zum Glück) auch arbeiten und werden nicht mehr, wie früher oft, ganz selbstverständlich in die Pflicht genommen, „mal eben“ alles zu pflegen, was ihnen unter die Finger kommt – bis sie dann selbst Pflegefall sind und dann hoffentlich (!) schon die Tochter/Schwiegertochter in Sicht ist…
Zudem werden die Menschen immer älter und haben immer weniger Kinder. Heute pflegen nicht mehr 5 Kinder die Eltern, bis diese Mitte 70 sind. Da ist oft nur ein Kind da – und zwei Eltern, die 90 und älter werden. Und je nachdem 20 Jahre absolute Pflegefälle sind…
Als meine Omi schwer pflegebedürftig wurde, war sie 90 – meine Mama aber auch schon fast 60. Und JA, sie hat überlegt, ihren Vollzeitjob zu schmeißen, um meine Oma zu pflegen, hätte es alleine aber trotzdem nicht geschafft. Also kam meine Omi ins Heim (wo gerade meine Mama sie jeden Tag besucht hat), was gut 4000 Euro im Monat verschluckt hat. Absolut wahnwitzig… von „schnell und billig“ loswerden kann da also meist nicht die Rede sein.
Abgesehen davon hatte meine Omi immer Besseres zutun, als bei uns zu wohnen und den Haushalt zu schmeißen oder die Kinder zu hüten. Natürlich hat sie mal auf uns aufgepasst, aber das als Lebensaufgabe?
Die meisten Senioren sind heute doch super aktiv und genießen es MEHR zu sein als Oma und Opa.
Selbst mit meinen 30 Jahren und ohne Kinder graut mir der Gedanke, nur (oder vor allem) deshalb Kinder zu bekommen, damit die mich mal irgendwann pflegen und bespaßen können (bzw. müssen)...