Cocooning
Es gibt das gesellschaftliche Phänomen des "Cocooning", was sich nicht nur am Kneipensterben ablesen lässt. Ich kann mich noch an eine Zeit als junger Erwachsener erinnern, wo es kein Problem war, sich ins Auto zu setzen, zur nächstgelegen WG zu fahren, klingeln, Leute da, Kaffee trinken, einen schönen Tag verbringen, Spaß in Gesellschaft haben.
Heute klingelt niemand mehr einfach so. Wenn überhaupt, wird sich erst umständlich verabredet und kurz vorher abgesagt.
Liegt es am Alter? An veränderten Bedingungen mit Familie und Eingespannt sein in Arbeit? Oder daran, dass es damals kein WhatsApp und Co. gab und Telefonieren noch richtig Geld gekostet hatte?
Ja, wir haben noch "die kleinen Kneipe" um die Ecke in unserem Stadtteil. Aber da sitzen immer die Gleichen, gut zu kontrollieren, weil sie als multipel Süchtige zum Rauchen draußen sitzen müssen, sobald das Wetter das zulässt. Nicht die Gesellschaft, die ich suche.
Da stellst Du Dir vielleicht selbst ein Bein. Einfach mal über den eigenen Schatten springen und sehen, was sich entwickelt. Ohne Vorurteile auf andere zugehen, auch wenn Raucher und "Trinker" heute gesellschaftlich geächtet sind.
Ich gehe regelmäßig in meine "Stammkneipe", wenn auch nicht täglich. Ich habe nach meiner Trennung wieder damit angefangen, mittlerweile haben sich dadurch neue Freundschaften entwickelt und es bleibt nicht beim Sitzen an der Theke oder Rauchen vor der Tür. Es ergeben sich auch spontane Unternehmungen in Gemeinschaft.
Vielleicht sind wir heute alle so sehr selbstoptimiert, dass uns kein anderer mehr gut genug ist?
Ich bin aber auch nicht mehr bereit, mich etwa der sozialen Kontrolle einer Kirchengemeinde oder Dorfgemeinschaft zu unterwerfen und für's Ehrenamt habe ich einfach keinen Zeit; gelohnt im materiellen oder immateriellen Sinne wird's auch nicht.
Ohne Fleiß kein Preis. Was soll denn der Lohn sein? Wer sich engagiert, kommt auch mit Menschen in Kontakt und findet zu Gesprächen. Vielleicht ist es ein Problem unserer materiellen Gesellschaft, das Gesellschaft keinen materiellen Wert darstellt, weil man kein Geld dafür bekommt?
Einfach mal die Nase runter und raus gehen. Ich unterhalte mich gern. Ob an der Theke, beim Maifest oder mit anderen Eltern beim Fußballspiel der Kinder. Mir ist es egal, ob da ein Raucher, Trinker, Arbeitsloser, Mutter, Vater, Single, Geschiedener, Akademiker oder Arbeiter vor mir steht.
Mit ein wenig Interesse an Menschen klappt es auch mit dem Nachbarn.