Das Glück, eine Zwischenbilanz...
Liebe Leute,
zunächst möchte ich Euch ALLEN herzlich für die sehr subjektiven - überraschenden, erwartbaren, berührenden, subtilen... - Antworten danken - und hoffe, daß noch viele folgen mögen!!! Schön, daß dieses Thema angenommen wurde! Es freut mich - AUFRICHTIG - sehr, wenn ich einen Thread eröffnen konnte, der nicht nur mich derzeit sehr beschäftigt, sondern der offenkundig in mancher und manchem etwas zum Klingen bringt, so daß sie/er sich dazu äußern mag... Bitte weiter machen!
Von mir an dieser Stelle mal ein kleines feedback. Denn Eure Antworten haben mich nachdenklich gemacht, bestärkt, ermutigt... und sie haben auch neue Fragen aufgeworfen...
Ich hatte - wie gesagt - kürzlich eine Auseinandersetzung über das Thema Glück, in der die Möglichkeit des Glücks (im Kontext von Beziehungs-Glück) negiert wurde. Irgendwie hat mich das sehr getroffen und betroffen gemacht, vor allem deshalb, weil mir diese Denke einerseits sehr vertraut ist, andererseits aber sehr fremd war (neue Form der Demut gegenüber dem Leben, das es gut mit einem meint). Vertraut: Ich selbst bin zwar sehr oft sehr SEHR SEHR zufrieden, aber ich bin andererseits sehr zögerlich im Gebrauch des Substantivs "Glück" oder des Adjektivs "glücklich", so daß ich eigentlich wenige Argumente hatte gegen das Gefühl, daß es kein Glück gibt
Durchaus selbstkritisch: Wir haben vielleicht alle - in der einen oder anderen Form - die "Anleitung zum Unglücklichsein" (Watzlawick) `genossen`- und leider auch angenommen ...
Das kommt mir dann aber andererseits - auch angesichts mancher Antworten hier - als eine Form der Hybris vor, so als wisse man nicht zu schätzen, was man im Leben und in der Liebe hat - gerade, wenn man nicht krank ist, wenn man keine verkorkste Kindheit hatte, wenn man - im großen ganzen - nicht mit Themen wie Mißbrauch, Armut, Lieblosigkeit usw. konfrontiert wurde. So meine ich es ganz ernst, daß ich es bewundere, wenn hier geäußerte Dinge wie Geborgenheit, Heimat, Gesundheit, Gegenwart-Genießen, Familie, Wohlbefinden usw. unter der Kategorie des Glücks subsumiert werden - und die folgende Aussage hat mich wirklich richtiggehend umgehauen: "Ich beneide nicht die Menschen die mehr besitzen als ich, sondern diejenigen, die mit weniger die selbe Zufriedenheit erreichen." (Fire_and_Ice).
Diesen Satz unterschreibe ich zu 100 %. Und dennoch: Glück ist doch - wenn man es nicht als Thema für ein philosophisches Seminar
"verkopft" - doch vor allem ein "Gefühl" - und was will man tun, wenn sich dieses Gefühl zwar in Theorie einstellen MÜSSTE, in der Praxis aber dennoch selten einstellt, ich meine als GEFÜHL, nicht als GEDANKE.
Also, um mal meine letzten Momente zu konkretisieren, von denen ich sagen würde, daß sie mich - von Grund auf - glücklich gemacht haben, dann würden mir konkret die folgenden wenigen Momente einfallen: mein 18. Geburtstag (als eine Welt um mich kreiste), das Kennenlernen meiner jetzigen Freundin. - That´s it.
Nur, damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin kein undankbarer Schnösel, ich habe selbst auch schon einige Nachtseiten des Lebens kennengelernt, den Tod meines Vaters, Zivildienst (Schwerstbehindertenbetreuung), ein sehr guter Freund von mir (Abizeit), der schwer an MS erkrankt ist (bettlägrig und fast blind) und der trotzdem auf jede Frage von mir, wie es ihm geht mit "Gut" antwortet, so daß ich vor Scham fast immer im Boden verschwinden möchte, wenn ich mit meiner latenten Nicht-Glücklichkeit rausrücke. Und dennoch: Gerade mein an MS erkrankter Freund hat zu dieser Thematik einmal den für mich in jeder Beziehung ultimativen Satz gesprochen: "Du hast halt deine eigenen Probleme, das kann man nicht auf meine verrechnen."
Also, ich bin größtenteils ein höchstgradig zufriedener Mensch, ich bin mir bewußt, was es bedeutet, nicht krank zu sein, Sport treiben zu können, eine liebenswerte Familie und eine Partnerin zu haben, ein Sexuallleben führen zu können (anders als mein Freund), Arbeit zu haben, nicht zu hungern etc. etc. Und trotzdem: Das Wort Glück will mir so schnell nicht über die Lippen. Pervers? Undankbar? Viel zu hohe Ansprüche? Was denkt ihr darüber?
Ach ja, ich will hier nicht gehen, ohne eine Theorie der Dinge, die das kleine oder große Glück für mich ausmachen (könnten):
• "meine Musik" (die berührt mich immer...)
• Gesundheit (welche ich immer viel zu selbstverständlich genommen habe)
• Alltag (...)
• Liebe (in all ihren Facetten)
• die Magie der Sprache
• ein Kind, das meine Hilfe braucht
• ein Freund, dem man beistehen kann
• Familie, für die man einfach da ist, wenn sonst keiner da ist...
• Kunst und Literatur (nicht jede)
• ... viel viel mehr, das ich noch erleben möchte...
herzliche Grüße
-gatsby