Schwierig, echt schwierig, hier aus der Ferne, ohne die betroffenen Menschen zu sehen, etwas zu schreiben, das dann auch passen könnte. Es klingt insgesamt wie einer der vielen Klassiker hier im JC Forum: "Wir haben eine tolle Beziehung, ausser Sex...". Und das in diesem Fall seit nunmehr 9 Jahren. Da fragt man sich: Was in aller Welt habt ihr beiden während dem Kennenlernen getan? Wieso seid ihr trotz offensichtlich grossen Diskrepanzen auf sexuellem Gebiet trotzdem ein Paar geworden? Die beschriebene Konstellation ist insgesamt mit einigen Tretminen versehen - Missbrauch an oberster Stelle.
Liebe auf beiden Seiten würde viel möglich machen - dazu sollte man aber erst einmal die "Sprachen der Liebe" des jeweils anderen kennen und verstehen lernen. Liebevoll aufeinander zugehen, sich nicht an der einen oder anderen entscheidenden Stelle voneinander abwenden. Auch mal Ideen, Anregungen vom Partner annehmen. Pattsituationen als solche erkennen, diese akzeptieren, aber nicht als unüberwindbare Hindernisse im Weg lassen. Das Übelste ist oft, zu behaupten, "er/sie ist schuld" - denn das ist einfach nicht richtig.
Sexuelle Mängel sind oft (wenn nicht meistens) nur ein Sympton für tiefer liegende Probleme. Welche das bei euch beiden sind, kann hier, trotz der Beschreibung, niemand sagen. Kommunikationsmängel sind offensichtlich ebenfalls vorhanden, denn ihr seid in einer Sackgasse. Dass in einer solchen Situation Unmengen an Verständnis und Bereitschaft zur Unterstützung auf einer Seite gefragt sind, liegt auf der Hand - genauso wie der Umstand, dass die andere Seite dazu bereit sein muss, Hilfe anzunehmen.
So etwas selbst in Angriff zu nehmen, ist eine grosse Herausforderung für beide. Offenheit und Ehrlichkeit sind entscheidend wichtig. Wenn notwendig, sollte man sich überlegen, Hilfe von aussen hinzu zu ziehen. Wo auf beiden Seiten Liebe vorhanden ist, wird immer ein Weg sein. Diesen zu finden kann ermüdend, nervig, aufreibend, zuweilen entmutigend sein. Aber es kann sich lohnen, mehr als man sich manchmal vorstellt.
Wie fast immer in solchen Threads empfehlen wir die Lektüre von Büchern, um sich von deren Inhalt inspirieren zu lassen - "Die 5 Sprachen der Liebe" ist vielleicht schon aus eigener Sicht sehr interessant. Genau gleich verhält es sich mit "Intimität und Verlangen" von David Schnarch oder auch "Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe" von John Gottman, die dem Leser durchaus einen Spiegel vorhalten. Denn eine glückliche Beziehung, und damit auch eine glückliche, erfüllende und befriedigende Sexualität beginnt bei einem selbst. Ausnahmslos.
Hat man das erst einmal erkannt, ist der nächste Schritt gar nicht mehr so schwer: Man beginnt zu verstehen, dass die eigenen Handlungen auch für den/die Partner/in entscheidend wichtig sind, in jeder Hinsicht. In Krisensituationen kann einer der Beteiligten die Führung übernehmen, um die oben erwähnten Pattsituationen erfolgreich zu meistern. Tut es keiner von beiden, wird sich auch nichts ändern. Und ja, selbst in der Sexualität kann einer der Beteiligten die Führung übernehmen, ohne gleich "dominant" zu sein.
Was gibt es Schöneres, als den/die eigene/n Partner/in zu verführen? Zu begehren? Alternierend verführt zu werden, sich begehrt zu fühlen? Wer nichts sagt, wer nichts tut, dem kann nicht geholfen werden. Ist in der Beziehung genügend Vertrauen vorhanden, macht es einfach nur Spass, sich einfach mal nur fallen zu lassen, zu geniessen - aber dazu gehört für die meisten Menschen deutlich mehr als eine oberflächlich gelebte Beziehung. Ist das nicht ein lohnenswertes Ziel?