Versuch eine kritischen Betrachtung
BDSM und Tantra - für viele dürfte allein diese Frage eine Provokation darstellen. Wir sind u. a. auch Tantrika, halten aber jede Frage - und sei sie noch so provokativ - für sinnvoll, bringt sie doch alle Beteiligten (solange sie offen und sachlich diskutieren und eventuell falsche Meinungen einfach sachlich debattieren und nicht jedes falsche oder ungeschickt gewählte Wort auf die Goldwaage legen) weiter. Man kann die eigene Einstellung und Lebensweise mal selbstkritisch überprüfen und die andere etwas besser verstehen. Das erhoffen wir uns von diesem Thread.
Wir haben nichts gegen BDSM, wir sind keine Gegner oder Kritiker von BDSM - wir verstehen nur manche der Zusammenhänge nicht und haben dazu vermutlich - auch mangels Wissen - möglicherweise falsche, halbfertige und laienhafte Ansichten und würden gerne mehr verstehen.
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Hier der Versuch, den entscheidenden Punkt herauszuarbeiten, der uns bisher den Zugang zu BDSM erschwert und immer wieder aufs Neue dazu verleitet, es - zumindest mal theoretisch - näher kennen zu lernen, um es vielleicht eines Tages ein Stück weit verstehen zu können.
Wenn ich mich fallenlassen, hingeben und ausliefern will, benötige ich weder Hilfsmittel noch Rituale noch Techniken oder gar Fesseln. Ich liefere mich einfach aus, ich gebe mich hin. Ich brauche auch keine Befehle, Erniedrigungen oder Demütigungen dafür (die aus unserer Weltsicht dem innersten Wesen des Tantra widersprechen), auch keine Schmerzen. Ich bin so frei, es einfach tun zu können, wann immer es mir beliebt, wann immer ich will und wann immer es mir sinnvoll erscheint.
Das gilt auch, wenn ich geil werden will und Lusterleben: Ich tue es einfach, ich benötige keinerlei Hilfsmittel. Ich kann und will dazu stehen, ich trage die Verantwortung für meine Lust, ich will sie mir auch nicht nehmen lassen und wenn ich sie abgebe, dann weil ich es will und ohne (!) äußere Beschränkungen - denn ich kann ich mich auch von innen heraus freiwillig selbst beschränken, wenn ich möchte.
Also muss ich z. B. nicht gefesselt, geknebelt oder angekettet werden, um bewegungsunfähig zu sein. Ich beschließe bei einer Massage, beim Sex oder bei was auch immer, mich nicht mehr zu bewegen. Wozu Fesseln? Ich bin auch so von meiner Partnerin gefesselt, auch von dem, was sie mit mir macht - und durch meinen eigenen Willen. Ich liege oder stehe einfach bewegungslos da.
Nun gehören ja gerade Fesseln, Ketten etc., so wie es auf uns als Laien und Außenstehende wirkt, unabdingbar zu vielen BDSM-Ritualen. Uns vermittelt das den Eindruck, dass die Betreffenden nicht in der Lage sind, sich ohne Fesseln etc. hingeben und fallenlassen zu können, dass sie Fesseln, Ketten, Knebel oder was auch immer "brauchen", um sich ausgeliefert fühlen zu können.
Man beachte bitte die Unterschiede in den Formulierungen, wie unser Eindruck bisher ist: Die einen liefern sich einfach aus, die anderen wollen sich gerne ausgeliefert fühlen - das ist ein feiner, aber entscheidender Unterschied. Die einen wollen sich gerne hingeben und tun es einfach, benötigen dafür keinerlei Hilfsmittel, die anderen müssen oder wollen dafür z. B. gefesselt werden. Können sie es sonst nicht? Können sie nicht ganz freiwillig unbeweglich sein und sich ausliefern, müssen sie äußere Beschränkungen dafür erfahren? Oder fällt es ihnen auf diese Weise leichter, z. B. indem sie die Verantwortung für das, was dann geschieht, an den Dom abgeben (und dann ja nichts dafür können, welche Lust und Geilheit sie erleben, also auch kein "schlechtes Gewissen" haben müssen).
Oder ist das alles einfach nur eine völlig andere Erlebensweise, eine andere Art von Sexualität, die wir eben zunächst noch nicht verstehen, vielleicht niemals verstehen werden? Und hat es gar nichts mit den Ideen zu tun, die da in unseren Köpfen umher spuken? Und die für uns den entscheidenden Unterschied zu Tantra etc. ausmachen ...
Unsere bisherigen und hier geschilderten Eindrücke und Gedanken mögen falsch sein, aber wir lassen uns sehr gerne eines Besseren belehren. Wir haben unsere bisherigen Eindrücke und Meinungen, sind uns aber dessen bewusst, dass die Ziele von Tantra und BDSM ähnlich sind, dass es Berührungspunkte, vielleicht sogar Überschneiden geben könnte. Nur sind wir noch nicht so recht überzeugt davon bzw. haben einige kritische Einwände, über die wir hier gerne diskutieren würden (wenn es erlaubt ist und uns offen, sachlich und ohne persönliche Angriffe geschehen kann).
Der Antaghar