Kurz nach meiner Studentenzeit, als ich noch in einem Elfgeschosser wohnte, residierte über mir eine Studentin, die jeden Abend Herrenbesuch kam. Und nicht immer derselbe, wirklich jeden Abend ein anderer Kerl. Und dann gings los. Meistens so ab 20 Uhr, 21 Uhr. Das Fenster war stets weit geöffnet, damit auch das ganze Viertel etwas davon hatte. Und was hatte dieses Mädel für eine Stimme, meine Herren. Ich kannte schon bald all ihre Aaaahs, Ooohs und Woooaaahs in allen Varianten, die die menschliche Stimme an Bandbreite hergibt. Und ihr Bett erst. Öfter kam in mir der Wunsch auf, ihr ein Ölkännchen vor die Tür zu stellen.
Dumm war nur, dass ich mitlerweile im Schichtdienst arbeitete. Wenn ich am nächsten Morgen um 4:30 Uhr aufstehen musste, war es schon dumm, wenn das Programm über mir um Mitternacht noch nicht zu Ende war. Also.... meinen eigenen Balkon geöffnet und nach oben gerufen, um Ruhe gebeten. Null Reaktion. Nächste Stufe: Einen kleinen Zettel an ihre Tür geklebt, mit der Bitte um Mäßigung zu nachtschlafenen Zeiten. Wieder: Null Reaktion. Die Frustration stieg auf einen gefährlichen Pegel. Als nächstes pinnte ich einen A4-Aushang gut sichtbar ans Schwarze Brett des Hauses. Man ahnt es: Null Reaktion.
Mitlerweile hatte meine Schlaflosigkeit ein kritisches Level erreicht, denn wenn in meinem Beruf müdigkeitsbedingte Fehler passieren, sterben Menschen. Ergo: Ich führte Lärm-Tagebuch. Jeden Abend notierte ich, wann/wie lange/wie laut Frau Nachbarin mich belärmt. Von meinen direkt angrenzenden Nachbarn ließ ich mir dies gegenzeichnen, je mehr Zeugen je besser. Nach einem Monat legte ich dieses Protokoll dem Vermieter vor.
Kurze Zeit später zog die Dame aus. Eine herrliche Ruhe zog ein. Ich konnte wieder schlafen. Alles richtig gemacht.