@********ed76
Für deine Selbstwahrnehmung können wir nichts. Wenn du dich so altbacken fühlst, solltest du hinterfragen, warum die Lebensweise anderer Menschen das bei dir auslöst.
Monogamie ist nun mal eine eher junge gesellschaftliche Lebensweise. Die Umstände, die dazu führten, dass sie zur Normativität wurde, gelten heute vielfach nicht mehr. Viele Menschen halten daran fest, weil sie es vor gelebt bekommen und Angst davor haben, wie sie selbst und andere reagieren, wenn sie es denn anders machen würden. Das ist konservativ. Aber das ist ja auch total in Ordnung. Wenn man sich die Statistiken ansieht, dass ein Großteil der Menschen mehrfach im Leben fremdgeht, dann scheint das aber für nicht allzu viele zu funktionieren. Ob andere Lebensweisen besser funktionieren ist sicher diskussionswürdig.
Aber hier wurde ja gar nicht danach gefragt, ob man gleich von der monogamen Beziehung zur Mehrfachbeziehung wechseln soll, sondern schlicht, warum Menschen nicht bei Sex auf Exklusivität bestehen.
Und hier wird es wirklich spannend. Was ist an Sex so besonders, dass er exklusiv sein sollte? Was unterscheidet ihn von all den anderen zwischenmenschlichen Gefühlen und Handlungen. Liebe ist nicht exklusiv. Wir lieben nicht nur einen Partner, sondern auch die Kinder, Eltern, Geschwister und die engsten Freunde. Es ist überhaupt keine Frage, dass man mit Kollegen was trinken geht, mit jemand anderem Shoppen geht, anstatt mit dem Partner. Warum also bei Sex Exklusivität fordern?
Das ganze fängt erst dann an Sinn zu ergeben, wenn man den romantisch aufgeladenen Vorgaben der Liebesbeziehung folgt als Gegenentwurf zur arrangierten Ehe. Hier wurde als Folge und in Begleitung der Industriellen Revolution die Zweierbeziehung aus Liebe überhöht. Erreicht wurde sie erst sehr viel später. Denn Ehe blieb eine wirtschaftliche Zweckgemeinschaft. Ist es auch heute noch vielfach.
Aber Beziehungen sind keine Märchen. Es gibt keinen perfekten Partner. Partner sind keine Statusobjekte. Exklusivität ist nur ein Trugschluss von Sicherheit. Es wird nie funktionieren von einem Partner zu fordern alle Bedürfnisse zu befriedigen. Auch in dem kleinen Teilaspekt der Sexualität nicht. Deshalb ist es viel ehrlicher, die Exklusivität gar nicht erst zu fordern und sie so aufzuladen. Oder den Sex überhaupt so zu überhöhen.
Niemandem wird was weggenommen, wenn mein Partner noch mit anderen Menschen schläft.
Viel spannender finde ich, dass für viele offenbar der Sex mit anderen in Ordnung ist, solange sie nur selbst anwesend sind. Glaubt ihr dort irgendwas kontrollieren zu können? Irgendwie erscheint mir dies doch ein viel größerer Schritt, dem Partner auch noch dabei zuzusehen, wenn die Sexualität etwas exklusives sein soll. Sicher, es kann einen zusätzlichen Kick verschaffen. Aber was ist dann an Sex, bei dem ihr nicht dabei seid so viel schlimmer?