****yn:
Aus dem gegebenen Kontext ergibt sich aber: Man schätzt den Wert eines anderen höher, als den eigenen. Denn der Kontext war, dass man die eigenen Ansprüche ausnahmslos für einen anderen hintenanstellt. Wie man es dreht und wendet, daraus ergibt sich folgende Wertschätzung: Der andere ist wichtiger als ich. Der andere ist wertvoller als ich. Die Bedürfnisse des anderen sich wichtiger als meine. In diesem Kontext ausnahmslos.
Jemanden toll zu finden und ihn wertzuschätzen heißt doch nicht, die eigenen Ansprüche ausnahmslos hintenanzustellen zu müssen. Ich kann jemanden toll finden und ihn wertschätzen und trotzdem finden, dass meine Bedürfnisse mindestens ebenso wichtig, oder je nachdem auch wichtiger sind. Es kann doch nicht sein, dass man jemanden nur toll und wertvoll finden kann, wenn man dabei selbst zurücksteckt und den anderen auf ein Podest hebt.
Es ist ja auch kein Podest.
Es besagt lediglich, dass dir als einziges erst einmal wichtig ist, dass es deinem Partner gut geht. Fertig. Sprich: Dem Teil, der diese Person liebt, geht es gut, wenn es dieser Person gut geht. Und das, jawoll, tatsächlich ohne Ausnahme. Denn dann geschehen auch so schwer verständliche Dinge, dass man sich freut, dass diese Person jemand anderen gefunden hat - weil man sie liebt! Und möchte, dass diese glücklich ist. Das ist tatsächlich vollkommen von der eigenen Situation. Man bleibt schließlich möglicherweise alleine zurück. Ein Zustand, der nur für wenige cool ist, dass die geliebte Person nun wieder vergeben ist, man selbst aber nicht.
Wichtig dabei ist, dass du dich selbst dabei gar nicht klein machen musst!
Du kannst sehr wohl sehr viel von dir halten, absolut. Nur spielt das alles halt keine Rolle. Du selbst kannst dein eigenes Glück schließlich beeinflussen! Es ist aber viel schlimmer, dies bei der geliebten Person nicht immer tun zu können. Also ist es wichtiger, drauf zu gucken, dass es ihr gut geht. Den eigenen Kram kann man dann immer noch selbst danach erledigen.
****yn:
Dieses Konzept der bedingungslosen Liebe ist für mich so befremdlich, weil ich ganz ehrlich überzeugt davon bin, dass der eigentliche Grund, warum Menschen diese Vorstellung so idealisieren, nicht ein altruistischer ist, sondern ein durch und durch narzisstischer. Es geht gar nicht darum, jemanden tatsächlich bedingungslos zu lieben, sondern darum, dieses Konzept zu idealisieren, weil man sich bedingungslose Liebe für sich selbst wünscht. Entweder aus purer Verzweiflung, oder aber aus Faulheit, weil man etwas haben will, aber nichts dafür leisten möchte.
Genau hier, liebe Kailyn, bist du, denke ich, vollkommen auf dem Holzweg.
"Ich möchte, dass
du glücklich bist. Und bleibst."
Wenn dieser Satz wirklich bedingungslos gemeint ist, dann schließt das Narzissmus genau in diesem Moment aus. Denn damit ist vollkommen unwichtig, ob diese Person dich selbst auch liebt. Die eigene Liebe zu ihr sagt lediglich, dass
diese glücklich ist. Punkt.
Das ist im übrigen auch völlig irrelevant, ob diese andere Person einem gut tut! Das kann der größte Arsch sein, in den du dich verliebst, du kannst vielleicht sogar rational wissen, dass es ein Idiot ist. Dennoch ist das Gefühl der Liebe halt da. Und damit der Wunsch, dass er glücklich wird und bleibt.
Es haben sich auch schon Linksextremisten in Neonazis verliebt. Da ist "Romeo & Julia" ein Fliegenschiss gegen
Dennoch geschieht dies. Immer wieder. Zwei, die never ever zusammen kommen würden, weil alles in ihnen, ihre gesamte Lebenseinstellung, ihr ganzes Sein, das genaue Gegenteil des anderen darstellt.
Der Liebe ist das egal.
****yn:
Die Liebe, die ich als Lohn dafür bekomme, dass ich Qualitäten besitze, die jemand schätzt, ist für mich tausendmal wertvoller als eine praktisch dahingeschmissene "Liebe", die auf keinerlei Prinzipien beruht, die keinerlei Moral voraussetzt, die selbst dann noch da wäre, wenn ich sie gar nicht verdienen würde.
Auch hier gehst du, siehe eben, fehl.
Solch eine Liebe ist nicht "dahingeschmissen".
Liebe besitzt keine Moral! Sie ist schlicht und einfach ein Gefühl. Wo immer es auch her kommt! Und was immer auch diese Liebe auslöst!
Mal überspitzt gesagt, wenn der Neonazi weinen kann und die Linksautonome das hochatttraktiv findet, dass ein Mann flennen kann, dann sind die Tränen das, was diese Liebe entflammen lässt. Moral suchst du da mit dem Fernglas. Erst recht, wenn derjenige vor Wut heult, weil ein Schwarzer neben ihm eingezogen ist.
Jeder will geliebt werden um seiner selbst willen. Da gebe ich dir vollkommen recht.
Aber ich bin dann doch seehr vorsichtig damit anzunehmen, dass jede (ausnahmslos jede!) Person, die sich jemals in dich verliebt hat, dich um deiner Selbst willen liebte.
Liebe ist da viel weniger romantisch. Sie sagt, und das ist jetzt meine Interpretation, lediglich "du passt zu mir. Genau jetzt. Genau hier. Zumindest ein Teil von dir." Mehr nicht.
Alles andere, und das ist ja der eigentliche Faden hier, benötigt Bedingungen. Wenn man zusammen sein möchte, geht es nicht anders. Dazu sind wir Menschen zu verschieden und vor allem auch viel zu komplex.
Wirklich zu 100% zusammen zu passen, gibt es. Gleicht aber eher einem 6er im Lotto. Mit vergleichbaren "Gewinn"chancen.
Es lebt sich leichter, wenn man stattdessen, anstatt auf den 6er ein Leben lang zu warten, mit dem 5er oder gar "nur" einem 4er zusammen zu kommen.
Da bleibt -hoffentlich- dann ja immer noch genug übrig, warum sich beide liebens-wert finden.