*****Sky:
Ein Deckel zum Topf oder doch eher Wok ....
Auch der Wok, den ich mal hatte, hatte einen Deckel.
Auch meine Bratpfanne hat einen Deckel.
Ich bin wohl etwas, für das es keinen Deckel zu geben scheint... vielleicht ein Backblech?
Ich habe just vorhin noch so darüber nachgedacht, dass mein "perfekter" Partner wohl ein Perpetuum mobile sein müsste, etwas, dass es gar nicht gibt und geben kann. Dafür vereine ich viel zu viele Gegensätze in mir, die überhaupt nicht zueinanderpassen.
*****Sky:
Denkt ihr wirklich dass es den einen Partner/die eine Partnerin gibt, mit der man glücklich bis ans Lebensende ist oder es doch nur Lebensabschnittsgefährten gibt?
Ich glaube nicht, dass es "den einen" einzigen gibt, der für mich bestimmt ist, nein. Ich glaube aber, dass es theoretisch eine Person geben kann, mit der man sehr wohl glücklich bis an sein Lebensende ist. Ich glaube aber nicht, dass einem das in den Schoß fällt.
Es mag die seltenen Fälle geben, wo stets Friede-Freude-Eierkuchen herrscht und gar keine Reibungen entstehen können (was ich vermutlich langweilig fände), aber im Normalfall wird man immer an sich und der Beziehung arbeiten müssen, wenn sie bis ans Lebensende halten soll.
Leider leben wir in einer Wegwerfgesellschaft. Und wenn nur einer versucht, an der Beziehung zu arbeiten, bringt das leider nicht viel, wenn der andere sie dann trotzdem wegwirft.
Ich hab es an anderer Stelle im Forum schon mal erwähnt, dass ich vor 15 Jahren in einem christlichen Ehebuch die Aussage fand, "Liebe ist eine Willensentscheidung". Das klingt unromantisch und pragmatisch, aber letztlich sehe ich das so. Das heißt für mich jetzt nicht, dass es keine Schmetterlinge geben soll. Ich denke, ohne diese Anfangsphase würde etwas fehlen (auch wenn die früher arrangierten Ehen ohne Schmetterlinge durchaus nicht immer die schlechtesten waren, sondern es wurde zusammengehalten in guten und in schlechten Tagen).
Aber Liebe ist ja das, heißt es, was sich entwickelt, wenn die Phase der akuten Verliebtheit mit den rosaroten Wolken vorüber ist. Das heutzutage inflationär gebrauchte "Ich liebe dich" schon ganz zu Beginn ist für mich daher auch großer Quatsch. Liebe ist, wenn man eben nicht bei sich entwickelnden Schwierigkeiten die Flinte ins Korn wirft und zum nächsten Partner übergeht, sondern einfach akzeptiert, dass es hier um zwei Individuen mit ganz unterschiedlichen Einstellungen, Interessen, Vergangenheit, Erziehung, Moralvorstellungen etc. geht, und dass ein Konflikt eigentlich niemals etwas an der Liebe zueinander ändern sollte. Es braucht Verständnis füreinander, Bereitschaft, dem anderen zuzuhören, auf ihn einzugehen, sich in ihn hineinzuversetzen, Offenheit und die Fähigkeit, seine Gefühle in Worte kleiden zu können sowie Toleranz.
Ich bin auch ein Freund des christlich angehauchten Ratgebers "Die fünf Sprachen der Liebe". Als ich das Buch nach dem Ende einer fünfjährigen Beziehung erstmals gelesen hatte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Seufz.
Und so denke ich, dass zwei Menschen, die sich dauerhaft lieben WOLLEN und bereit sind, daran zu arbeiten, das theoretisch auch schaffen können.
Ein Ex-Freund hat sich jedenfalls leider irgendwie immer nur gemerkt, wann wir uns seiner Meinung nach gestritten haben, und ich habe vieles davon überhaupt nicht als großartigen Streit wahrgenommen, sondern hab immer das Schöne in unserer Beziehung gesehen. Irgendwie war das wie das klassische "Das Glas ist halb leer/voll"-Problem.
Es mag auch sein, dass man bzgl. seines Modells von "Partnerschaft" durch das geprägt ist, was man in seiner Familie erlebt hat. Ein Scheidungskind wirft seinen Partner vermutlich eher weg als ein Kind aus stabilen Familienverhältnissen. Früher hab ich zwar immer gesagt, die Ehe meiner Eltern war das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stand, aber später habe ich erkannt, dass zumindest mein Vater meine Mutter durchaus geliebt hat. Sie stammten halt beide aus dysfunktionalen Elternhäusern und hatten den Krieg erlebt. Da ist vieles nicht so toll gelaufen. Es waren andere Zeiten. Aber doch, auch das war Liebe.
Positiv hab ich aber immer die Ehe meiner Oma im Kopf gehabt (ich habe sie allerdings nur in den Osterferien in meiner Kindheit erlebt)... meine Oma war leider extrem eifersüchtig und hat sich auch sonst schnell aufgeregt und ihren armen Mann oft furchtbar ausgeschimpft. Aber im Regelfall hat der sich gar nicht groß daran beteiligt und sie einfach schimpfen lassen. Er wusste ja, dass es genauso schnell wieder vorbei ist. Dann saßen sie wieder beieinander, und er hat sie hingebungsvoll stundenlang gestreichelt. Er hat sich auf der einen Seite vielleicht viel gefallen lassen, aber auf der anderen Seite hatte er dadurch genau die richtige Art, das Wesen meiner Oma zu händeln. Fatal wäre halt gewesen, wenn sie sich dann gegenseitig die Köpfe eingeschlagen hätten. Sie hat ihn dann bis zu seinem Tod gepflegt.
Insofern ist mein Bild einer Beziehung halt keineswegs, dass es keinen Streit geben darf. Ich kenne es so, dass es natürlich auch heftigen Streit gibt - und auch in der Ehe meiner Großtante sind wohl früher die Teller geflogen, so sind eben die Frauen in meiner mütterlichen Verwandtschaft -, aber dieser Streit nicht die Beziehung infragestellt, sondern man trotzdem miteinander in Liebe verbunden bleibt.
*****Sky:
Oder gibt es sowas wie Liebe nicht wirklich und am Ende ist man doch alleine glücklich und holt sich nur den hormonellen Ausgleich?
Ich glaube durchaus an die Liebe als solche. Daher ist es bei mir auch so, dass jeder, der mal einen Platz in meinem Herzen hatte, auch ewig einen darin haben wird. Für mich währt Liebe ewig, sie verändert nur ihre Gestalt und Ausprägung und Intensität je nach Lebenssituation.
Einen Ex-Partner wird man wohl anders "lieben" als einen aktuellen Partner. Seinen Partner liebt man anders als seine Eltern, Kinder oder Haustiere.
Und gerade wenn es Verletzungen gegeben hat, verändern sich Gefühle. Aber ich war noch nie ein Mensch, wie es z. B. meine Mama oder Schwester waren, der einem anderen Menschen jahrelang böse sein kann. So bin ich nicht. Nach einiger Zeit konzentrieren sich meine Gedanken wieder auf das Gute und Liebenswerte.
Tatsächlich könnte ich mir mit jedem, in den ich mal aufrichtig verliebt war, auch heute noch eine Beziehung vorstellen (das sind jetzt nicht wirklich viele).
Was das "alleine glücklich sein" angeht, bin ich im Widerspruch. Ich liebe diese Spruchweisheiten wie
"Wir sind alle Engel mit nur einem Flügel. Um fliegen zu können, müssen wir einander umarmen." von Luciano De Crescenzo und ähnliches.
Aber das würde natürlich implizieren, dass man alleine nicht vollständig wäre, solange man keinen Partner hat. So schön ich den Spruch finde, so fatal finde ich das Bild, das er impliziert. Eigentlich denke ich, wenn man alleine nicht glücklich sein kann, ist man eigentlich nicht beziehungsfähig, denn der Partner ist nicht dazu da, einen glücklich zu machen, wenn man das selbst vorher nicht geschafft hat.
Grundsätzlich stehe ich aber auf dem Standpunkt, dass die Menschen nicht dazu gemacht sind, dauerhaft alleine zu leben. Eigentlich leben wir in einer kranken Gesellschaft mit den überproportionalen Singlehaushalten.
*****Sky:
Vielleicht ist aber auch Polygamie doch nur das einzig wahre Modell, was die Lösung verspricht oder existiert vielleicht noch ein Modell, welches hier gar nicht gesehen wurde?
Was wünscht ihr euch? Wie stellt ihr euch das das "perfekte" Modell vor?
Du meintest bestimmt Polyamorie?!
Was auch immer Du gemeint hast, ich habe mir mal die Frage gestellt, ob ich polyamor sein könnte, weil ich durchaus mehrere Menschen auf einmal lieben kann, aber letzten Endes denke ich, dass das eigentlich ziemlich normal ist. Wenn man Mutter ist und Kinder hat, kann man das ja auch (was ich jetzt leider nicht aus eigenem Erleben weiß).
Wenn es um "perfekt" geht, schwebt mir aber wohl doch eher das traditionelle Modell von Partnerschaft vor dem geistigen Auge. Ich war noch nie ein Gruppenmensch.
Ich kann mit einem Lieblingsmenschen sehr glücklich und ausgefüllt sein, mehr brauche ich nicht.
Und doch... obwohl ich kein Freund des Begriffs "Lebensabschnittspartnerschaft" bin und immer noch hoffe und träume, mit 80 Jahren und grauen Haaren und Falten neben einem geliebten Partner händchenhaltend im Schaukelstuhl zu sitzen (oder so), so muss ich doch gleichzeitig sagen, dass ich nur deshalb der Mensch bin, der ich heute bin, weil alle bisherigen Beziehungen zerbrochen sind. Erst durch neue Menschen und Begegnungen, konnte man sich weiterentwickeln. Ich hätte vermutlich so vieles in meinem Leben nicht gemacht und ausprobiert und erlebt, wenn ich mit meinem ersten Freund zusammengeblieben wäre. Und selbst wenn ich mit einem späteren zusammengeblieben wäre, den ich auch heute noch sehr schätze, hätte ich viele Erfahrungen nie gemacht, und das wäre sehr schade. Also war wie so oft letzten Endes alles gut so, wie es gekommen ist.
Und vermutlich wird das immer so sein. Was ist also "perfekt"? Ich weiß es nicht.
Vermutlich wäre es dann perfekt, wenn sich zwei Menschen finden, die beide ein genau ähnliches Bedürfnis nach Nähe und Autonomie haben und die einander auch in der Partnerschaft die Möglichkeit geben, sich weiterzuentwickeln und sich dabei aber nicht auseinander entwickeln.