Käufliche Liebe habe ich noch nicht erlebt, aber ich habe trotzdem meine Gedanken zu dem Thema. Einige Aussagen aus diesem Thread möchte ich nicht unkommentiert stehen lassen:
„Prostitution ist eine Dienstleistung wie jede andere.“
Prostitution lässt sich auf die ökonomische Begrifflichkeit eines
Austauschs einer
Ware bzw.
Dienstleistung gegen Geld reduzieren – trotzdem ist es für mich nicht eine Dienstleistung „wie jede andere“. Ich will nicht bestreiten, dass es Frauen geben mag, die diesen Beruf selbstbestimmt, aus freien Stücken, für sich erwählen und ihn mit Freude ausüben – gegen diese habe ich nichts, ich beglückwünsche sie. Auch mit den Freiern, die die Dienste einer solchen Prostituierten in Anspruch nehmen, habe ich überhaupt kein Problem – vielleicht wäre ich selber fast so einer geworden. Das Problem, was ich an der Prostitution sehe, sind die
vielen Frauen, denen es eben
nicht so ergeht! Ich habe den Verdacht, dass viel zu viele Frauen auf der Welt (auch in Deutschland) sich nicht für diesen Beruf „entscheiden“, so wie man sich etwa für eine Ausbildung zur Bankkauffrau „entscheidet“. Genügend Frauen werden zur Prostitution gezwungen, und bei noch genügend Frauen, die nicht gerade gezwungen werden, spielt ihre Notsituation eine große Rolle. Ein Kind, das in einem Entwicklungsland unter menschenunwürdigen Bedingungen und zu Löhnen, die den Namen nicht verdienen, Turnschuhe produziert, wird nicht in einem engen Sinne zu dieser Arbeit „gezwungen“ – aber seine Schwäche und Hilflosigkeit wird ausgenutzt. Und als potenzieller „Konsument“ (potenzieller Freier oder potenzieller Käufer von Turnschuhen) frage ich mich, ob ich diejenigen, die den Nutzen aus der Lage der betroffenen Frauen/Kinder ziehen (und in weit höherem Maß von meinem „Konsum“ profitieren) unterstützen will. Natürlich gibt es selbstbestimmte Prostituierte, aber ich glaube, es gibt eben noch viel mehr Prostituierte, die diesen „Beruf“ ausüben
müssen, weil ihnen keine andere Wahl bleibt, und ich glaube auch, dass diese Tätigkeit Spuren hinterlässt, die man den Frauen vielleicht auch anmerkt. Deswegen ist Prostitution für mich nicht voraussetzungslos „eine Dienstleistung wie jede andere“ – sie
kann es nur
potenziell sein, und deswegen trifft die potenziellen „Konsumenten“ in meinen Augen die Pflicht, das „Angebot“ genau zu überprüfen und zu hinterfragen. Eine Frau, die kaum einen Freier ablehnen kann, die sich entwürdigt fühlt und beim Sex innerlich abschalten muss (das ergeht, wie gesagt, bestimmt nicht jeder Prostituierten so, aber hinreichend vielen), fühlt bestimmt nicht wie jede andere Frauen bei der Ausübung ihres Berufs, und sie bietet deswegen auch keine „Dienstleistung wie jede andere“. Der Menschenhandel ist nun mal ein
Fakt, und ich habe keine Lust, Zuhändlern und Ausbeutern mit meinem Geld ihr Leben zu finanzieren.
Ich vermute auch, dass von durchaus kritischen potenziellen Freiern der Anteil von Frauen, die diesen Beruf freiwillig ausüben (deren Dienste man also bedenkenlos in Anspruch nehmen könnte), aus Gründen der Psychohygiene sehr leicht überschätzt wird: Man
will vielleicht eine „freie“ Prostituierte unterstützen, redet sich aber (in einem Laufhaus oder Bordell) allzu leicht ein, dass genau diejenige, die man ins Auge fasst, aus diesem oder jenem Grunde schon keine von denen sei, die ausgebeutet werden – um sein Gewissen zu beruhigen.
„Ohne Prostituierte gäbe es mehr Vergewaltiger.“
Auch das glaube ich nicht. Die These erscheint mir allzu leicht, ich weiß von keinen Hinweisen oder Studien, die diese These stützen würden. Zum einen weiß man doch auch von Vergewaltigern, die regelmäßig Bordelle besuchen. Zum anderen gibt es überall auf der Welt Männer, die keine Sexualpartnerin haben, die nicht die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen und
trotzdem nicht zu Vergewaltigern wurden oder werden. Eine solche Auffassung unterstellt, dass für Männer, die ihren Sexualtrieb weder durch „ihre“ Frau noch durch eine Prostituierte „stillen“, Vergewaltigung das quasi-natürliche Ventil sei – was ich nicht glaube, was ich aus meiner eigenen Biographie nicht bestätigen kann und weder mir noch einem anderen Mann ohne konkrete Indizien im Einzelfall unterstellt wissen möchte! Sexuell deprivierte Männer, die zu Vergewaltigern wurden
gibt es natürlich bestritten – aber dieses Verhalten ist
nicht der Normalfall, den man ohne weiteres unterstellen kann!
Im übrigen stellt sich die Frage, wie die Welt ohne Prostitution aussähe, praktisch kaum - Prostitution
gibt und wird es möglicherweise immer geben. Die wichtige Frage, die man sich stellen sollte, ist nicht das
ob (wir können Prostitution nicht abschaffen), sondern das
wie (d.h. welche Prostituierten (und/oder Hintermänner/-frauen) unterstützt man als Freier?)!
Vorsicht : Obige Ansichten stellen
keinen persönlichen Angriff gegen die Threaderstellerin dar, es sind einige meiner allgemeinen Ansichten zur Prostitution! Mein früherer Einwand bezog sich darauf, dass die Vermutung im Raume steht, sie wäre nicht wirklich an Meinungen zu ihrem eigenen „Thema“ interessiert, sondern daran, durch das Erstellen eines möglicherweise viel beachteten Threads möglichst viele potenzielle Kunden kostenlos auf sich aufmerksam zu machen – wofür es ja die Möglichkeit (kostenpflichtiger) Werbung gäbe.
Zur Frage, wie viel Geld ich auszugeben bereit wäre:
Durch Kondome, Wäsche und weitere Utensilien gab ich zwar schon „Geld für Sex“ aus, auch durch Pornos kostete mich mein Sexualtrieb bereits Geld, ich habe aber noch keinen „Sex gekauft“. Ich habe, wie ebenfalls bereits gesagt, noch nie eine Prostituierte besucht, kann aber auch nicht leugnen, bereits mit diesem Gedanken gespielt zu haben. (Außerdem spielt die anonyme Prostituierte, die mir umstandslos ausgefallene Wünsche erfüllt, immer wieder mal eine Rolle im so oft bemühten „Kopfkino“)
Vor einigen Jahren (ich kannte meine heutige Partnerin noch nicht) sprach ich mit einem guten Freund darüber, wie es mich bedrückte, mit knapp über 20 Jahren noch „Jungmann“ zu sein. Er erzählte mir von einem seiner Freunde, der mit 27 noch das gleiche Problem mit sich herumgetragen hatte. Dieser Freund meines Freundes (klingt komisch,
ist aber so) ließ sich schließlich dazu überreden, sich doch von einer Professionellen „entjungfern“ zu lassen, einfach nur zu dem Zweck, seine Befangenheit und sein Unbehagen loszuwerden: Wäre er weiter „Jungmann“ geblieben, hätte ihn die pure Scham darüber für die Frauen möglicherweise unattraktiver gemacht, er rechnete damit, einfach dadurch, den Sex endlich „kennenzulernen“, an Sicherheit zu gewinnen, weniger befangen zu werden und ein wenig mehr Selbstbewusstsein, ein wenig weniger Befangenheit auch auf mögliche „Kandidatinnen“ auszustrahlen. Dem Vernehmen nach „ging die Strategie auf“, er lernte wohl innerhalb eines Jahres seine heutige Partnerin kennen (ob der erhoffte „Mechanismus“ wohl eine Rolle spielte, lässt sich natürlich nicht zweifelsfrei feststellen). Dem Vernehmen nach fand er den Sex mit der Prostituierten übrigens nicht berauschend.
Ich war also Anfang 20, noch Jungmann, hielt mir diese Geschichte vor Augen, legte Hemmungen ab und machte mich im Internet auf die Suche. Meine oben geäußerten Bedenken bezüglich der Ausbeutung vieler Prostituierter hatte ich auch „damals“ schon, weswegen ich den Gang ins Bordell „um die Ecke“ nicht in Erwägung zog und hoffte, im Internet eine „echt freiwillige“, eine wirkliche „Hobbyhure“ (ich mag das Wort nicht) zu finden. Am Schluss kristallisierte sich eine Kandidatin heraus, die mich durch einen abwechslungsreichen, wortreichen und -gewandten, viele Bedenken thematisierenden und ausräumenden Auftritt sowie durch entsprechende „Erfahrungsberichte“ von Kunden (die man natürlich auch nicht allzu leicht für bare Münze nehmen sollte) überzeugte. Es war ihr gelungen, in ihrem Internetauftritt einen sehr selbstbewussten und selbstbestimmten Eindruck zu machen. Sie hatte vielerlei Bedingungen und Einschränkungen, zu denen das „Geschäft“ bei ihr ablaufen solle – ich war als potenzieller Freier nicht ausgeschlossen. Solche Angebote waren spärlich und selten: In meiner näheren Umgebung war ich auf keines gestoßen, zu dieser besagten „Kandidatin“ hätte ich um die 200 km fahren müssen.
Was hätte es mich gekostet? 200€ /Stunde. Es hätte mir wehgetan, aber durch einen sehr lohnenden Aushilfsjob war ich zu dieser Zeit zu etwas Geld gekommen und hätte es mir leisten können. Ich besuchte die Webseite immer wieder, freundete mich immer mehr mit dem Gedanken an und bereitete bereits meine Angaben für ihr „Bewerbungs-/Bestellungsformular“ (Wie alt bist du? Welchen Fetisch hast du? Welches Parfum soll ich benutzen? Wie soll ich mich kleiden? Etc.) vor.
Wie endete die Geschichte? Ich lernte meine heutige Partnerin erkennen, womit die ganze Geschichte erledigt war, ich brauchte mir keine Sorgen um meine sexuelle Unerfahrenheit mehr zu machen.
Ob ich tatsächlich 200 oder 400 € (wenn schon, denn schon – 2 Stunden!) ausgegeben hätte? Ich kann es nicht sicher sagen. Was ich mich aber sehr wohl zu sagen traue: Ich wäre ganz bestimmt
nicht zum Vergewaltiger geworden!
H.